Mit dem Pixel 9 näherte sich
Google vergangenes Jahr – zumindest optisch – bereits relativ stark dem aktuellen iPhone-Line-up an und führte ein ähnlich kantiges Design mit hochwertigem Metallrahmen und abgerundete Ecken ein. Mit der Pixel-10-Familie und der Einführung von Pixelsnap geht diese Annäherung nun weiter. Denn Pixelsnap ist im Wesentlichen dasselbe, was Apple Magsafe nennt – ein Magnet auf der Rückseite des Smartphones, um es an kompatiblen Ladestationen zu befestigen oder Accessoires wie ein Wallet an ebendiese Rückseite zu pappen. Wir haben das mit unseren vorhandenen Apple-Accessoires ausprobiert, und diese haften ganz wunderbar auch am Pixel 10 Pro, das wir zum Testen erhalten haben.
Pixelsnap ist denn auch die wesentliche "bauliche" Neuerung des Pixel 10 Pro im Vergleich mit seinem Vorgänger. Legt man das Pixel 9 Pro und das Pixel 10 Pro ansonsten nebeneinander, ist die Verwechslungsgefahr riesig – von vorne, von hinten, von der Seite – man sieht kaum einen Unterschied bis auf den ohnehin schon mächtigen Kamerabalken, der beim Pixel 10 Pro noch ein wenig gewachsen ist – zu, Glück nicht in der Dicke, sondern in der Vertikale, was nicht weiter stört ausser dahingehend, dass Handyhüllen des Pixel 9 nicht mehr wirklich passen.
Man finde den Unterschied (bis auf die Frabe): Das Pixel 9 Pro (links) und das 10 Pro gleichen sich wie ein Ei dem anderen. (Quelle: SITM)
Die weiteren Familienmitglieder
Die Pixel-10-Familie besteht aus dem getesteten Pixel 10 Pro, dem etwas grösseren Pixel 10 Ultra und dem Pixel 10, das im Vergleich zum Vorgänger am meisten Verbesserungen erfahren hat und ab 799 Franken verkauft wird. Ebenfalls zur Familie gehört das Klapphandy Pixel 10 Pro Fold, das allerdings erst im Oktober in den Verkauf kommt.
100-fach Zoom und Camera Coach
Der zusätzliche Platz im Kamerabalken wird wohl für das verbesserte Triple-Kamera-Setup benötigt, das
Google im Pixel 10 Pro verbaut. Dieses Setup besteht aus einer 50-MP-Hauptkamera, bei der die Stabilisierung verbessert wurde, einer 48-MP-Ultrawide-Linse mit Makrofokus sowie einer 48-MP-Telekamera mit 5-fach optischem Zoom. Hier verspricht Google eine weitere, spannende Neuheit: Pro Res Zoom. Pro Res Zoom ist eine Kombination aus der verbauten Hardware mit Software und KI, mit der man Objekte 100-fach heranholen kann. Dazu muss man zuerst einmal ein gutes GB KI-Daten herunterladen. Dafür funktioniert der Mega-Zoom auch offline. In der Praxis zeigt sich, dass das Fixieren eines Objekts bei 100-fachem Zoom zur ziemlichen Herausforderung wird – vor allem, wenn es sich bewegt. Schafft man es, das Foto zu schiessen, rechnet die KI es scharf, wobei das Ergebnis stark davon abhängig ist, was man abzulichten versucht. Sind die Konturen klar, dann muss die KI weniger dazu interpretieren und das Resultat wird recht gut. Im Gegenzug kann es bei gewissen Motiven auch zu merkwürdigen KI-Halluzinationen kommen – und oft sieht das 100-fach herangezoomt Bild ohnehin recht stark nach KI aus.
Eine weitere Neuheit im Zusammenhang mit Fotografie ist der Camera Coach – quasi ein eingebauter Fotografie-Lehrer. Camera Coach funktioniert so, dass man die Kamera auf ein Objekt hält, und die KI (nur wenn das Smartphone online ist) dann eine Vermutung anstellt, was man fotografieren wollte. Bestätigt man diese Vermutung, gibt die KI Tipps, wie man das Objekt am besten ins Bild setzt. Das kann ohne Zweifel hilfreich sein, wie oft man den Prozess im Alltag aber effektiv durchspielen wird, scheint fraglich.
Daneben finden sich zahlreiche weitere Fotografie-Funktionen in Kombination mit KI, die Google zum Teil bereits zusammen mit der Pixel-9-Familie eingeführt hat, beispielsweise Add-me, um sich nachträglich einer Gruppen-Selfie hinzuzufügen, oder Auto Best Take, um aus einer Reihe von Aufnahmen das beste Bild auszuwählen. Vereinfacht werden die Möglichkeiten in der Bildbearbeitung, wo man zum Beispiel einen Teil eines Bildes einfach einkreisen kann, und das Smartphone dann automatisch Vorschläge zur Verbesserung macht. Alternativ kann man auch Teile des Bildes mittels Prompteingabe verändern, etwa eine Hecke zu einer Mauer umgestalten.
Der 100-fach-Zoom im Einsatz: Rechts das aufgenommene und links das KI-optimierte Bild. (Quelle: SITM)
Der 100-fach-Zoom im Einsatz: Rechts das aufgenommene und links das KI-optimierte Bild. (Quelle: SITM)
Die Funktion Camera Coach gibt Tipps zur Bildkomposition. (Quelle: SITM)
Bessere Speaker, helleres Display
Ansonsten verspricht
Google für das Pixel 10 Pro Hardware-seitig bessere Speaker im Vergleich zum Vorgänger, was wir deutlich hörbar bestätigen können. Was an Tönen aus dem Pixel 10 Pro dringt, ist weit ausgeglichener und hat mehr Volumen und Tiefen als noch beim Pixel 9 Pro. Das Display leuchtet nun mit bis zu 3300 Nits Helligkeit (Vorgänger 3000 Nits), einen Unterschied sieht man aber von blossem Auge kaum. Neu bezüglich Display ist, dass man im Stand-by-Modus auch das Wallpaper auf dem Always-on-Display anzeigen kann – etwas, das man auf dem iPhone schon länger kennt.
In der Pixel-10-Familie kommt ausserdem der neue Tensor G5 Chip zum Einsatz, der schneller und energieeffizienter ist. Zusammen mit dem grösseren Akku sollen so Laufzeiten von bis zu 30 Stunden drin liegen. Das Plus an Performance werden bei der herkömmlichen Verwendung wohl die wenigsten bemerken, dafür wird das Gerät – bereits schon beim Fotografieren und dabei wohl aufgrund all der KI-Aufgaben – wie schon der Vorgänger recht rasch recht warm.
KI im Überfluss
Ansonsten spielen sich die Neuerungen rund um die Pixel-10-Familie vor allem in der Software ab und drehen sich um KI. Sie sind dadurch, dass die ganze Gerätefamilie den neuen Tensor G5 erhalten hat, auch nicht spezifisch den Pro-Modellen vorbehalten. Unter dem Namen Magic Cue liefern die Smartphones beispielsweise zahlreiche kontextabhängige Helferchen, wobei die dazu notwendigen Informationen aus den diversen Google-Anwendungen wie Gmail, dem Kalender oder Textnachrichten gezogen werden. Ein Beispiel ist etwa der Anruf bei einem Kundendienst, wobei Magic Cue automatisch alle relevanten Informationen zum Fall – gezogen etwa von Gmail – anzeigt. Magic Cue kann aber auch wetterabhängig Vorschläge für Aktivitäten machen oder bei der Suche unterstützen. Wie oft und/oder gerne man die Funktion im täglichen Umgang mit dem Smartphone dann verwendet oder verwenden möchte, dürfte erst ein Langzeittest zeigen und nicht zuletzt von den persönlichen Präferenzen abhängen.
Neu sind auch zahlreiche Übersetzungsfunktionen. Voice Translate etwa ist in der Lage, bei einem Telefongespräch als Quasi-Echtzeitübersetzer zu wirken, wobei die ganze Übersetzung aus Gründen des Datenschutzes direkt auf dem Gerät passiert. An Sprachen werden aktuell nebst Deutsch auch Englisch, Spanisch, Italienisch, Französisch, Portugiesisch, Schwedisch, Japanisch, Russisch, Indonesisch oder Indisch unterstützt – und sowohl Sprache wie auch Stimmung der am Gespräch Beteiligten werden simuliert, was schon ziemlich beeindruckend ist. Eine weitere Funktion im Zusammenhang mit Sprache ist zudem die Möglichkeit, sich ein Transkript von Voice Mails anfertigen zu lassen.
Daneben gibt es unzählige weitere KI-Funktionen, etwa um Ideen festzuhalten, Bilder via der App Pixel Studio zu erstellen oder abzuändern, Screenshots zu organisieren oder Kurzvideos zu basteln, indem man entweder ein Bild in ein Video umwandelt oder mittels Prompt eines erstellt. Gewisse Funktionen – etwa die Videoerstellung – setzen allerdings
Google AI Pro voraus, wobei ein 12-Monats-Abo im Kauf des Geräts enthalten ist.
Gartengestaltung à la Pixel 10 Pro: Teile von Bildern können ganz einfach mittels Prompt verändert werden. (Quelle: SITM)
Quicktest: Google Pixel 10 Pro
Während die Pixel-9-Familie im letzten Jahr ein ziemlicher Quantensprung war, hat Google seine Smartphones in den letzten 12 Monaten nur dezent weiterentwickelt. Das zeigt sich im Falle des Google Pixel 10 Pro allein schon äusserlich – das Gerät ist von seinem Vorgänger optisch kaum zu unterscheiden. Auch funktional wird ein Besitzer des Pixel 9 Pro kaum Gründe finden, zu wechseln – ausser er hat auf eine der neuen Funktionen wie die Echtzeitübersetzung von Telefongesprächen gewartet. Aber: Wie bereits das Vorgängermodell ist das Google Pixel 10 Pro ein ganz hervorragendes Premium-Smartphone zum fairen Preis (ab 949 Franken), an dem man dank garantierten sieben Jahren Softwareupdates lange Freude haben wird. Für unseren Geschmack etwas zu omnipräsent ist die KI, die sich wirklich an allen Ecken und Enden und manchmal etwas gar aufdringlich zeigt.
Wertung: 5,5 von 6 möglichen Sternen
Info:
Google,
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