Kleines Update für Firefox

Firefox erhält in der neuen Version 2.0 zwar einige Verbesserungen, ganz grosse Änderungen bleiben aber aus.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/15

     

Firefox ist und bleibt der Shooting-Star unter den Browsern. Kein anderes Programm zum Web-Surfen hat es seit dem Siegeszug von Microsofts Internet Explorer geschafft, diesem ernsthaft Konkurrenz zu machen. Natürlich ist es auch Firefox nicht gelungen, den Marktführer vom Thron zu stossen – aber über 200 Millionen Downloads innert weniger als zwei Jahren und die Eroberung eines Marktanteils von über 10 Prozent (nach aktuellen Zahlen von OneStat.com in einigen europäischen Ländern sogar bis zu 40 Prozent!) sind für einen Newcomer eine beachtliche Leistung. Und immerhin hat es die Mozilla Foundation mit ihrem Firefox 1.0 und dessen Erfolg geschafft, dass sich Microsoft gezwungen sah, wieder einmal eine neue Internet-Explorer-Version zu entwickeln.
Derweil geht die Entwicklung natürlich auch bei Firefox weiter: Nach einem Minor Update auf die Version 1.5 und diversen Sicherheitsupdates steht im Herbst die Veröffentlichung des nächsten grösseren Release auf Firefox 2.0 an. Wir haben die aktuelle Beta unter die Lupe genommen.


Verbesserte Tabs

Eine der augenfälligsten Neuerungen in Firefox 2.0 sind die verbesserten Tabs. Jeder Tab hat seinen eigenen Schliess-Button, was zwar zunächst etwas Umgewöhnung erfordert, letztlich aber die Bedienung vereinfacht. Beim Schliessen eines aus einem anderen Tab geöffneten Tabs geht der Fokus nun wieder auf den ursprünglichen Tab zurück statt auf den nächstliegenden, was ein unterbruchsfreieres Surfen ermöglicht. Und besonders praktisch: Es gibt nun im Menü «Chronik» einen speziellen Eintrag, über den versehentlich geschlossene Tabs wieder geöffnet werden können. Diese Funktion beruht auf einem neuen Session-Management-Framework, das auch dafür sorgt, dass im Fall eines Absturzes des Browsers nach dem Neustart alle zuletzt geöffneten Tabs automatisch wieder geladen werden.
Im Menü «Chronik» wird neben den zuletzt geöffneten Tabs überhaupt der Verlauf der Surfsession angezeigt, und auf Wunsch lässt sich das ganze auch als Sidebar einblenden.
Vermisst haben wir im Zusammenhang mit Tabs eigentlich nur die schnelle Übersicht, bei der alle geöffneten Tabs in einem Fenster in einer verkleinerten Version angezeigt werden. Der aktuelle Internet-Explorer-Beta bietet eine solche Funktionalität von Haus aus – bei Firefox 2.0 muss sie leider immer noch per Plug-in nachge­rüstet werden.


Phishing-Schutz inklusive

Eine eher versteckte, aber umso wichtigere Erweiterung ist der nun integrierte und standardmässig aktivierte Anti-Phishing-Schutz. Dieser warnt den Surfer, sobald er eine potentielle Phishing-Site aufrufen will, mit einem grossen Warnhinweis. Es bleibt allerdings dem Surfer überlassen, ob er diesen Hinweis ernstnehmen will oder nicht, Firefox sperrt den Zugang zur Site nicht komplett. Will der Anwender die Site nicht besuchen, ruft Firefox die voreingestellte Homepage auf.
Um entscheiden zu können, vor welchen Seiten er warnt, benutzt Firefox 2.0 eine laufend aktualisierte Datenbank mit bekannten Phishing-Sites. Die Datenbank stammt zwar vom Mozilla-Server, wird aber lokal gespeichert. Alternativ kann man derzeit aber auch auf Google zurückgreifen – Firefox lässt im entsprechenden Options-Eintrag die Wahl, ob Google oder die lokale Datenbank als Phishing-Datenlieferant genutzt werden will. Allerdings werden bei der Option Google Daten auf die Server des Suchmaschinen-Giganten übertragen – dies wird vielen Surfern suspekt sein.
Möglicherweise wird die Anzahl der Anti-Phishing-Datenanbieter bis zur Veröffentlichung des finalen Release noch erweitert. Ausserdem zwingt Firefox niemanden zu seinem Glück: Die entsprechende Option unter Einstellungen im Extras-Menü ist zwar einigermassen versteckt, aber wer will, kann den Phishing-Schutz jederzeit deaktivieren.


Bequemere News-Feeds

Bisher konnte man mit Firefox zwar News-Feeds abonnieren, aber nur als sogenannte «dynamische» Lesezeichen – die Schlagzeilen der Feeds wurden einfach im Bookmark-Menü unter dem entsprechenden Link angezeigt und regelmässig aktualisiert. Ein Klick auf die Schlagzeile öffnete dann den entsprechenden News- oder Blog-Eintrag. Daran hat sich grundsätzlich nichts geändert.
Allerdings bietet Firefox jetzt vor dem Abonnieren des Feed eine Vorschau auf dessen aktuellen Inhalt und lässt dabei auch die Wahl, womit der Feed abonniert respektive künftig gelesen werden soll: Zur Wahl stehen einerseits natürlich die dynamischen Lesezeichen, andererseits kann aber auch auf einen auf dem System installierten Newsreader wie beispielsweise Google Reader oder Bloglines zurückgegriffen werden. So können Feeds schnell und bequem abonniert werden.




Zur besseren Organisation nicht nur von dynamischen Lesezeichen, sondern generell von Bookmarks, wurde ausserdem der Lese­zeichen-Manager leicht überarbeitet. Dieser unterstützt nun auch die sogenannten Micro-Summaries, bei denen statt des Web­seiten­titels der Titel einer aktuellen Meldung als Lesezeichen angezeigt wird – allerdings nur bei Seiten, die diese Funktion auch unterstützen.
Der ursprünglich für Firefox 2.0 geplante komplett neue Lesezeichen-Manager namens «Places» wurde schon nach der ersten Alphaversion wieder aus dem Programm gekippt. Die Entwicklung dieser Sub-Software hätte nach Aussagen der Firefox-Entwickler auch die Entwicklung des Hauptprogramms derart verzögert, dass man sich entschieden habe, sie erst in Firefox 3.0 zu integrieren. Places soll dannzumal einen völlig neuen Ansatz für die Verwaltung von Bookmarks, Verlauf und News-Feeds bieten und alles unter einem einheitlichen Format in einer SQLite-Datenbank speichern.
Einen neuen Manager gibt es in Firefox 2.0 dennoch, und zwar denjenigen für die Verwaltung von Themes und Erweiterungen. Diese können nun zentral an einem Ort organisiert, neu heruntergeladen oder gelöscht werden. Bei den Themes gibt es dafür sogar eine Vorschau.


Schnelle Websuche

Die Suchbox für die schnelle Suche auf vorbestimmten Suchmaschinen im Internet kennt man in Firefox schon seit der Version 1.0. Für die neue Version wurde sie erweitert, und zwar unterstützt sie nun auch die Vorschlagsfunktionen von Google, Yahoo und Answers.com. Zusätzlich zu den gespeicherten früheren Suchen werden nun während der Eingabe von Suchbegriffen auch Vorschläge gemacht, was gesucht werden könnte. Firefox vergleicht dazu die Buchstaben der Eingabe mit Wörtern, die bei der Suchmaschine bereits bekannt sind. Mit dieser Autovervollständigung kann besonders bei langen Suchbegriffen eine Menge Tipparbeit gespart werden.
Ausserdem gibt es ein erweitertes Format für Such-Plug-ins, das allerdings nur Entwicklern derartiger Erweiterungen etwas nützt. Der Browser-Anwender hat leider noch immer keine Möglichkeit, seine Such-Plug-ins selber zu konfigurieren. Bisher gibt es erst einen Suchmaschinen-Manager, mit dem die Plug-ins in ihrer Reihenfolge verändert oder gelöscht werden können.





Für den 2.0er-Release war ausserdem eine automatische Rechtschreibkorrektur analog zu der in Textverarbeitungsprogrammen geplant. Diese sollte Eingaben in Textboxen und Formularfeldern – beispielsweise bei Nachrichten in Webmailern oder bei Foreneinträgen – überprüfen, automatisch korrigieren oder im Kontextmenü Korrekturvorschläge machen. In der deutschen Fassung ist dieses Feature allerdings auch in der Beta 2 nicht enthalten, während die englischen Versionen bereits seit den Alphas darüber verfügen.
Daneben wurde der Browser noch um einige kleinere Neuerungen ausgebaut, die vor allem Entwickler interessieren dürften. So unterstützt Firefox 2.0 etwa JavaScript 1.7, Client-Side-Sessions sowie Persistent Storage und TLS Server Name Indication. Das überarbeitete Erweiterungssystem sorgt zwar dafür, dass bisherige Erweiterungen und Themes neu geschrieben werden müssen, dafür sollen sie aber einfacher lokalisierbar sein und eine höhere Sicherheit bieten.
Insgesamt ist Firefox 2.0 sicher nicht der grosse Wurf, den man aufgrund des immer noch darum gemachten Hype erwarten könnte. Die Änderungen und Neuerungen sind vielmehr evolutionärer Art – die hervorragenden Features der 1.0er-Version werden konsequent weiterentwickelt und Vorbereitungen für die nächste Version getroffen. Diese verfügt dann hoffentlich wieder über revolutionärere Neuerungen.


Flock der Community-Bruder von Firefox

Eine der jüngsten Alternativen auf dem Browser-Markt richtet sich speziell an Fans der Web-2.0-Anwendungen: Flock, der von seinen Entwicklern als der «soziale Browser» angepriesen wird. Der Browser beruht auf Firefox und ist seit vergangenem Oktober noch immer nur als Beta erhältlich.
Als sozialer Browser spielt Flock besonders gut mit populären Web-2.0-Diensten und -Communities wie Flickr, Technorati oder Del.icio.us zusammen. Er beinhaltet auch spezielle Tools für die Lektüre von RSS-Feeds und das Verfassen und Editieren von Blogs, die unter anderem Drag&Drop unterstützen und einen WYSIWYG-Modus bieten. So lassen sich etwa Nachrichten im internen Feed-Reader lesen und per Klick mit der rechten Maustaste gleich ins eigene Blog integrieren. Als weitere spezielle Features kommen ein Passwort-Manager dazu, der die meist zahlreichen Account-Daten speichert und das Einloggen automatisiert, sowie ein Bookmark-Manager, der die Lesezeichen nicht nur lokal ablegt, sondern wiederum der Community zur Verfügung stellt, und ein «Web-Clipboard», über das Fundstücke von Webseiten im Browser gespeichert werden können. Ausserdem unterstützt Flock auch Features, die Firefox erst in Version 2.0 bieten wird, darunter etwa die Vorschlagsfunktion bei der Websuche.
Der Trick an Flock ist allerdings nicht, Firefox mit einigen Zusatzfeatures zu spicken und unter einem neuen Namen zu vermarkten. Viele dieser Features sind nämlich auch als normale Extension für Firefox erhältlich. Das Problem dabei ist, dass diese Erweiterungen unabhängig voneinander entwickelt werden und in ihrer Kombination Firefox oft unstabil machen. Die Flock-Entwickler versuchen deshalb, diese und einige andere Funktionen so zu integrieren, dass ein Browser aus einem Guss entsteht. Dies ist ihnen bisher ganz gut gelungen, schwärmt doch die Community nur so von Flock.




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