Braucht es die Grossen überhaupt?


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/06

     

Die CeBit 2004 ist
auf Schrumpfkurs. Branchenleader wie HP, Canon, Oki und Borland würden heuer auf ihre traditionelle CeBit-Teilnahme
verzichten, hiess es schon letzten November. Insgesamt
sei mit einem Ausstellerschwund im 600er-Bereich zu rechnen.
Kurz vor Messestart dann Entwarnung: Es sind nun höchstens 200 Aussteller weniger, und Brachland aufgrund gecancelter Messeauftritte, kaschiert mit Kunstpflanzen oder Ad-hoc-Ausstellungen schwerer Töffs, wird es kaum geben. Die riesige Lücke, die der nunmehr fehlende HP-Stand hinterlassen hätte, füllt Microsoft problemlos mit einer Consumer-Erlebniswelt, und besonders Asien ist mit über 700 Teilnehmern allein aus Taiwan nach wie vor bestens vertreten. Grund genug für Optimismus beim Präsidenten des deutschen IT-Branchenverbandes Bitkom: «Die dürren Jahre liegen hinter uns!»
Es geht also auch ohne durchgehende Präsenz der Branchenriesen, zumal Grössen wie IBM und SAP nach wie vor erhebliche Standflächen belegen. Man hat ja die Marketing-Parolen von Adaptive Enterprise über Computing on Demand bis zur Hypertotal Mega-Premium Security Architecture schon mehr als genug vernommen. Die Zeit ist genau richtig, sich an der CeBit mal weniger um das sattsam Bekannte und umso mehr um die vielen innovativen Kleinigkeiten zu kümmern, die in Hannover haufenweise zu entdecken sind.
Wenn diese Kolumne erscheint, ist die CeBit in vollem Gange. Ich selbst habe dann den Parcours schon absolviert. Im Moment bereite ich mich gerade vor – hier einige Highlights, die ich mir für den Messebesuch vorgenommen habe:




• KMU, in deutschen Landen «Mittelständische Unternehmen» genannt, werden heftigst umworben – unter anderem in Form des «Forum Mittelstand». Damit wird die CeBit laut einem der Messeleiter zur «grössten kostenlosen Unternehmensberatung» für KMU. Auch manch ein Hersteller, der Kunden mit weniger als ein paar tausend Mitarbeitern früher schnöde die kalte Schulter zeigte, wartet nun mit Spezialangeboten für Kleinfirmen auf. Ein Beispiel ist CA mit «Total Data Protection», einer Kombination von Backuplösung und Virenschutz, die schon ab 856 Euro für zehn Lizenzen zu haben ist.





• Verschiedene Aussteller bieten sprachgesteuerte Lösungen an. Dazu gehört die «sprechende Telefonzentrale» von Clarity, die angeblich den Anrufer versteht und ohne Eingriff durch eine Telefonistin mit dem gewünschten Gesprächspartner verbindet. Noch weiter geht Etex: Der auf Sprachsynthese spezialisierte Entwickler präsentiert die Applikation VoxCommerce, die Kundendaten und Bestellungen per Spracherkennung erfasst und in die dahinterliegenden IT-Systeme weitergibt. Ob all das ein Fort- oder Rückschritt ist, sei dahingestellt.




• Gut vertreten sind auch die verschiedenen Fraunhofer-Gesellschaften, diesmal mit Projekten wie SemanticTalk, einer Software, die «Gespräche mitprotokolliert, Inhalte visualisiert und durch Assoziationen neue Ideen stimuliert». Ich bin gespannt, was damit genau gemeint ist.




• Auch Open Source darf an der weltgrössten IT-Messe nicht fehlen. Projekte wie PHP Groupware und MySQL sind mit eigenen Ständen vertreten; weitere FOSS-Präsenz findet sich an zahlreichen Ständen von Entwicklern und Lösungsanbietern.


Das Fazit: Ein CeBit-Besuch lohnt sich auch 2004 für alle, die mehr als das Gängige sehen wollen, das einem durch kostspielige PR-Kampagnen sowieso schon viel zu nahe gebracht wird.

(ubi)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Vor wem mussten die sieben Geisslein aufpassen?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER