Nach vier Jahren hat ein Business-PC ausgedient

Ein Business-Rechner hat nach vier Jahren seine Pflicht getan und wird ersetzt. Aufrüsten kommt nur für Einzelkomponenten in Frage.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/11

     

Werden heute für den Unternehmenseinsatz Client-Rechner gekauft, werden dafür je nach Budget zwischen 2000 und 4000 Franken ausgelegt. Im kurzlebigen IT-Zeitalter sind derartige Investitionen aber nur für einen äusserst begrenzten Zeitraum gedacht; in der Regel wird buchhaltungstechnisch so verfahren, dass die Maschinen innert drei Jahren abgeschrieben werden. In der Praxis müssen die PCs aber meist bis zu vier, gelegentlich auch bis zu fünf Jahren ihre Dienste verrichten.




Es versteht sich, dass die Rechner nach Ablauf dieser Frist aus technologischer Sicht hoffnungslos veraltet sind und gerade im KMU-Umfeld steht man dann vor der Entscheidung, ob eine Neuanschaffung angebracht wäre oder ob man von der Möglichkeit Gebrauch machen sollte, selbst Hand anzulegen, um die PCs durch Aufrüsten wieder auf Vordermann zu bringen.


Ab zum alten Eisen

In Grossbetrieben hingegen, laufen die Innovationszyklen deutlich schneller ab. Auf Anfrage wird uns etwa bei IBM Schweiz erklärt, jeder Mitarbeiter erhalte "grundsätzlich alle drei Jahre" einen neuen Rechner. Sobald rund 100 bis 200 Maschinen einer neuen Generation eingetroffen sind, wird die jeweils "schwächste Systemfamilie ausgetauscht". Anders als bei vielen weiteren Firmen ist bei Big Blue der Launch einer neuen Betriebssystemversion kein Grund, vom aufgezeigten Rhythmus abzuweichen, zumal die neu gelieferten Systeme ohnehin mit der jeweils neuesten Systemsoftware bestückt sind.



Anders verhält es sich beim Grossverteiler Migros, bzw. bei deren Verwaltungsorganisation MBG: Hier ist der Austausch veralteter Rechner eng mit dem Release eines neuen Betriebssystems verknüpft. Auch hier wird aber auf ein Upgrade von alten Rechnern verzichtet. Die ausgemusterten PCs werden den Mitarbeitern zu "Entsorgungspreisen" überlassen. Zur Zeit werden etwa 200-MHz-Pentium-Rechner, die mit 64 MB RAM und einer 2-GB-Harddisk bestückt sind, aus dem Verkehr genommen. Dasselbe passiert mit dem Bildschirm.





Finanzielle Überlegungen

Dass die grösseren Unternehmen auf Neuware setzen, statt bestehendes Equipment auf einen neueren Stand zu bringen, hat seinen guten Grund primär in finanziellen Überlegungen. Zwar lassen sich einzelne Komponenten durch leistungsfähigere ersetzen oder erweitern. Die Leistung des Gesamtsystems kann aber dennoch nicht einmal ansatzweise mit einer neuen State-of-the-Art-Maschine mithalten. Die kontinuierlichen Änderungen in der Architektur verunmöglichen dies in quasi allen Bereichen.



Dazu kommt ein weiterer Faktor: Wird ein betagter PC mit neuen Komponenten auf Vordermann gebracht, besteht keine umfassende Garantieleistung für das komplette System. Lediglich die frisch integrierten Bestandteile können dann im Fehlerfall ausgetauscht werden.




Gerade im Unternehmensumfeld ist die von den meisten PC-Herstellern gewährleistete Dreijahresgarantie mit praktischem Vor-Ort-Service aber wesentlicher Bestandteil der Firmenstrategie, um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten.




Komponenten im Detail

Wie bereits erwähnt, kann es sich aber dennoch lohnen, ein System mit einzelnen Komponenten aufzufrischen. Allerdings gilt hier die Regel, dass sich der Aufrüstungsprozess auf einzelne Systembestandteile beschränken muss.




Prozessor: Bei der CPU handelt es sich um jene Komponente, die primär für die Leistungsfähigkeit eines PC verantwortlich zeichnet. Leider änderten die Hersteller im Verlauf der Jahre aber mehrmals den Sockel, über den die CPU auf dem Motherboard verankert ist. Das Aufrüsten von Pentium-Rechnern bis 200 MHz wird damit hinfällig, da diese Rechner noch mit Sockel 5 oder 7 ausgestattet sind, für die zur Zeit kein Upgrade-Pfad mehr besteht. Die Slot-1-Verankerungen der Pentium-II-Maschinen ermöglichen zwar grundsätzlich einen Austausch der CPU, doch macht auch hier die Rechnung unter dem Strich kaum Sinn. Vom Hersteller Evergreen werden für diese Systeme zwar Upgrade-Chips angeboten, wirft man aber einen Blick auf die Preise, wird offensichtlich, dass sich der Schritt im Vergleich zum Neukauf kaum lohnt: Um einem 233er Pentium die Leistungskraft eines 700er PII zu verpassen, müssen 365 Franken ausgelegt werden. Will man gleich auf einen Pentium III mit 700 MHz aufrüsten, sind über 600 Franken fällig. Über einen Frontside-Bus, der heute mit 133 MHz arbeitet, verfügt man dann allerdings noch nicht, und die eigentliche Leistung des Upgrade-Prozessors bleibt auf der Strecke.
Dazu muss ein weiterer Faktor in die Kalkulation mit einbezogen werden: Mit einer höher getakteten CPU allein ist es noch nicht getan: Wer mit Windows 2000 arbeiten will, muss auch beim Arbeitsspeicher noch aufstocken, was weitere Kosten verursacht.





RAM: Um einen Rechner mit Windows 2000 zu betreiben, sind mindestens 64 MB RAM vonnöten. In der Praxis empfiehlt sich allerdings eine Speicherbestückung von 128 MB. Da RAM-Riegel derzeit recht günstig zu haben sind, ist das RAM-Upgrade die sinnvollste Erweiterung. Der Leistungszuwachs ist beträchtlich und die zu veranschlagenden Kosten halten sich im Rahmen: Für die alten 72-Pin-Speicherriegel müssen in der 32-MB-Ausführung zwischen 150 und 200 Franken hingeblättert werden. Deutlich günstiger sind die aktuellen SDRAM-Bausteine erhältlich: 128 MB Arbeitsspeicher kosten hier gerade einmal knapp 120 Franken. Das Aufrüsten des Arbeitsspeichers gilt als die sinnvollste Upgrade-Möglichkeit und macht insbesondere dann Sinn, wenn auf eine speicherhungrige Systemsoftware wie Windows 2000 umgestellt wird.




Harddisk: Neben der Systemleistung wird die stets zu kleine Festplatte bei älteren Rechnern meist am schnellsten zum Ärgernis. Vor rund vier Jahren begnügten sich die PC-Hersteller mit der Implementierung von Harddisks mit 2 bis 4 GB Kapazität, was für heutige Verhältnisse kaum mehr ausreichend ist. Da Festplattenspeicher noch nie so günstig war wie heute - eine IDE-Harddisk mit 20 bis 30 GB gibt's für rund 250 Franken -, ist der Ersatz der alten Platte stets eine valable Option. Anders als beim Arbeitsspeicher lässt sich beim Ersatz einer Festplatte die Leistungsfähigkeit eines neuen Modells allerdings kaum ausreizen, da in älteren Rechnern die aktuelleren IDE-Schnittstellen-Spezifikationen im Normalfall nicht unterstützt werden. Zwar lässt sich auch eine Ultra-ATA-66er oder 100er Platte an einem uralten IDE-Interface betreiben, doch bleibt der mögliche Datendurchsatz massiv hinter den theoretisch erreichbaren Werten zurück. Anders als bei CPU und RAM besteht beim Festplattenwechsel immerhin die Möglichkeit, die Harddisk zu einem späteren Zeitpunkt in einem neuen Gerät weiter zu verwenden, womit die Leistung dann auch ausgeschöpft werden kann.




CD/DVD-ROM: Hier lohnt es sich eigentlich nur dann, auf ein schnelleres Laufwerk umzurüsten, wenn wirklich oft Daten von einer CD gelesen werden. Wer nur ab und zu eine Software installiert oder auf eine Telefonbuch-CD zugreift, ist auch mit dem betagten 8x- oder 10x-Laufwerk gut bedient. Der Umstieg auf die DVD-Technologie hingegen bringt die Welt der digitalen Filme auf den PC. Allerdings muss hier eingeräumt werden, dass DVD-Videos ohne den Einsatz einer Decoder-Karte erst ab einem 400-MHz-Pentium-II flüssig abgespielt werden. Muss ein betagter Rechner aber noch mit einer entsprechenden Karte ausgestattet werden, geht die Aufrüsterei zu sehr ins Geld und der Rechner-Neukauf ist meist die bessere Alternative.




Grafikkarte: Was den Grafikadapter betrifft, so gilt eigentlich dasselbe wie für den Prozessor: Die jüngsten Display-Adapter sind für 4xAGP oder zumindest den älteren AGP-Port ausgelegt und hiermit kann eine alte Maschine schlicht und einfach nicht aufwarten. Für den Office-Einsatz genügen die mit 2 MB Videomemory bestückten Karten alter Geräte meist ohnehin, und für den Spiele-Einsatz wäre dann auch eine schnellere Festplatte wie eine höhere Prozessorleistung vonnöten.




Monitor: Jeder Bildschirm gibt im Verlauf der Jahre massiv an Helligkeit ab, wobei die Ergonomie flöten geht und einer Ermüdung der Augen Vorschub geleistet wird. Kann man es sich leisten, empfiehlt sich das Auswechseln des Bildschirms nach spätestens 5 bis 6 Jahren. Dies gilt erst recht, wenn täglich sechs oder mehr Stunden an einem Rechner gearbeitet wird.


Die Arbeit nicht vergessen

Steht man vor der Frage, ob man sich für eine Neuanschaffung oder das Aufrüsten eines PC entscheiden soll, wird bei der Kalkulation gerade in Kleinstbetrieben die Arbeit oft ausser Acht gelassen. Zwar lässt sich eine CD-Drive- oder eine Harddisk im Normalfall doch recht schnell austauschen, doch steht man in der Praxis oft vor Problemen, mit denen man zuvor nicht gerechnet hat. Angefangen von zu kurzen Kabeln über Rechner-Designs, die den Einbau neuer Komponenten erschweren bis hin zu Treiber- und ähnlichen Problemen.



Eine Stunde oder mehr ist damit schnell einmal verbraten. Will man die Komponente später für den Einsatz in einem Neurechner wieder nutzen, sind zudem weitere Eingriffe nötig.




Gerade im Unternehmenseinsatz kommt ein zusätzlicher Punkt hinzu: Ein alter Rechner lässt sich nicht einfach vom Netz nehmen und durch den Nachfolger ersetzten. Bevor man einen betagten Rechner weitergibt, müssen alle Unternehmensdaten von der Festplatte getilgt werden, immerhin gilt es zu vermeiden, dass diese in fremde Hände gelangen.



Wer glaubt, mit Festplatten-Utilities lediglich eine Partition auf Null setzen zu können, liegt hier aber falsch. Mit einschlägigen Hilfsmitteln lassen sich derart "gelöschte" Daten von einem versierten User problemlos wieder restaurieren. Das komplette Neuformatieren der Harddisk führt hier eher zum Ziel, kann aber je nach Plattengrösse auch gehörig Zeit in Anspruch nehmen.




Software-Updates zwingen zum Umstieg

Tatsache ist: Zumindest theoretisch könnte auch ein vier Jahre alter Rechner seine Dienste im Business-Einsatz noch verrichten. Wer aber regelmässig auch die Software auf dem neuesten Stand hält, wird bei dieser Vorgehensweise bald einmal an die Grenzen stossen. Ein schönes Beispiel ist in dieser Beziehung Microsofts Internet Explorer: Mit der Version 4.0 lässt sich auch auf einem Pentium 90 noch einigermassen flüssig arbeiten. Wird auf einem solchen Oldie aber auf die aktuelle 5.5er Variante gewechselt, nimmt allein das Aufstarten kein Ende. Ähnliches gilt auch für Microsofts Office-Produkte.



Den Umkehrschluss zu ziehen und auf ein Software-Update zu verzichten, allein, weil man die älteren PCs noch weiter nutzen will, wäre aber die falsche Entscheidung. Gerade im Business-Umfeld ist eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit oftmals gerade davon abhängig, dass mit neuesten Applikationen gearbeitet wird.




In der Tat ist dieser Umstand für die Anwenderschaft eine ärgerliche Sache: Intel und AMD sorgen dafür, dass die Rechner immer leistungsfähiger werden und Microsoft, Adobe, Oracle und Konsorten nutzen dies, um ihrerseits Software auf den Markt zu werfen, die gerade auf diese Rechen-Power angewiesen ist. Sich diesem Teufelskreis zu entziehen ist in absehbarer Zeit nicht möglich, zumindest nicht auf der Windows-Plattform.



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