Linux auf dem Weg ins Datencenter
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/14
Linux wird Unix in Kürze als das bevorzugte Betriebssystem in Enterprise-Segmenten wie High-End-Computing, Datenbank-Hosting und auch anderen Mission-Critical-Anwendungen ablösen. Dies behaupten die Marktforscher der Aberdeen Group.
Meldungen der letzten Tage und Wochen - unter anderem im Umfeld der LinuxWorld, die Anfang August in San Francisco stattfand - untermauern die Aussagen der Aberdeen-Analysten.
Linux tummelt sich an allen Fronten und vor allem auch im Enterprise-Umfeld. Einige Beispiele:
BMC Software hat eine neue Version des Deployment Managers angekündigt, der auch auf Linux laufen soll. Zudem soll die Unterstützung für Enteprise-Linux-Software ausgebaut werden.
Computer Associates hat an der CA World 2003 für seinen Fokus auf Open-Source-Technologie geworben, ein Open-Source-Forum gesponsert und seiner Unterstützung zur Entwicklung von Linux-basierenden Cluster-Technologien, Web-Services und Storage-Lösungen Ausdruck verliehen.
IBM wird Linux für Power-PC-Prozessoren verbessern, die in den pSeries- und iSeries-Servern zum Einsatz kommen. Daneben wurde das IBM Linux Solutions Express Center in den USA ins Leben gerufen, in dem sich KMU vom Linux-Einsatz überzeugen lassen sollen. Zusammen mit Suse gelang es Big Blue überdies, das Sicherheitszertifikat Stufe 2 nach den Common Criteria zu ergattern. Dieses Zertifikat ist vor allem wichtig, damit eine Lösung bei Regierungsstellen zum Einsatz kommen kann.
Oracle hat verlauten lassen, dass die komplette eigene Firmen-IT nun auf Linux-basierenden Systemen läuft. Nächsten Monat soll Oracle 10G for Linux für Grid Computing erscheinen. Bereits 700 Kunden betreiben überdies Oracles E-Business-Suite auf Linux.
Sun hat angekündigt, Suses Linux Enterprise Server 8 auf x86-Servern zu vertreiben und Support zu bieten.
Sybase hat in New York ein Linux-Kompetenzzenter eröffnet, wo Linux-Lösungen für Unternehmen zusammen mit Partnern wie HP, Sun oder Red Hat entwickelt werden sollen. Zudem wurden Pläne dargelegt, bis zum nächsten Jahr sämtliche Produkte auf Linux zu portieren.
Ein Riesenthema ist Linux vor allem auch im Bezug auf die sich langsam breit machenden 64-Bit-Systeme von Intel und AMD. So wurde bekannt, dass eine neue Testversion des kommenden Kernel 2.6 Intels 64-Bit-Itanium-Chip nativ unterstützt. 64-Bit-Server mit AMDs Opteron werden derweil an allen Ecken und Enden im Zusammenspiel mit Linux angeboten. Vor allem im Supercomputer-Umfeld findet diese Kombination derzeit regen Anklang. Beispielsweise baut IBM einen Linux-Supercomputer mit über 2600 Opteron-CPUs, während die Los Alamos Laboratories gleich zwei Linux-Opteron-Systeme (eines mit gut 2800 CPUs und eines mit 512 CPUs) geordert haben.
Für Aufsehen - auch jenseits des Atlantik - sorgte derweil eine Studie der deutschen Consulting-Firma Relevantive. Sie besagt, dass Linux auf dem Desktop punkto Benutzerfreundlichkeit nur noch knapp hinter Windows XP liegt. Siemens stellt gar die Prognose, dass Linux bis in 5 Jahren auf 20 Prozent aller Arbeitsplatzrechner installiert sein wird und vor allem bei Firmen mit mehr als 4000 Arbeitsstationen Vorteile mit sich bringt.
SCO verklagt IBM, SCO bedroht Red Hat, Red Hat verklagt SCO, IBM verklagt SCO. Die Schmierekomödie darum, ob in Linux geschützter SCO-Unix-Code Verwendung findet, geht auch nach den Sommerferien weiter. Zwar zeigen sich die Linux-Distributoren wenig beeindruckt von SCOs Copyright-Feldzug - trotz der Tatsache, dass SCO nun Lizenzgebühren für das geistige Eigentum verlangt und offenbar auch schon einen nicht genannten Lizenznehmer gefunden hat. Sollte SCO tatsächlich Anrecht auf solche Gebühren haben - diese Frage ist noch keineswegs geklärt - hätte das in der Theorie zwar fatale Folgen für die Open-Source-Bewegung. In der Praxis kann man aber davon ausgehen, dass die serbelnde Firma im Falle eines positiven Entscheides von Grössen wie IBM mit Schadenersatz abgespeist und ruhiggestellt wird.