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Fortschritte in der Anwendung von Six Sigma in der Software-Entwicklung

Qualitativ und quantitativ besseres Angebot bei kleineren Kosten. Wünschenswert, aber unmöglich? Die korrekte Anwendung von «Six Sigma» kann bei der Erreichung einen solchen Ziels wertvolle Hilfe bieten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/20

     

Das Beispiel zeigt, wie die Management–Strategie «Six Sigma» funktioniert. Denn: Warum muss eigentlich ein Gericht, bei dem alles schon von Anfang an richtig gemacht wurde, mehr kosten als eines mit vielen Fehlern? Eher ist das Gegenteil zu erwarten. Seit ein paar Jahren hat sich Six Sigma in Firmen wie DaimlerChrysler, Nokia, Siemens, Honeywell, ABB, aber auch in kleineren spezialisierten Unternehmen wie GMC Software Group etabliert und wird dort umgesetzt.
Beim «Six Sigma»-Ansatz geht es darum, den Wert eines Unternehmens oder einer Organisation (etwa einer ICT-Abteilung) zu erhöhen und zwar durch die konsequente Orientierung auf







1) Kundennutzen

2) Prozessverbesserung

3) Führung durch Metriken





Die Zielgrösse heisst: Null Fehler. Ein Fehler ist eine vom Kunden wahrgenommene Abweichung vom erwarteten oder spezifizierten Verhalten. Diese Fehler vermeidet man durch Verminderung der Streuung in Prozessen (daher der statistische Ausdruck «Six Sigma»), und Prozesse steuert man durch am Kundennutzen orientierte Metriken. Dazu verwendet man Quality Function Deployment und Kombinatorische Metriken.
In der Fertigung sind solche Verfahren in den an Six Sigma orientierten Organisationen gut eingeführt und auch in Verwaltung und Administration sind Fortschritte möglich. Viele Produkte und Dienstleistungen bauen aber auf dem Einsatz von Software auf oder sind von Software stark abhängig, wie etwa Automobile, wo – mit zunehmender Tendenz – je nach Komfortstufe 2/3 bis 3/4 der Wertschöpfung auf Software entfallen, oder die Stromdisposition der SBB, wo eine ungeeignete Software mit Zehntausenden von zu quittierenden Fehlermeldungen den Disponenten in Zollikofen am
22. Juni 2005 den Blick auf die tatsächlichen Folgen der Strompanne im Urnerland verstellte . Die Abhängigkeit von Software nimmt rasch zu. Für «Six Sigma»-Organisationen stellt sich also die Frage nach Six Sigma in der Software-Entwicklung mit zunehmender Dringlichkeit.





Gerade das Beispiel der SBB am «Schwarzen Mittwoch», als das Bahnstromnetz der SBB zusammenbrach, zeigt deutlich, worum es bei Six Sigma in der Software geht. Zwar hatte die unmittelbare Ursache – eine falsche Angabe der Übertragungsleistung der im Betrieb verbliebenen neuen einschleifigen Übertragungsleitung von Amsteg nach Rotkreuz – nichts mit Software zu tun, und es gab keinen Software-Zusammenbruch oder eine Fehlfunktion. Es fehlte jedoch eine wichtige Anforderung an die Software in einem Leitstand: Nie darf die eine Meldung eine andere, vielleicht wichtigere Meldung blockieren. Genau dies jedoch ist passiert, als die Disponenten zehntausend Fehlermeldungen aus dem südlichen Tessin hätten quittieren müssen, um an diejenigen zu gelangen, die den bevorstehenden Zusammenbruch der Stromversorgung in den Zentren des Schweizer Mittellandes angezeigt hätten.





Wir unterscheiden deswegen in Six Sigma für Software einen A-Fehler von einem B-Fehler. Ein B-Fehler («Bug») ist eine Fehlfunktion, die ärgerlich, kostspielig, aber grundsätzlich durch Vergleich («Tests») mit formulierten Anforderungen erkennbar ist. Ein A-Fehler hingegen ist eine nicht erkannte Anforderung, die folglich auch nie formuliert wurde.
B-Fehler sind mit gutem Requirements Engineering und professionellen Software-Tests zu erkennen. A-Fehler dagegen nicht.
A-Fehler erkennt man nur durch eine auf den Kundennutzen ausgerichtete Anforderungsanalyse mittels der Methode Quality Function Deployment (QFD). Diese Methode eignet sich dazu, Kundenanforderungen in technische Eigenschaften von ICT-Systemen, in Design- und Architektur-Anforderungen sowie in Testvorgaben umzusetzen. Dazu dienen Ursache-Wirkungsanalysen in Form von linearen Matrizen. Die Methode wurde bereits Anfangs der Neunziger Jahre an der Hochschule St. Gallen von Prof. Seghezzi gelehrt. Das Interesse an Six Sigma und die eminente ökonomische Bedeutung der Methode QFD haben dazu Anlass gegeben, ihre Anwendbarkeit in der Software-Entwicklung neu zu bewerten.
In der Tat zeigen die Erfahrungen mit QFD, dass sie in der ICT sehr wohl einsetzbar ist. Sie eignet sich dazu, fehlende Kundenanforderungen zu entdecken, fehlende Testfälle aufzudecken und überflüssige Qualitätsstandards («Vergolden») zu vermeiden. Bedingung ist allerdings, dass die Ursache-Wirkungsmatrizen richtig gelesen und verstanden werden. Hilfreich ist der Konvergenzfaktor, eine statistische Grösse, welche aussagt, wie gross die Streuung des analysierten Ursache-Wirkungszusammenhangs ist. Der Konvergenzfaktor wird aus den mathematischen Eigenschaften der Matrix berechnet und kommt ohne eine umfangreiche Sammlung von Erfahrungsdaten aus.






Die Erfahrungen mit dieser verbesserten Methode sind sehr ermutigend. Zunächst liefert die Methode, wie erwartet, eine markante Abnahme der A-Fehler. Es ist eine Anfängerübung, mit der Methode QFD aus den Kundenanforderungen die vollständigen technischen Anforderungen an den Leitstand einer Bahnstromüberwachung herzuleiten und diese in Anforderungen an die Software umzusetzen. Die Reduktion der A-Fehler hat aber weitere, sehr interessante Effekte: Durch die Ausrichtung auf den Kundennutzen kann eine mit QFD entwickelte Software einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil bringen. Die bereits erwähnte Firma GMC erfreut sich mit Business Communications einer Wachstumsrate von jährlich immerhin über 50%, weil sie ihr Produkt den Marktanforderungen entsprechend konzipiert hat. Unter Business Communications versteht man Aufgaben wie Marketing Mailings und Rechnungsversand, also eigentlich nichts wirklich Neues in der ICT. Ähnliche Impulse lassen sich auch mit Commodities wie Automobilen oder Haushaltsgeräten erzielen, allenfalls auf Kosten der Wettbewerber, würde der Kundennutzen die Grundlage für die Anforderungsspezifikation an die Software abgeben,
die im Produkt eingebaut ist.





Eine weitere, vielleicht unerwartete, aber gut dokumentierte Wirkung des Einsatzes von QFD in der Software-Entwicklung ist, dass solche Software in den Gestehungskosten und – natürlich, als Folge von Six Sigma – auch in den Betriebskosten massiv günstiger ist. Die Fokussierung auf den Kundennutzen und die konsequente Wahl von kundengerechten Technologien mittels QFD (auch «Design für Six Sigma» genannt) kann die Kosten auf unglaubliche 20% herunter drücken. Beispiele dazu gibt es einige.
Es gibt also gute Gründe, die nächste Bahnfahrt mit einem Besuch des Speisewagens zu verbinden und beim Genuss der von Philippe Rochat konzipierten Köstlichkeiten ein wenig über Six Sigma in der ICT nachzudenken. Verraten wir ein Geheimnis, wenn wir ausplaudern, dass bei der elvetino die Handschrift eines Meisters in Brand Management und erfahrenen Anwenders von QFD und Six Sigma dahinter steht?



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