Das Netbook als Ersatz fürs Notebook


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/20

     

Netbooks, auch Mini-Notebooks genannt, grassieren wie die Pilze im regennassen Sommerwald: Praktisch alle bekannten Notebook-Hersteller haben mittlerweile mindestens ein Modell im Programm. Eigentlich als Surfmaschine für den mobilen Studierenden konzipiert, ähneln die Geräte deutlich eher einem herkömmlichen Notebook als die schon länger bekannten Ultramobile PCs (UMPC), die sich von Anfang an nur harzig verkauft haben – was vor allem am Preis liegen dürfte: Während ein UMPC meist über 2000 Franken kostet, sind Netbooks für einige hundert Franken erhältlich, was schon fast zum Spontankauf einlädt.


In unserem Vergleichstest stellt die InfoWeek-Redaktion fünf aktuelle Mini-Notebooks unter Windows XP mit Harddisk, grossem Bildschirm und mehr oder weniger vollwertiger Tastatur einander gegenüber. Die fünf Tester haben vor allem auf die Nutzung als Notebook-Ersatz geachtet: Wie macht sich die Tastatur beim Schreiben längerer Texte, reicht die Leistung für Office-Anwendungen, bietet der Bildschirm genügend Platz für gängige Dokumente?
Das Fazit vorweg: Netbook ist nicht gleich Netbook, und das ideale Gerät, das in sämtlichen Aspekten überzeugt, gibt es nicht. Der HP 2133 hat die beste Tastatur, der Eee PC den grössten Bildschirm mit der leserlichsten Darstellung, der Axxiv ist am kompaktesten und der Acer am schnellsten.



Zum Surfen und Mailen eignen sich alle Modelle bestens, und Office-Dokumente lassen sich zumindest mit hinreichendem Komfort lesen und bearbeiten. Für die Verbindung mit der Aussenwelt bieten alle getesteten Modelle einen integrierten WLAN-Adapter, der mindestens die Standards 802.11 b und g beherrscht. Die Grafikleistung ist dagegen vor allem bei den VIA-basierten Modellen eher dürftig. Es sollte eigentlich nicht verwundern: Als Workstation fürs 3D-Modeling oder als Unterhaltungszentrum für Hardcore-Gamer kommen die Mini-Notebooks definitiv nicht in Frage.


Acer Aspire One

Das Acer-Netbook Aspire One erinnert von Grösse und Aufmachung her an den Ur-EeePC von Asus. In dem kleinen dunkelblauen Gerät steckt ein Atom-Prozessor mit einer Taktfrequenz von 1,6 GHz und 1 GB RAM. Als Massenspeicher dient eine 120-GB-Harddisk, wobei auch Varianten mit SSD erhältlich sind. Anschlüsse sind reichlich vorhanden: 3 x USB,
2 Einschübe für Speicherkarten, wobei der eine nur mit SD-Karten und der andere gleich mit einer ganzen Reihe von Formaten umgehen kann. Dazu kommen noch ein Ethernet- und VGA-Port sowie Buchsen für Mikrophon und Kopfhörer. Parallel ist auch ein WLAN-Baustein vorhanden, der aber nur 802.11b/g unterstützt.

Für einen Draft-N-Chip hat es bedauerlicherweise nicht gereicht, ebenso wenig für Bluetooth. Der Bildschirm, an dessen oberem Rand eine passable Webcam angebracht ist, bietet eine Diagonale von 8,9 Zoll und eine Auflösung von 1024 x 600 Pixeln, was zum Editieren von Dokumenten und Surfen gerade so reicht. Die LED-Hintergrundbeleuchtung ist kräftig und würde auch für die Arbeit im Freien reichen, wenn Acer nicht ein Hochglanzdisplay verbaut hätte. Ein weiterer Schwachpunkt ist das Trackpad. Es wirkt wenig präzise, ebenso die an den Seiten angebrachten Tasten, die zu allem Übel schwer vom Gehäuse zu unterscheiden sind. Die Tastatur ist dafür ganz angenehm und reicht nach einer Gewöhnungszeit auch für das 10-Finger-System. Eher schwachbrüstig sind die Lautsprecher an der Unterseite des Geräts – der Klang wird ausserdem durch das stetige Surren eines nervigen Lüfters beeinträchtigt.


Als Betriebssystem brachte unser Testmodell Windows XP in der Home Edition mit, es gibt aber auch Modelle mit Linux. Die Software-Ausstattung wirkt lieblos: Neben den Windows-Standard-Programmen findet sich nur ein Anti-Virus von McAfee, eine Testversion von Office 2007 und eine Ausgabe von WinDVD auf der Platte. Wozu letzteres ohne DVD-Laufwerk gut sein soll, ist uns nicht ganz klar.



An der Leistung gibt es dafür wenig zu mäkeln. Die Arbeit geht mit dem kleinen Acer ganz flott von der Hand. Der Akku hält bei Textverarbeitung und Surfen immerhin rund 2,5 Stunden durch. (ah)


Asus Eee PC 1000H

Beim ersten Eee PC überzeugten eigentlich nur die Grundidee und der Preis. Der kleine Bildschirm und die magere Solid State Disk dagegen enttäuschten vor allem den Geschäftsanwender, der sein Netbook nicht bloss für die gelegentliche Surftour am Hotspot einsetzt. Mit dem jetzt getesteten Eee PC 1000H, einem der neusten Modelle seiner schon fast unübersichtlich umfangreichen Billiglinie, hat Hersteller Asus diese und andere Mängel behoben. Ein Atom-Prozessor bietet zusammen mit einem Gigabyte RAM genügend Leistung für alle gängigen Produktivitätsanwendungen unter Windows XP – Office läuft flott, Powerpoint-Präsentationen lassen sich auch mit Übergangs- und Animationseffekten einwandfrei abspielen. Und als Massenspeicher dient eine Harddisk mit mindestens 80 GB Kapazität – genug Platz nicht bloss für Geschäftsdokumente, sondern auch für all die Fotos, Videos und Musikdateien, die sich auch beim Business-Anwender gerne auf der Festplatte ansammeln.



Mit einer Diagonale von 10 Zoll übertrifft der Bildschirm des 1000H die Displays der anderen Testkandidaten, die allesamt nur 9 Zoll bieten. Dennoch hat auf dem Eee-Screen nicht mehr Nutzinhalt Platz: Die Auflösung entspricht mit 1024 x 600 Pixeln dem gängigen Netbook-Durchschnitt. Das ist schade. Auf 10 Zoll hätte man gut und gerne die 1280 x 700 Pixel unterbringen können, die beim 9-Zoll-Bildschirm des HP-Modells Schriften und Icons etwas gar klein aussehen lassen.
Dank des grösseren Bildschirms hat im 1000H auch eine fast normalgrosse Tastatur Platz – wie beim HP 2133 beträgt die Breite 92 Prozent einer üblichen Notebook-Tastatur. Dennoch macht das Tippen nicht wirklich Spass, denn die Konstruktion ist derart schwach, dass praktisch bei jedem Tastendruck das gesamte Keyboard etwas nachgibt. Ansonsten wirkt das Plastikgehäuse einigermassen stabil und gut verarbeitet. Erfreulich: Der Eee PC generiert auch im Dauerbetrieb nicht annähernd so viel Abwärme wie zum Beispiel das VIA-basierte Modell von HP. Die energieeffi­ziente CPU macht sich auch in der langen Batterielaufzeit von rund viereinhalb Stunden im stromsparenden Betriebsmodus. (ubi)


Fujitsu Siemens Amilo Mini

Aus dem Hause Fujitsu Siemens Computers kommt ein weiteres Mini-Notebook, das Amilo Mini UI 3520. Schon bevor man es öffnet, fällt einem sofort das von den «grossen Brüdern» her bekannte Design auf, das auch im Innern fortgesetzt wird und zu überzeugen weiss. Das Gerät kann zudem mit Wechselcovers personalisiert werden. Alles wirkt stabil und gut verarbeitet, nur die Tastatur kommt leider ziemlich klapprig daher und ist dadurch relativ laut.

Ausserdem ist sie im Vergleich zu beispielsweise dem Mini-Notebook von HP sehr klein. Linke und rechte Maustaste liegen seitlich neben dem Touchpad, lassen sich aber sehr gut bedienen. Nach ein bisschen Übung geht das Tippen und Navigieren recht schnell von der Hand. A propos schnell: Im Test haben wir selten Performance-Probleme festgestellt. Der Speed des Amilo Mini war zum Surfen, Schreiben und beim Betrachten von Präsentationen und kleinformatigen Videos stets ausreichend, Ruckler gab es keine.


Allerdings wird das Gerät auch unter Normalgebrauch ziemlich heiss, und zwar nicht nur unten beim Akku, sondern auch oben, wo man seine Hände zum Tippen ablegt. Da nützt auch der Lüfter nicht viel, der zwar relativ leise ist, aber ständig auf Hochtouren läuft. Weniger warm und noch leiser läuft der Amilo Mini im Silent-Mode. Dieser drosselt die Prozessorgeschwindigkeit und die Leistung der Grafikkarte und reduziert so die Lüftergeräusche auf ein Minimum. Allerdings ist das Mini-Notebook in diesem Modus nur noch zur Textverarbeitung nützlich: Die Leistung wird sehr stark reduziert und verliert im Performance-Test deutlich an Wert (179,3 zu 73,7 im Silent-Mode).



Das Display überzeugt: Der entspiegelte,
8,9 Zoll grosse WSVGA-Bildschirm ist selbst von der Seite sehr gut lesbar, auch bei Dunkelheit oder Sonnenschein. Die Betriebsdauer, die mit bis zu vier Stunden pro Akkuladung angegeben wird, ist ebenfalls ansehnlich. Im Test erreichten wir im Normalgebrauch bei aktiviertem WLAN immerhin fast drei Stunden. (mv)


HP 2133 Mini-Note

Der HP 2133 Mini-Note PC ist anders als seine Netbook-Mitkonkurrenten. Am augenscheinlichsten wird dies bereits nach dem Aufklappen des Mini-Rechners. Im Gegensatz zu den verkümmerten Keyboards der meisten anderen Netbooks verfügt der 2133 über eine beinahe normalgrosse Tastatur, die zudem durch ein ausgezeichnetes Tippgefühl überzeugt.


Das zweite markante Merkmal des HP-Modells ist das Display, das auf eine Auflösung von 1280 x 768 Pixel ausgelegt ist. Dies bringt den Vorteil, dass Dokumente und Websites genauso komplett angezeigt werden wie auf einem ausgewachsenen Notebook. Gewisse Schriften, Texte und Symbole werden auf dem 8,9-Zoll-Display jedoch extrem klein dargestellt, so dass man oft mit leicht zusammengekniffenen Augen vor dem Gerät sitzt.



Der grosse Schwachpunkt des 2133 ist die Performance im Multimedia-Bereich. Während Applikationen wie Word oder Powerpoint noch angenehm schnell aufstarten und auch bei der Arbeit den Ansprüchen genügen, ist spätestens beim Abspielen von Videos Schluss mit lustig. QuickTime-Filme ruckeln so stark, dass sie nicht mehr geniessbar sind, und auch bei Flash-Animationen und YouTube-Videos machen sich auf dem getesteten Modell mit 1,2-GHz-Prozessor Aussetzer bemerkbar. Hier wird die mässige Performance der integrierten VIA-Plattform spürbar. Allerdings: HP bietet auch eine Variante mit 1,6-GHz-CPU an.


Ausserdem wird der Rechner bei der Arbeit unangenehm warm. Wünschenswert wäre zudem ein transflektives Display, das Spieglungen unterdrückt – beim 2133 sieht man während der Arbeit ständig sein Konterfei im Monitor. Auch der begrenzte Aufklappwinkel des Displays ist zu bemängeln: Man kann den Screen um zirka 120 Grad nach hinten klappen, dann aber steht er am Akku an. Wer etwas grösser ist, würde den Monitor aber gerne etwas weiter abwinkeln. Immerhin bringt der Akku den Rechner in eine angenehme, ergonomische Position zum Tippen. Auch das Trackpad ist angenehm gross, gut zu bedienen und mittels Knopfdruck sogar deaktivierbar. Lobenswert sind die eingebauten Lautsprecher, die externe Speaker gänzlich überflüssig machen, sowie die grundsätzlich solide Verarbeitung des Rechners. Dafür ist er mit gut 1,4 Kilo auch nicht der leichteste im Testfeld.


Fazit: Mit Hewlett Packards 2133 lässt sich arbeiten wie mit einem ausgewachsenen Notebook. Sobald die Anforderungen aber etwas multimedialer sind als das Erstellen eines Excel-Files, drückt die schwache Performance auf die Stimmung. (mw)


Littlebit Axxiv NX 20

Beim Axxiv NX20 vom Schweizer Hersteller Littlebit Technology mit Sitz in Hünenberg fällt als Erstes die kleine Tastatur auf. Die Tasten sind mit 1,2 x 1,5 Zentimeter winzig und deshalb auch wenig praktisch. Das Netbook ist somit nicht geeignet, um lange Texte zu verfassen. Wären die Tasten zudem weniger abgeschrägt, stünde mehr Tippfläche zur Verfügung. Auch das Trackpad ist mit 3,4 x 2 Zentimeter sehr klein geraten, was bei der Bedienung extremes Fingerspitzengefühl verlangt.


Schon eher überzeugt die Qualität des Bildschirms. Die meisten Webseiten können in der Horizontale vollständig angezeigt werden; auf Grund der geringen vertikalen Auflösung muss man aber häufig nach unten scrollen oder blättern. Obwohl der NX20 im Gegensatz zu einigen Konkurrenten mit einem matten Display ausgestattet ist, wird das Arbeiten mit Sonnen- oder Lichteinstrahlung ziemlich mühsam. Ein Vorteil des NX 20 ist der maximale Aufklappwinkel von fast 180 Grad.



Texte sind gut lesbar und auch die Darstellung der Bilder lässt nichts zu wünschen übrig. Wer allerdings gerne Film-Trailer anschaut, sollte auf dieses Notebook verzichten. Der verbaute VIA-Prozessor ist zu schwach für eine ruckelfreie Wiedergabe von Fullscreen-Filmen. Youtube-Videos bereiten hingegen keine Probleme.


Der Akku hält bei normalem Arbeiten mit knapp 2,5 Stunden durch, danach geht ihm der Saft aus. Wer also länger unterwegs ist, ist auf einen Netzanschluss oder einen Zweitakku angewiesen. Mit einem Gewicht von nur wenig mehr als einem Kilo gehört das NX 20 zu den Leichtgewichten unter den Netbooks. Betrachtet man das äussere Erscheinungsbild, fällt der Axxiv NX20 im Vergleich zur Konkurrenz eher ab. Das Netbook ist einfach verarbeitet und wirkt nicht sehr robust. Auch fällt auf, dass der Lieferumfang lediglich das Netbook und ein Netzteil beinhaltet – eine Schutzhülle fehlt zum Beispiel. (ahu)


Testsieger: HP 2133

Das erste Mini-Notebook von HP schlägt in unserem Vergleichstest die meisten Mitbewerber deutlich. Im Vergleich zum zweitplatzierten Asus Eee PC 1000H, der nur wenig abfällt, punktet das HP-Modell vor allem beim Keyboard: Kein anderes Gerät bietet den Komfort einer fast normalbreiten Tastatur mit grossflächigen Tasten bei gleichzeitig klar definiertem Druckpunkt und angenehmem Tippgefühl. Auf diesem Mini-Notebook schreibt man auch längere Texte ohne Krampf und ständige Tippfehler.


Auch punkto Verarbeitung bildet der HP 2133 eine Klasse für sich: Er ist aufgrund des Gehäuses aus gebürstetem Aluminium zwar etwas schwerer als manche Konkurrenten, wirkt aber auch viel edler und stabiler. Die übrigen Testkandidaten kommen im Plastikgehäuse daher, das bei einzelnen Modellen nur als klapprig bezeichnet werden kann.
Bei der Leistung hinkt das HP-Modell wegen der eher schwachen VIA-Systemplattform den Atom-basierten Modellen etwas hintennach. Für Business-Anwendungen wie Office genügt die Performance aber allemal.





Mini-Notebooks

(ubi)


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