Kolumne: Streitpunkt Arbeitszeugnis
Quelle: Rent a Person Personalberatungs AG

Kolumne: Streitpunkt Arbeitszeugnis

René Cretin gibt Tipps zum Verfassen von Arbeitszeugnissen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2022/09

     

Der Teufel steckt im Detail. Oft gut gemeint, kann ein Arbeitszeugnis schnell negativ verstanden werden. Aber wie sieht ein qualifiziertes Arbeitszeugnis aus? Wie liest man zwischen den Zeilen und wie knackt man als Laie den Geheimcode? Mit diesen Fragen werde ich täglich konfrontiert. Die Antwort ist komplex.

Das Arbeitszeugnis ist eine Urkunde, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich auszustellen hat. Wir unterscheiden zwischen einfachem und qualifiziertem Arbeitszeugnis. Das einfache Arbeitszeugnis enthält nur Informationen über die Art und Dauer der Beschäftigung. Das qualifizierte Arbeitszeugnis hingegen liefert tiefere Einblicke und beurteilt auch die sozialen Kompetenzen. Genau hier liegt auch das Problem: Diese Soft Skills lassen sich nur subjektiv beurteilen, daher führt ein qualifiziertes Arbeitszeugnis oft zum Streit.


Leider wissen die wenigsten Arbeitgeber, wie man ein Arbeitszeugnis richtig formuliert. So kann es schnell passieren, dass eigentlich positiv gemeinte Formulierungen von einem anderen Unternehmen als negativ aufgefasst werden. Ein Zeugnis sollte mit Bedacht geschrieben werden, denn ein gutes Arbeitszeugnis kann einen wesentlichen Vorteil gegenüber Mitbewerbern ausmachen. Es sollte folgende Punkte enthalten: Einleitung zur Person und aktuellen Tätigkeit, Beschreibung des Unternehmens, objektive Aufgabenbeschreibung und subjektive Leistungsbewertung.

Neben der objektiven Aufgabenbeschreibung kommt der subjektiven Leistungs­beschreibung ebenfalls grosse Bedeutung zu. Hier ist es wichtig, dass alle Angaben vollständig sind. Wird beispielsweise ein wichtiger inhaltlicher Aspekt komplett vernachlässigt, geht der Personaler eines zukünftigen Unternehmens davon aus, dass dieses Kriterium nur mangelhaft erfüllt wurde und deshalb verschwiegen wird. Optimal ist ein individuell verfasstes Arbeitszeugnis, das auf die erbrachten Leistungen mit passenden Formulierungen eingeht. Ein Personaler wird merken, wenn ein Zeugnis einfach nur aus gängigen Phrasen zusammengesetzt wurde. Hinter dem Code eines Arbeitszeugnisses verstecken sich die klassischen Schulnoten von «sehr gut» bis «schwach».

Darf denn ein schlechtes Arbeitszeugnis geschrieben werden? Das ist eine kontroverse Frage. Grundsätzlich haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf ein wahres und wohlwollendes Arbeitszeugnis. Ein schlechtes Zeugnis kann die Jobsuche erschweren und Bewerbungschancen dramatisch reduzieren. Gleichzeitig darf der Arbeitgeber kein sehr gutes oder gutes Arbeitszeugnis ausstellen, wenn der Mitarbeiter schlechte Leistungen erbracht hat. Schlechte Leistungen wiederum dürfen im Arbeitszeugnis nicht konkret beschrieben werden – Formulierungen wie «Herr Müller hat ständig Fehler gemacht» sind nicht erlaubt. Stattdessen muss der Arbeitgeber dies wohlwollend umschreiben. Verboten sind ebenfalls offene Kritik, herabwürdigende Aussagen oder verleumdende Formulierungen.


Haben Sie ein vermeintlich schlechtes Zeugnis erhalten? Malen Sie nicht gleich den Teufel an die Wand, sondern suchen Sie zuerst das Gespräch. Vielleicht war es ja gar nicht böse gemeint.

René Cretin

René Cretin ist Gründer und Inhaber der Rent a Person Personalberatungs AG. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Baden (AG) und einer Filiale in Sevelen (SG) sowie in Triesen (Fürstentum Liechtenstein) konzentriert sich seit über 20 Jahren auf die persönliche Vermittlung von Fachleuten.


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