Physikalische Grenzen durchbrechen

Storage-Virtualisierung kann das Leben eines Admin wesentlich einfacher machen. Dabei gibt es jedoch verschiedene Lösungsansätze.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/21

     

Die Motivation für Storage Area Networks (SAN) liegt in der Konsolidierung und Zentralisierung von Speicherressourcen. Administration und Bereitstellung von Speicher sollen vereinfacht und beschleunigt werden. Mit der Verbreitung von SAN-Technologien wuchsen Speichernetze jedoch zu immer grösseren, komplexeren und heterogeneren Architekturen heran. Der eigentliche Grundgedanke der Vereinfachung wurde somit oft bereits wieder ad absurdum geführt. Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma verspricht die Storage-Virtualisierung, die dem Experimentierstadium mittlerweile entwachsen ist.


Unterschiedliche Ebenen

Storage-Virtualisierung kann auf den verschiedensten Ebenen zum Einsatz kommen. Eine der gängigsten Arten ist die Disk-Virtualisierung, wie sie beispielsweise bei Lösungen wie dem Microsoft Virtual Server, Vmware Server oder ähnlichen Produkten zum Einsatz kommt. Bei der virtuellen Platte handelt es sich lediglich um eine Datei, die im Filesystem eines Windows- oder Linux-Rechners liegt und über eine Virtualisierungsebene wie eine physikalische IDE- oder SCSI-Festplatte angesprochen werden kann. Für ein in einer virtuellen Maschine ausgeführtes Betriebssystem verhält sich die virtualisierte Disk somit genauso wie ihr physikalisches Pendant.
In Verbindung mit Speichernetzwerken lassen sich im Moment zwei wesentliche Virtualisierungs­trends erkennen. Zum einen die Virtualisierung von blockbasiertem Speicher und zum anderen die Virtualisierung ganzer Tape-Libraries. Produkte, die in eine der beiden Kategorien fallen, versprechen in der Regel eine Erhöhung der Performance und Verfügbarkeit, eine Senkung der Kosten und vor allem eine Verbesserung der Administration. Die mittlerweile verfügbaren Lösungsansätze sind hierbei für den Heimanwender ebenso einsetzbar wie für grosse Konzerne.


iSCSI als Basistechnologie

Eine der Basistechnologien für preiswerte blockbasierte Virtualisierungslösungen ist iSCSI, das sich vor allem für kleinere Umgebungen eignet. Mit Produkten wie Datacore SAN Melody ist es dem Systemverwalter möglich, einen beliebigen PC in eine skalierbare Virtualisierungs-Appliance zu verwandeln. Das dahinter stehende Konzept ist dabei ebenso einfach wie genial: Man nehme einen Standard-Intel-Server mit Windows 2003 als Betriebssystem und stelle dessen physikalischen Plattenspeicher per iSCSI-Protokoll zur Verfügung. Der physikalische Speicher kann je nach Anforderung wiederum aus einzelnen Festplatten oder RAID-Systemen bestehen, die per SCSI, SATA, Fibre Channel oder mit anderen Technologien angebunden sind. In jedem Fall ist der Systemverwalter in der Lage, aus dem vorhandenen physikalischen Speicher virtuelle Platten in Form von Logical Units (LUN) zu definieren und diese per IP-Verbindung über das Unternehmens-LAN zur Verfügung zu stellen. Für den jeweiligen Nutzer präsentiert sich eine iSCSI-LUN wie eine lokale Festplatte. Der Vorteil der blockbasierten Virtualisierung liegt in diesem Fall darin, dass sich jederzeit zusätzlicher Plattenplatz bereitstellen lässt und der vorhandene physikalische Speicher effizienter nutzbar ist. Insbesondere für virtualisierte Server, die beispielsweise in einer VMware-Umgebung laufen, eignet sich diese Methode, ist es doch so möglich, eine neue virtuelle Maschine mit der benötigten Speicherkapazität innerhalb weniger Minuten zur Verfügung zu stellen.


Höhere Verfügbarkeit

Die Virtualisierung bringt aber noch weitere Vorteile mit sich. Durch effizientes Caching auf Virtualisierungsebene lassen sich beispielsweise spürbare Performance-Vorteile realisieren. Noch wichtiger sind aber Funktionen wie die synchrone oder asynchrone Spiegelung, die für eine erhöhte Datenverfügbarkeit sorgen. Über eine Virtualisierungslösung wie das bereits erwähnte SAN Melody oder den Falconstor iSCSI Storage Server ist dies recht einfach auch in Umgebungen umsetzbar, die bislang hohe Investitionen für proprietäre Lösungen scheuten.
Eine weitere wichtige Funktion, die die meisten Virtualisierungs­lösungen mitbringen, ist der Snapshot. Dieser erlaubt es, den Datenbestand einer LUN zu einem bestimmten Zeitpunkt einzufrieren, beispielsweise um die Daten über eine Backup-Lösung sichern zu können. Per Script oder Windows 2003 Volume-Shadow-Copy-Service-Provider (VSS) ist es möglich, den Datenbestand vor dem Snapshot in einen konsistenten Zustand zu versetzen. Nur so ist sichergestellt, dass bei einer allfälligen Datenwiederherstellung ein lauffähiges System entsteht.
Blockbasierte Virtualisierungs­lösungen, die sich auch im heterogenen Umfeld bewährt haben, sind natürlich nicht nur für iSCSI verfügbar, sondern auch im Fibre-Channel-Bereich. Produkte wie der SAN Volume Controller (SVC) von IBM, die V-Series von Network Appliance oder Datacore SAN Symphony liefern vergleichbare Funktionen, allerdings für einen meist deutlich höheren Preis.


Virtuelle Bandbibliotheken

Ein weiterer wichtiger Trend in Sachen Virtualisierung betrifft die Datensicherung per Virtual Tape Library (VTL). Vereinfacht ausgedrückt verhält sich die VTL gegen­über der Backup-Software wie ein «echter» Bandroboter. In Wirklichkeit werden die Daten jedoch über virtuelle Bandlaufwerke in einen Platten-Cache geschrieben und erst am Ende des Schreibzyklus auf physikalische Bänder ausgelagert. Durch eine grosse Zahl an virtuellen Laufwerken können so mehrere Server parallel mit hoher Geschwindigkeit sichern, was zu einer merklichen Verkürzung der Sicherungszyklen führt. Bei der Anschaffung mechanischer
Magnetbandlaufwerke sind zudem deutliche Kosteneinsparungen erzielbar. Zum einen sind weniger Laufwerke erforderlich, da sich der geforderte Datendurchsatz und die nötige Speicherkapazität durch die VTL erreichen lässt. Zum andern kann die Anschaffung teurer High-end-Laufwerke entfallen, da die VTL mit kontinuierlichem Datenstrom vom Platten-Cache hin zu den physikalischen Laufwerken den fehleranfälligen Start/Stop-Betrieb vermeidet und die verfügbare Bandbreite optimal ausnutzt. Auch der Restore von Daten kann von der VTL-Technologie profitieren, denn häufig befinden sich die gesicherten Daten noch im Platten-Cache der VTL. Von dort ist ein Restore in der Regel deutlich schneller möglich als von einem Band. Virtual Tape Libraries sind sowohl für iSCSI- als auch für Fibre-Channel-SANs verfügbar. Eine verhältnismässig günstige Softwarelösung für iSCSI ist etwa die Falconstor Virtual Tape Library. Als Hardwarelösung liefert Quantum mit der DX 30 ein Einstiegsgerät. Am oberen Ende der Leistungsskala finden sich Geräte wie CentricStor von Fujitsu Siemens, das mit zahlreichen Zusatzfunktionen wie Dual-Save oder Auto-Tape-Refresh zu punkten versucht.


Virtualisierung macht Sinn

Die Storage-Virtualisierung ist eine mittlerweile ausgereifte Technologie, die dem Systemverwalter das Leben in vielerlei Hinsicht erleichtern kann. Speziell in Umgebungen, in denen Ressourcen schnell bereitgestellt werden müssen, kann die Virtualisierung eine sehr sinnvolle Ergänzung sein. Auch die von den Herstellern gemachten Versprechungen in Sachen Performance und Vereinfachung der Administration werden meist gehalten. Welche Lösung im Einzelfall sinnvoll ist, hängt von den technischen Anforderungen und natürlich den finanziellen Rahmenbedingungen ab.





Verschiedene Kategorien der Storagevirtualisierung


Der Autor

Dipl.-Ing. Dirk Pelzer ist Mitglied im Bundesverband Deutscher Sachverständiger und Fachgutachter. Er arbeitet als Consultant und Journalist in München. (dirk.pelzer@pelzer-consulting.de).




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