Logitech G Fits Test: Wie angegossen
Quelle: Logitech

Logitech G Fits Test: Wie angegossen

Mit den G Fits bietet Logitech neue Wireless In-Ears, die sich der Ohrform des Besitzers anpassen. Wie so oft kann man den Fünfer und das Weggli aber leider nicht zusammen haben.
4. April 2023

     

Gefühlt jeder Gadget-­Hersteller, der etwas auf sich hält, hat heute mindestens ein Modell kabellose In-Ears im Repertoire. Die Hersteller müssen sich entweder mit dem Preis-Leistung-Verhältnis übertrumpfen, eine besondere Nische finden oder mit einer speziellen Technologie daherkommen, die ihr Modell von der Masse abhebt.

Mit den G Fits versucht sich Logitech in den letzteren zwei Bereichen. Die Nische: Gaming; die Technologie: eigens an den Nutzer angepasste Ohrstücke.


Da es sich im Prinzip um reguläre Wireless In-Ears handelt, soll der vorliegende Test weniger den Einsatz beim Spielen beleuchten, sondern vor allem die neue Technologie bewerten und die Frage beantworten, ob die G Fits auch im Alltag als Konkurrenz zu Apples Airpods und Co. gesehen werden können. Denn preislich spielen die G Fits mit 280 Franken schliesslich etwa in dieser Liga.

Wie es bei Gamer-Equipment üblich ist, kommen die G Fits im futuristischen – für manche wohl etwas zu futuristischem – Gewand daher. Zu haben sind sie in Schwarz oder Weiss, die Ohrstücke aus weichem Gummi sind bei beiden Modellen weiss. Das Lade-Case ist aussen schlicht in der Farbe der Buds und innen je nach Ausführung in knalligem Gelb (schwarzes Modell) respektive feinem Blau gehalten.

Das Fitting

Für sein Geld bekommt man im Rahmen des Lieferumfangs neben den G Fits ein Ladekabel sowie einen USB-Dongle, der für das Logitech-eigene Light­speed-Verbindungsprotokoll zuständig ist, wir kommen später noch drauf zu sprechen.

Nachdem wir uns die weichen Stöpsel ins Ohr drücken und via Bluetooth eine Verbindung zum Smartphone herstellen, schallt aus den 10-Millimeter-Lautsprechern sofort und wiederholt die Aufforderung, uns die G-Fits-App aus dem App Store zu holen. Vor der Einrichtung mit der App sind die Buds nicht nutzbar.


Zum Personalisieren der Ohrstücke positioniert man die Earbuds fest im Ohr und drückt sie mit den Fingern satt in den Gehörgang, während man auf der App den Fitting-Prozess startet. Dabei werden die weichen Ohrstücke aus Gummi warm, passen sich an die Form des Ohres an und härten aus. Das Gefühl ist etwas eigenartig, aber nicht unangenehm. Der ganze Prozess geschieht innerhalb von 60 Sekunden, damit ist die Anpassung bereits vollbracht.

Und tatsächlich: Nach der Anpassung sind die Ohrstücke etwas härter als zuvor und sitzen bombenfest. Während das Einsetzen und Ablegen der G Fits damit etwas aufwändiger wird als bei den meisten anderen Modellen, geniesst man dafür In-Ear-Stöpsel, die deutlich fester sitzen als alle bisher genutzten Modelle.

Vergleichbar mit einer vom Spezialisten hergestellten Lösung sind die G Fits aber wohl nicht ganz (siehe nachfolgend: Otoplastik und Custom Sleeves).

Otoplastik und Custom Sleeves
Personalisierte In-Ears sind grundsätzlich keine Neuheit mehr. Beim Hörgeräteakustiker kostet ein Ohrabdruck (Otoplastik) etwa 30 Franken. Mit den Rohlingen geht man dann zu einem der zahlreichen Hersteller von Custom Sleeves – angepassten Gummistöpseln für das Modell der Wahl. Diese kosten dann, je nach Anbieter, zwischen 120 bis 200 Franken. Man landet für die persönlichen Custom Sleeves also bei 150 bis 230 Franken, die man auf den Kaufpreis der gewünschten In-Ears draufrechnen muss. Dazu gibt es einen recht entscheidenden Nachteil als Besitzer von kabellosen In-Ears: Die Buds passen meist nicht mehr ins Lade-Case. Das wäre uns in der Praxis schlicht zu mühsam und gilt daher nur als halbgare Alternative zu einer Lösung wie den G Fits.

Qualität hat ihren Preis

An der Qualität der Headphones haben wir soweit nichts auszusetzen, was in dieser Preisklasse aber auch zu erwarten ist. Sowohl die Klangqualität als auch räumliche Klangerlebnisse (fürs Gaming besonders wichtig) überzeugen im Test. Mit dem Equalizer in der G Fits App kann man sich auf einer benutzerfreundlichen Oberfläche weitere EQ-Profile zusammenstellen und die (teils etwas übertrieben konfigurierten) Presets von Logitech nach Belieben anpassen.

Nur eines vermissen wir schmerzlich: Noise Cancelling. Und das, obwohl Noise Cancelliung für Premium-In-Ears in diesem Preissegment heute doch eigentlich schon fast zum guten Ton zu gehört. Gerade in lärmigen Umgebungen würde das, gepaart mit der satten Passform, ein vollständiges Abschotten erlauben. Das wäre eigentlich ein weiterer guter USP gewesen. Noise Cancelling wäre praktisch im ÖV, in lärmigen Grossraumbüros und – wenn wir schon mal Gamer-Gear testen – an LAN-Partys.


Die Qualität der Audioaufnahme ist, zugegebenermassen wie bei vielen In-Ears, tauglich, aber nicht wirklich berauschend und klingt leicht blechern. Die Mikrofone der G Fits registrieren weiter recht viel Umgebungslärm, was im Alltag bei Anrufen mühsam sein kann, während man beim Gaming seine Mitspieler ab und zu mit Tastaturgeklapper nervt.

Überflüssige Lichtgeschwindigkeit

Ein weiterer Kritikpunkt ist für uns die Steuerung der G Fits. Denn für das bei Wireless In-Ears gewohnte Tippen und Swipen an den Stäbchen zur Steuerung verfolgt Logitech einen etwas eigenen Ansatz. Was wir kennen und ehrlicherweise erwarten: einmaliges Tippen für Play/Pause, zwei- bis dreimaliges Tippen für weitere Funktionen, wie etwa der Sprung zum nächsten Titel. Weiter erwarten wir eine Lautstärkenregelung an den Ear Buds.

Die Realität schaut aber leider folgendermassen aus: Einmaliges Tippen ist per Default nicht belegt, kann in der App aber noch gemappt werden. Leider aber (recht Logitech-untypisch) mit einer enorm eingeschränkten Auswahl an Funktionen. Pause/Play lässt sich beispielsweise nicht auf das Einmal-Tippen-Kommando legen. Zweifaches Tippen stellt entweder das Mikrofon stumm (mit Lightspeed-Verbindung) oder löst Play/Pause aus (Bluetooth) und mit dreifachem Tippen schaltet man zwischen Bluetooth- und Lightspeed-Verbindung um. Was gänzlich fehlt, ist eine Möglichkeit, die Lautstärke zu verändern. Das muss gezwungenermassen am Endgerät passieren.


Noch eine Sache zur gross beworbenen Lightspeed-Technologie: Ja, Latenz ist bei Bluetooth-Headphones manchmal ein Thema, die Hersteller von Premium-Modellen haben das Problem aber in aller Regel unter Kontrolle. Während Lightspeed, beispielsweise bei Mäusen, eine gute Sache ist, sehen wir die Notwendigkeit bei Headphones nicht gegeben. Vielmehr ist das Feature sogar im Weg: Es besetzt bei der Steuerung das dreifache Tippen und nervte uns im Test, wenn für den gerade gewünschten Einsatz am Handy (Bluetooth) oder am Rechner (Lightspeed mit Dongle) mal wieder der falsche Modus eingestellt ist. Eine sicht- oder hörbare Benachrichtigung, welche Verbindungstechnologie man grade braucht, fehlt nämlich leider auch – man setzt stattdessen auf Try-and-Error, bis es klappt.

Und damit nicht genug, Lightspeed braucht auch noch mehr Akku als Bluetooth. Logitech gibt Akkulaufzeiten von 7 (Lightspeed) respektive 10 Stunden (Bluetooth) an, der Akku im Case soll für weitere 8 beziehungsweise 12 Stunden reichen. Werden die Mikrofone dazu noch gebraucht, reduziert sich die Akkulaufzeit um 30 bis 40 Prozent. Das ist knapp – sowohl für Premium-In-Ears im Allgemeinen als auch für ausgedehnte Sessions vor dem Screen.

Bequem und ausgefallen, aber unausgereift

Wir tun uns etwas schwer bei der Bewertung der Logitech G Fits. Die Individualisierung und der damit verbundene Tragekomfort gefällt uns. Es ist nicht auszuschliessen, dass Logitech hier etwas auf der Spur sein könnte. Weiter passt die Soundqualität für den Preis, und die Sprachqualität hält dem Vergleich mit anderen Modellen der Produktekategorie weitgehend stand.

Abgesehen davon hat Logitech bei der Entwicklung der neuen In-Ears aber etwas geschlafen. Die Steuerung ist unausgereift, und der Feature-Umfang ist mit Lightspeed-Connection, dafür aber fehlendem Noise Cancelling, halbgar.


Wer sich schon immer anpassbare In-Ears gewünscht hat und sich nicht an den kleineren Mängeln und Lücken stösst, kann mit den G Fits glücklich werden. Die Technologie und der damit verbundene Komfort hebeln nämlich so einige Shortcomings aus. Wer aber ein voll ausgereiftes Produkt sucht, das in allen Bereichen gut abschneidet, wartet definitiv besser auf einen Nachfolger.

Bewertung

Die Logitech G Fits bieten beeindruckende Passgenauigkeit fürs Ohr, die sich gut anfühlt und tatsächlich funktioniert. Den Preis, den man neben den stolzen 280 Franken bezahlt, ist ein nicht zu übersehender Mangel an Funktionalitäten, was die In-Ears im Alltag nicht so gut dastehen lässt, wie wir uns das erhofft haben. Wer es aussergewöhnlich mag, schlägt zu – wer es ausgereift mag, lässt’s besser bleiben.
Info: Logitech


Wertung:
4 von 6 Sternen (win)


Weitere Artikel zum Thema

Logitechs Logi Dock getestet

26. November 2022 - Satte 499 Franken beträgt der UVP für Logitechs Logi Dock. Ob die Kombination aus Speaker, Docking Station und Konferenzlösung diesen Preis rechtfertig, zeigt unser Test.

Logitech Sight: Neue KI-gesteuerte Kamera für hybride Meetings

6. Oktober 2022 - Mit der neuen KI-gesteuerten Kamera Logitech Sight sollen virtuelle Meeting-Teilnehmer das Gefühl erhalten, selbst mit im Konferenzraum zu sitzen.


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wieviele Fliegen erledigte das tapfere Schneiderlein auf einen Streich?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER