Voice of America: Bluetooth – coole Technologie, die Sie vorläufig nicht nutzen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/01
Wenn die Sonne hier in Seattle auf die Berge scheint, erscheinen diese so nah, als könnte man sie berühren. Strahlend hat die Sonne Anfang Dezember an der Developers Conference in San Jose auch auf Bluetooth geschienen. Und auch Bluetooth ist nicht annähernd so nah, wie es scheint.
Bluetooth ist die Technologie, mit der unterschiedliche Geräte innerhalb von rund 10 Metern untereinander kabellos kommunizieren können. Das ist natürlich eine tolle Sache, und die Zahl der möglichen Anwendungen ist gewaltig. Heute gebe ich Ihnen drei Gründe, weshalb Bluetooth die lange Wartezeit wert ist, zeige Ihnen, wer interessante Anwendungen in der Pipeline hat und verrate, warum Sie leider auch weiterhin auf die neue Technologie werden warten müssen.
Es braucht keine Minute, um eine Menge Gründe zu finden, weshalb Bluetooth die lange Wartezeit wert sein wird. Stellen Sie sich etwa folgende Szenarien vor:
Sie können Dateien von Ihrem Handheld aus drucken, wenn Sie bei einem Kunden sind.
Sie werden Bilder direkt von Ihrer Digicam versenden, und Ihr Handy fungiert dabei als Modem.
Sie erhalten Fluginfos auf Ihr Handy geliefert, sobald Sie am Flughafen sind.
Hersteller mit solchen Ideen gab es massenhaft an der diesjährigen Bluetooth Developers Conference. Und die Berichterstattung in der Presse über diese Ankündigungen ist ein Grund dafür, dass jeder glaubt, Bluetooth werde demnächst eingeführt. Hier sind einige Firmen, die mitmischen:
Broadcom hat Blutonium angekündigt, das erste Funknetz, das auf CMOS-Technologie basiert.
Ericsson hat seine Bluetooth-Chiptechnologie an Intel lizenziert. Intel will damit kabellose Anwendungen entwickeln.
Nokia zeigte seine erste Bluetooth-Lösung, die ein Handy und einen PC verbindet und bereits 2001 in den Verkauf gelangen soll.
Parthus Technologies wird seine Bluetooth Chips an PrairieComm liefern, um damit Controller für Handsets herzustellen.
RF Micro Devices will einen geräuscharmen Verstärker für Bluetooth-Anwendungen produzieren.
Klingt gut. Aber bereits die Comdex hat sich als Vorschau auf Bluetooth-Produkte erwiesen, die zwar gut klingen, aber zuerst noch produziert werden müssen.
Wenn Bluetooth endlich käme, würde es uns das Leben leichter machen. Aber die Technologie ist noch nicht perfekt, und wenn sie es mal sein wird, dann gibt es immer noch die oft unterschätze Trägheit der Kunden. Weitere Gründe, weshalb uns Bluetooth noch einige Zahnschmerzen bereiten wird.
Interferenzen: Die rivalisierenden Standards für kabellose LANs, HomeRF und 802.11b, sind bereits ein hartumkämpfter Schauplatz. Wer diese Standards unterstützt, sagt, dass sie zu Bluetooth kompatibel seien. Und die Bluetooth-Hersteller behaupten, sie könnten ihre Technologie so entwickeln, dass sie die anderen nicht störe, auch wenn alle im selben Funk-Frequenzbereich arbeiten. Einfach wird das aber nicht.
One-to-many: Ericsson hat ein Bluetooth-Headset eingeführt, das mit den eigenen Handys kommunizieren können soll. Das ist eine One-to-one-Verbindung und kein Poblem. Was aber, wenn das Headset auch mit dem PC oder sogar einem Handheld kommunizieren können soll? Dazu benötigt man einen komplexeren Industrie-Standard, und diesen gibt es noch nicht.
Momentum: Damit zwei Geräte untereinander mit Bluetooth kommunizieren können, müssen beide über einen Bluetooth-Chip verfügen, und diese müssen miteinander sprechen können. Dazu braucht es aber mehr als bloss die Kooperations-Bereitschaft der Hersteller - nämlich auch die Bereitschaft der Kunden, für einen zu teuren Chip zu viel zu bezahlen.
Ich freue mich auf Bluetooth. Es wird eine kleinere Revolution im mobilen Computing geben, wenn es breitflächig eingesetzt und interoperabel wird. Aber es gilt bis dahin noch einige hohe Hürden zu nehmen, und die Sonne wird noch Jahre auf die Cascade Mountains vor Seattle scheinen, bevor es soweit ist.