Im Augenmerk des CIO

Metadaten, Social Software, Green IT – lesen Sie hier, welche Trends und Technologien 2008 die IT-Abteilungen auf Trab halten werden.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/22

     

Mit dem ersten Schnee kommen traditionell auch die Prognosen für das neue Jahr. Besonders früh waren in diesem Jahr die Marktforscher von Gartner dran, die ihre Zukunftsvisionen bereits Anfang Oktober unter die Leute brachten. Die Konkurrenten von IDC werden ihre Voraussagen leider erst nach Redaktionsschluss veröffentlichen. Und die Marktforscher von Capgemini sind derzeit daran, in einer Umfrage, an der eingeladene Experten teilnehmen können, die Trends zu sammeln.



Nichtsdestotrotz kann man aufgrund von Studien, Zahlen und der Ankündigungen der Hersteller die Themen und Technologien, die im kommenden Jahr die IT-Abteilungen umtreiben werden, bereits recht gut identifizieren. Es wird dabei schnell offensichtlich, dass kaum ein Themenbereich für sich selber steht – vielmehr sind die Themen auf vielfältige Weise miteinander verflochten.

So spielt beispielsweise die grüne IT stark mit der zunehmenden Virtualisierung zusammen, und der ganze Themenkomplex Archivierung und Compliance ist ohne Komponenten wie Sicherheit oder Verschlüsselung genausowenig vorstellbar wie Unified Communications oder Web 2.0 im Unternehmen ohne entsprechende Sicherheitsmassnahmen funktionieren. Letztlich gehen viele der Trends Hand in Hand oder bedingen sich gar gegenseitig.


Der Evergreen: Sicherheit

Ganz oben auf der Prioritätenliste der IT-Verantwortlichen wird auch im nächsten Jahr die IT-Sicherheit mit all ihren Facetten stehen. Die Herausforderung wird einmal mehr sein, auf die sich stetig wandelnden Bedrohungen aus dem Web möglichst unverzüglich zu reagieren.

Zu erwarten sind dabei neue Angriffsvektoren, denen mit herkömmlichen Mitteln kaum mehr beizukommen ist: Während im vergangenen Jahr zunehmend mehr sogenannte Drive-by-Infektionen verzeichnet wurden, bei denen Surfer ihren Rechner schon beim blossen Besuch von bestimmten Webseiten mit Malware erweiterten, kommen gegen Ende Jahr die sogenannten «Man-in-the-Browser»-Attacken auf.

Dabei handelt es sich um eine neue Angriffsform im E-Banking, bei der spezielle Malware auf dem Rechner still und unauffällig wartet, bis der Anwender auf seine E-Banking-Seiten zugreift. Dann wird zugeschlagen, indem die Malware direkt im Browser bestimmten HTML-Code ersetzt und beispielsweise Zugangsdaten an den Angreifer schickt. Experten rechnen mit einer starken Zunahme dieser Angriffsvariante, insbesondere, da klassische
Phishing-Angriffe kaum mehr zum Erfolg führen.



Weitere Themen im Bereich Sicherheit sind die Verschlüsselung von Daten, und zwar sowohl während der Übertragung als auch insbesondere bei der Archivierung. Bessere Lösungen müssen auch für diejenigen Daten gefunden werden, die mittlerweile auf den zahlreichen mobilen Geräten der Anwender ständig unterwegs sind.


Archivierung und Metadaten

Damit leiten wir über zu einem weiteren grossen Trend, der seine Anfänge schon vor einigen Jahren mit den verschiedenen Compliance-Bestimmungen hatte, seither aber immer weitere Kreise zieht: die Archivierung von Dokumenten und damit zusammenhängend das gesamte Document-Lifecycle-Management. In diesem Bereich sind die Firmen und ihre IT-Abteilungen im Jahr 2008 und darüber hinaus zunehmend gefordert:

Es gilt, nichts weniger als die zukunftssichere Lösung für die Verwaltung der Informationsflut zu finden. Laut einer Studie von IDC wurden weltweit allein im Jahr 2006 rund 161 Exabyte (das ist eine Zahl mit 18 Nullen!) an Daten erzeugt, kopiert und gespeichert. Schätzungen zufolge dürfte das Datenvolumen bis 2010 in den Bereich von einem Zettabyte (21 Nullen) weiter anwachsen, und IDC geht davon aus, dass die schiere Menge an Daten das Fassungsvermögen sämtlicher vorhandener Speicher bereits überschritten hat oder dies demnächst tut.


Ein gewichtiger Teil dieser immensen Informationsflut stellen nicht Originale dar, sondern Kopien – abgelegt auf anderen Speichern, angehängt an E-Mails etc. Und genau hier setzt eine der im kommenden Jahr aufstrebenden Technologien an: die Deduplikation. Bei dieser aus dem Backup-Bereich kommenden Technik, die auf dem Block-Level arbeitet, geht es darum, identische Datenblöcke zu erkennen und durch Pointer zu ersetzen, die auf das bloss noch einmal vorhandene Original zeigen. Das funktioniert nicht nur mit redundanten Informationen innerhalb der Dateien, worauf es beim Backup zu Komprimationszwecken ankommt, sondern auch mit redundanten Dateien in einem (Speicher-)Netzwerk.



Eine Untermenge aus diesem Themenkomplex, das Metadaten-Management, hat Gartner in seine Top-Five-Trends für 2008 aufgenommen. Klar ist, dass ohne Metadaten in der heutigen Datenflut bestimmte Dokumente und Informationen kaum oder überhaupt nicht mehr gefunden werden können. Entsprechend wird es für Firmen zunehmend wichtig, mit Hilfe von Software eine automatisierte Lösung für die Verschlagwortung von Informationen zu finden. Gartner geht hier sogar noch einen Schritt weiter und prophezeit, dass in den kommenden zweieinhalb Jahren über die Metadaten sowohl interne als auch externe Daten zu einem umfassenden Enterprise Information Management (EIM) zusammenwachsen werden (vgl. Seite 53).


Virtualisierung 2.0

Virtualisierung ist schon heute in aller Munde. Desktops, Server, Netzwerke – virtualisiert wird, was sich dazu eignet. Und das ist eigentlich die gesamte ICT-Infrastruktur. Die Rechnung ist einfach: Eine deutlich höhere Effizienz steht hier deutlich tieferen Kosten gegenüber, Ersparnisse sind bei der TCO zu erwarten, beim Stromverbrauch, bei der Kühlung und vielem mehr. Und als wäre das nicht genug, ergeben sich auch noch Vorteile in der Administration, die zu niedrigeren Kosten führen, und eine erhöhte Flexibilität für die teure Infrastruktur.

Wird das Ganze dann noch mit Komponenten zur Automatisierung gekoppelt, ergibt sich laut Gartner eine sogenannte «Echtzeit-Infrastruktur»: eine ICT-Landschaft, die weitgehend selbständig funktioniert, die Ressourcen effizient ausnutzt, sich dank hoher Flexibilität automatisch den jeweiligen Anforderungen anpasst und dabei auch noch einfach zu verwalten ist. Für CIOs gilt es dabei insbesondere, angesichts der Vorteile der Virtualisierung, die Möglichkeiten der Automatisierung nicht aus den Augen zu verlieren.


Vereinheitlichte Kommunikation

An zweiter Stelle im Gartner-Ranking der Trends 2008 sind die «Unified Communications» aufgeführt – ob diese Thematik tatsächlich im kommenden Jahr durchstartet, sei dahingestellt, schliesslich steht die vereinheitlichte Kommunikation über IP schon seit Jahren auf den vorderen Plätzen in den Prognosen der Marktforscher, und dennoch wurde die Technologie nach Zahlen von verschiedenen Marktforschungsfirmen erst in gut 20 Prozent der Unternehmen tatsächlich adaptiert.

Gartner zufolge soll nun im kommenden Jahr die eigentliche grosse Welle kommen – IP wird sich demnach als allumfassende Kommunika-
tionsplattform nicht nur für E-Mail und Instant Messaging, sondern auch für die Telefonie endgültig durchsetzen.



Entscheidend für Unternehmen ist dabei allerdings nicht der Kanal. Probleme weit grösserer Tragweite sind die Qualität und die Sicherheit der Übertragung, ob es sich nun um Datenpakete oder solche mit Voice- und Video-Inhalten handelt. Entsprechend geht der Bogen zurück auf den Sicherheits-Bereich, stellt dieser doch die Grundlage für die sichere Datenübertragung über sämtliche firmeninterne und -externe Kommunikationsnetze dar. Zu erwarten ist auch, dass die mittlerweile zahlreichen Lösungen für die priorisierte Datenübertragung in Netzwerken einen weiteren Aufschwung erfahren werden.


Internet-Technologien im Unternehmen

Nicht weniger als vier sogenannt strategische Trends hat Gartner in seine Liste aufgenommen, die mehr oder weniger direkt unter den Begriff «Web 2.0» subsummiert werden können: «Mash-ups», «Webplattformen» mittels Software as a Service (SaaS), «Real World Web» und «Social Software». Es liegt auf der Hand, dass im kommenden Jahr kein Unternehmen an diesen Themen vorbeikommen wird. Blogs, Wikis, soziale Netzwerke – es ist nicht einzusehen, weshalb diese Entwicklungen gerade an Unternehmen spurlos vorbeigehen sollten (auch wenn Schweizer Firmen diesbezüglich nach aktuellen Zahlen von Bernet PR noch zurückhaltend sind).


Nach den Gartner-Prognosen werden sich Mash-ups bis 2010 zum wichtigsten Modell für zusammengesetzte Unternehmensanwendungen entwickeln, die – auch unter dem sozialen und kollaborativen Aspekt des Web 2.0 (Stichwort «Social Software») – weit über die Möglichkeiten der aktuellen Dashboards hinausgehen sollen. Als Grundlage dazu dienen Services, die nach dem SaaS-Modell angeboten werden – einem Modell, das sich in immer mehr Märkten etablieren wird. Gartner bringt in diesem Zusammenhang auch die Web-orientierte Architektur (WOA) ins Spiel, die die heutige SOA dereinst ablösen soll.



Mit dem «Real World Web» schliesslich sollen Unternehmen in der Lage sein, innovative Anwendungen zu entwickeln und damit neue Umsatzmöglichkeiten zu generieren. Hinter dem Schlagwort sieht Gartner die zunehmende Verknüpfung von Online-Inhalten mit Inhalten aus dem «echten Leben», die über Technologien wie GPS geliefert werden. Als aktuelle Anwendung ist etwa das «Geotagging» von Fotos zu nennen.


Explizit keinen Trend sieht Gartner übrigens in einem der ganz grossen Hype-Themen von 2007: «Second Life» und andere virtuelle Welten. Das ist nicht weiter erstaunlich, ist doch die anfängliche Begeisterung bei den «Early Adoptern» unter den Firmen bald einer gewissen Ernüchterung gewichen. Offenbar ist die Zeit für wirklich sinnvolle Geschäftsmodelle im virtuellen Raum schlicht noch nicht reif.


Und «Green IT»?

Es liegt auf der Hand, dass am Thema «grün» im nächsten Jahr niemand vorbeikommt. «Grün» ist das Schlagwort des Jahres 2008, und war es auch schon in der zweiten Jahreshälfte 2007 – übrigens ganz ohne dass einer der Auguren im vergangenen Herbst darauf hingewiesen hätte. «Grün» betrifft in den folgenden Jahren allerdings keineswegs nur die IT, sondern im Prinzip jeden beliebigen Lebensbereich. Gefordert ist ein generelles Umdenken, und zwar sowohl in der Industrie als auch beim Anwender.



Gartner sieht einerseits den Trend hin zu stromsparenden, ressourcenschonenden Maschinen. Bei Servern soll dieses Kriterium schon bald zu den wichtigsten überhaupt gehören. Andererseits muss aber auch die Auslastung der Infrastruktur optimiert werden (Virtualisierung). Und nicht zuletzt gilt es, im Rechenzentrum einen vernünftigen Kompromiss zwischen Leistung und Kühlung zu finden.
InfoWeek wird auf den Themenkreis «Green IT» im ersten Schwerpunkt 2008 detailliert eingehen.


Was kommt danach?

Es ist klar, dass Trend-Prognosen für das nächste Jahr nur eine Moment-Aufnahme darstellen. So wenig, wie vor einem Jahr das aktuelle Hype-Thema «Green IT» vorausgesehen wurde, so wenig lassen sich die kommenden Hypes mit Sicherheit identifizieren. Und auch was aus den jeweiligen Trend-Themen wird, wenn sich der Rummel erst mal abgekühlt hat, muss vorläufig offen bleiben.
Sicher ist, dass uns auch 2008 ein spannendes IT-Jahr bevorsteht.




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