Cluster-Lösungen für den 24x7-Nonstop-Betrieb

Clustering ist der Königsweg zu einer möglichst hohen Verfügbarkeit von serverbasierten Anwendungen. Wir präsentieren die aktuellen Lösungen mit Fokus auf die Windows-Plattform.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/39

     

Auf einer belebten E-Business-Site kostet jede Minute Downtime Tausende Franken: Ausfälle der IT-Infrastruktur kann sich heute keiner mehr leisten. Neben möglichst fehlerarmer, rigoros getesteter Software - völlig fehlerfrei ist sie ja grundsätzlich nie - und redundanten Hardwarekomponenten in den einzelnen Computern ist die Verbindung mehrerer Server zu einem sogenannten Cluster eine probate Methode zur Steigerung der Verfügbarkeit: Beim Ausfall eines Servers oder einer Anwendung, die darauf läuft, überträgt die für den Cluster-Betrieb zuständige Software die ausgefallenen Funktionen auf einen anderen Server. Dieser Vorgang wird im Cluster-Jargon Failover genannt; die geclusterten Server bezeichnet man als Nodes. Wichtig im Cluster-Kontext ist ausserdem das Speichersystem, auf dem die Daten liegen: Es muss entweder allen Nodes im Cluster zugänglich sein, oder die Daten müssen permanent auf allen beteiligten Nodes nachgeführt werden.




Das Marktforschungsunternehmen IDC sagt voraus, dass bis 2001 sechzig Prozent aller NT-basierten Server in Form von Clustern betrieben werden, was auch für die Windows-2000-Plattform gelten dürfte. In der Vergangenheit war Clustering Unix-Systemen und proprietären Storage-Architekturen vorbehalten und damit für kleinere Unternehmen unerschwinglich; heute offerieren mehrere Hersteller Clustering-Lösungen, die auch in Windows-Umgebungen eine Verfügbarkeit von 99,9 Prozent (entspricht einer Ausfallzeit von weniger als neun Stunden pro Jahr) und höher garantieren.


Windows-2000-Cluster mit 2 oder 4 Nodes

Die Cluster-Unterstützung in Windows NT, bekannt unter dem Namen MSCS (Microsoft Cluster Services), beschränkt sich erstens auf Cluster mit zwei Nodes und ist zweitens nur für die relativ kostspielige Enterprise Edition von Windows NT Server verfügbar. Windows 2000 bringt, je nach Servervariante, gleich zwei Clustering-Optionen:




• Der Windows 2000 Advanced Server ermöglicht den Aufbau von Failover-Clustern mit zwei Nodes, die an ein gemeinsames SCSI- oder Fibre-Channel-Storage-System angeschlossen sind und im Active/Active- oder Active/Standby-Modus betrieben werden. Damit erhalten auch kleinere Unternehmen eine attraktive Möglichkeit, ihre IT-Infrastruktur durch Clustering hochverfügbar zu machen: Die Kosten pro Node liegen für Server-Betriebssystem und Clustering-Software bei rund 8000 Franken.





• Der Windows 2000 Datacenter Server erlaubt Cluster mit vier Nodes und einer gemeinsamen Fibre-Channel-Speichereinheit; SCSI-Storage wird nicht unterstützt. Die vier Nodes lassen sich in verschiedenen Konfigurationen wie Active/Active/Active/Active (auf allen vier Nodes laufen produktive Serveranwendungen) oder Active/Active/Active/Standby (einer der Nodes dient als passive Failover-Reserve für die anderen drei) betreiben. Die Cluster Services eignen sich vor allem für transaktionsorientierte Anwendungen wie Datenbanken (SQL Server, Oracle, DB2), Groupware (Exchange, Lotus) sowie für die klassischen Serverfunktionen Webserver, File- und Printer-Sharing. Die ersten speziell auf Windows-2000-Cluster angepassten Serveranwendungen sind Exchange 2000, SQL Server 2000 und Internet Information Server 5. Neben den Failover-zentrierten Cluster Services offerieren beide Serverversionen auch IP-basiertes Load Balancing für bis zu 32 Nodes.


Zertifikation unabdingbar

Wie die NT-Version von MSCS sind auch die Windows-2000-Cluster-Services punkto Hardware ziemlich wählerisch. Das eingesetzte Storage-System muss den gleichzeitigen Anschluss mehrerer Server unterstützen. Jede Kombination von Servern, Host-Bus-Adaptern und Storage-Einheiten muss zudem einen umfangreichen Zertifikationsprozess bestehen, bevor sie in der Cluster-Kompatibilitätsliste von Microsoft publiziert wird (www.microsoft.com/hcl) und damit offiziell freigegeben ist; bei jeder Änderung einer der Komponenten muss die Zertifikation neu verifiziert werden - auch wenn nur die BIOS-Version des Servers wechselt.
Eine weitere Einschränkung: Durch die enge Integration ins Betriebssystem unterstützt die Cluster-Software von Microsoft ausschliesslich Windows-Server; heterogene Cluster sind nicht möglich, und auch umfangreichere Serverfarmen mit mehr als 4 Nodes erhalten mit MSCS keine Failover-Absicherung. Dafür sind, zumindest beim Advanced Server, die Kosten klar im Griff: Im Gegensatz zu anderen Herstellern, bei denen der Lizenzpreis von der Prozessorleistung abhängt, schlägt der Advanced Server mit einem einheitlichen Preis für ein bis acht Prozessoren pro Node zu Buche. Beim Datacenter Server, der nur in Kombination mit zertifizierter Hardware erhältlich ist und vom Serverhersteller verkauft wird, macht Microsoft Abstufungen bei 8, 16 und 32 Prozessoren.





Clustering einfacher und leistungsfähiger

Soweit ähnelt das Windows-2000-Clustering der Windows-NT-Vorgängerversion. Es kommen jedoch neue Features hinzu, die Aufbau und Administration des Cluster wesentlich vereinfachen und den Nutzwert dramatisch erhöhen: Cluster-Informationen werden via Active Directory Service publiziert; die Administration erfolgt entweder über die Windows-Anwendung Cluster Administrator auf einem beliebigen Node oder per Fernwartung über die Microsoft Management Console (MMC), für die ein Cluster-Snap-In zur Verfügung steht. Für Wartungsarbeiten wie die Installation neuer Softwareversionen kann ein Node zudem im "Rolling Upgrade"-Verfahren kurzfristig offline geschaltet werden, ohne dass danach die Cluster-Konfiguration neu erstellt werden muss.



Die Cluster Services unterstützen neu WINS, DHCP und DFS als Cluster-konforme Ressourcen mit automatischem Failover und Recovery. Die umfassende Plug&Play-Unterstützung von Windows 2000 kommt dem Cluster ebenfalls zugute: Hinzufügen und Entfernen von Netzwerkadaptern, TCP/IP-Stacks und Disks werden automatisch erkannt und in der Cluster-Konfiguration berücksichtigt.





Legato: Lösungen für kleine und grosse Unternehmen

Die Cluster-Produktepalette von Legato, bekannt auch als Hersteller von Backup-, SAN- und HSM-Lösungen, umfasst sowohl Produkte für kleinere Umgebungen wie den Co-Standby Server als auch Anwendungen für heterogene Hochleistungsumgebungen wie Cluster Enterprise.




• Legato Co-Standby Server für Windows NT - eine Windows-2000-Version ist auf Anfang 2001 vorgesehen - unterstützt im Gegensatz zu den Microsoft-eigenen Cluster Services nicht nur die Enterprise Edition, sondern auch den "einfachen" NT Server 4.0 und ist darüber hinaus nicht auf zertifizierte Hardwarekombinationen angewiesen: Zwei beliebige NT-Server lassen sich im Active/Active- oder Active/Standby-Modus zu einem Zwei-Node-Cluster mit Failover für Anwendungen, IP-Adressen, Shares, Printer und Servernamen verbinden. Blockbasiertes Mirroring auf Device-Driver-Ebene über einen dedizierten Interconnect synchronisiert die beiden und garantiert zu jedem Zeitpunkt die Datenintegrität. Legato bietet zum Co-Standby Server "Application Scripts" für alle gängigen NT-Serveranwendungen und -dienste an, darunter SQL Server, Oracle, Sybase, Notes, Exchange und DHCP; weitere Scripts erstellt man mit Hilfe eines Development Kit. Unter der Bezeichnung Standby Server offeriert Legato ähnliche Lösungen für Netware und OS/2.





• Legato Cluster Enterprise ist eine umfassende Clustering-Lösung für heterogene Umgebungen. Sie unterstützt die Systemplattformen Windows NT, Windows 2000, Solaris, die Unix-Varianten von HP und IBM sowie Red Hat Linux und Caldera Linux und eignet sich für sämtliche denkbaren Storage-Umgebungen inklusive SAN, NAS und per WAN verbundene Speichereinheiten. Die Anzahl der Nodes in einem Cluster ist prinzipiell nicht begrenzt, und zertifizierte Hardwarekombinationen werden nicht benötigt. Laut Hersteller ist Cluster Enterprise die einzige Clustering-Lösung, die eine unbegrenzte Anzahl von Nodes pro Cluster-Domain zulässt. Cluster Enterprise bringt Failover-Absicherung für alle Standardanwendungen, die von den jeweiligen Systemplattformen unterstützt werden; für die spezifische Einbindung weiterer Applikationen stehen Module und Tool-Kits bereit. Das Failover-Verhalten lässt sich für jede einzelne Anwendung separat definieren; Cascading- und N-Way-Failover über mehrere Server gehört zum Standard-Funktionsumfang des Produkts.
Zur Überwachung und Einhaltung von Service Level Agreements, die der Betreiber für die auf seinen Servern laufende Software abgeschlossen hat, und für das generelle Monitoring einzelner Anwendungen enthält Cluster Enterprise verschiedene Tools.




• Neben den eigentlichen Clustering-Lösungen umfasst die Hochverfügbarkeits-Palette von Legato auch Komponenten für Load Balancing, Firewalls und via WAN verbundene Ressourcen: Die Load-Balancing-Software Legato eCluster arbeitet für die Lastverteilung in Webserver-Farmen mit der Local-Director-Hardware von Cisco zusammen. Legato Cluster Firewall bietet Absicherung für Firewall-Dienste, die bei Ausfall entweder auf dem gleichen Server neu gestartet oder auf einen anderen Server übertragen werden. Legato wanCluster, erhältlich für die Datenreplikationsprodukte Legato Replication und EMC SRDF, erlaubt den Einbezug entfernter Ressourcen über WAN-Verbindungen zum Zweck der Migration zwischen verschiedenen Data Centers oder für Disaster Recovery.


Veritas: High Availability auf Enterprise-Ebene

Das Kernprodukt von Veritas, neben Legato der zweite grosse Hersteller von Speichermanagement-Software, ist der Veritas Cluster Server (VCS). Er unterstützt Cluster mit 2 bis 32 Nodes auf d


Konfiguration, Überwachung und Management der Cluster gestalten sich bei Veritas über eine Java-basierte Anwendung mit grafischer, für alle Plattformen identisch aufgebauter Oberfläche als recht einfach. Mit dem Administrationstool verwaltet man bis zu 256 Cluster gleichzeitig.



Obwohl explizit keine bestimmten Hardwarekombinationen vorgeschrieben sind, publiziert Veritas eine Liste kompatibler Server und Storage-Einheiten. In NT-Umgebungen umfasst dies Server von Compaq, Dell, IBM und HP und Storage-Arrays von Compaq (StorageWorks), Hitachi (HDS), EMC (Symmetrix) sowie via SCSI oder Fibre Channel angeschlossenes JBOD-Storage ("Just a Bunch Of Disks", zu Deutsch: nicht als RAID konfigurierte Speichereinheiten). Für die Hersteller von Storage-Geräten stellt Veritas die Storage Certification Suite zur Verfügung, ein Testprogramm zur Überprüfung der Cluster-Server-Kompatibilität ihrer Produkte.




In Kombination einer Replikationslösung wie dem Veritas Storage Replicator for Volume Manager lässt sich der Cluster Server mit Wide-Area-Failover-Funktionalität ausbauen oder als Teil einer Disaster-Recovery-Lösung nutzen. Für die Administration global verteilter Cluster und Ressourcen hat Veritas den Global Cluster Manager im Programm, der allerdings nur für die Solaris-Plattform erhältlich ist.




NT-Cluster-Verwaltung mit ClusterX

In einem grösseren Unternehmen wird selten nur ein einziger Cluster benötigt: Dank sinkenden Kosten und fixfertig konfigurierten, einfach zu installierenden "Cluster in a Box"-Paketen, wie sie Compaq und Data General anbieten, wird die Verfügbarkeitssicherung durch Clustering immer mehr auch für einzelne, nur abteilungsweit genutzte Anwendungen interessant. Auf die zentrale Verwaltung aller Cluster im Unternehmen will man jedoch kaum verzichten.



ClusterX von Veritas bietet genau dies: Über eine äusserst bedienerfreundliche Windows-Anwendung lassen sich im ganzen Unternehmen verteilte NT- und neu auch Windows-2000-Cluster auf einfache Weise von einer zentralen Station aus installieren, konfigurieren und verwalten. Ratgeber unterstützen die Cluster-Einrichtung. Integriertes Praxiswissen hilft bei der Installation von Anwendungen auf mehreren Clustern; mitgeliefert werden zum Beispiel Wizards für Exchange, SQL Server und IIS. Die Anwendungskonfiguration eines Cluster kann auf andere Cluster repliziert werden - das spart Zeit und hilft, Fehler zu vermeiden.




ClusterX zeigt Hardware, Software, Gruppen und Ressourcen in einer Explorer-ähnlichen Baumdarstellung mit Filterfunktionen zur gezielten Darstellung einzelner Aspekte an und bietet so eine integrierte Sicht auf Server, Betriebssysteme, Storage und geclusterte Anwendungen. Die Systemkonfigurationen zeigt ClusterX anhand schematischer Diagramme; das Tool liefert zudem konfigurierbare Berichte, zum Beispiel eine Uptime-Statistik zur Kontrolle von Service Level Agreements, lässt sich als MMC-Snap-In betreiben und via SNMP in Netzwerkmanagement-Frameworks integrieren. Es existiert auch eine separat erhältliche Variante zur Verwaltung der Load-Balancing-Funktionen von Windows (WLBS, NLB).




Cluster = Hardware + Software + Storage + Netzwerk

Software allein macht noch keinen Cluster - ein Cluster ist vielmehr ein komplexes Konglomerat von Servern, Netzwerkkomponenten, Storage-Einheiten, Betriebssystem, Cluster-Software, Anwendungen und Verwaltungstools. Sämtliche bedeutenden Serverhersteller publizieren geeignete Cluster-Kombinationen oder bieten Dienstleistungen zur Implementation von Clustern an. Dabei werden meist Produkte verschiedener Hersteller kombiniert. Die folgende Übersicht konzentriert sich auf Windows-basierte Cluster; daneben existieren bei verschiedenen Herstellern Angebote für die hauseigenen Unix-Varianten, für SCO-Unix und Linux sowie für Midrange-Systeme.




Dell schlägt für Windows-Cluster eigene Server und Storage-Komponenten in Kombination mit cLAN-Adaptern von Giganet für den Interconnect vor. Dazu kommen die Verwaltungswerkzeuge OpenManage Cluster Assistant von Dell und ClusterX von Veritas.





• HP arbeitet mit einer Reihe von Drittherstellern zusammen, darunter NSI Software, Giganet, Novell, Microsoft und Legato und führt eine Liste der für Clustering-Zwecke geeigneten NetServer-Modelle.




IBM offeriert "Prepackaged Clusters" auf Basis der Netfinity-Server 4500R oder 5100 komplett mit Betriebssystem (NT oder Win2000), Storage, Interconnect-Netzwerkkarten und Kabeln; in den USA ab 19'000 Dollar erhältlich.




• Data General, heute Teil des Speicher-Giganten EMC, hat den "Cluster in a Box"-Begriff für vorkonfigurierte, fixfertig im Rack montierte Cluster-Pakete erfunden und bietet nach wie vor aktuelle Konfigurationen an: Aviion-Server, Fibre-Channel-Storage der Clariion-Serie von EMC, Windows NT Server, Enterprise Edition oder Windows 2000 Advanced Server sowie die DG/ManageSuite, eine Kombination von Systemmanagement-Tools, die unter anderem die Speichermanagement-Software Navisphere und das Veritas-Tool ClusterX enthält.




• Compaq arbeitet eng mit Microsoft zusammen und bezeichnet sich gerne als Leader unter den Cluster-Anbietern.



Die Firma bietet sowohl für Grossunternehmen als auch für kleinere Firmen geeignete Cluster-Kombinationen an. Seit kurzem ist der Proliant-Cluster HA/F500 auch als Vier-Node-Version auf Basis von Windows Datacenter Server erhältlich. Für kleinere Umgebungen eignet sich der "Packaged Clusters" CL380. Dabei handelt es sich um einen
Verbund, bestehend aus zwei Servern mit je einer 800-MHz-Pentium-III-CPU (erhältlich ab Fr. 31'290.-).



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