Palm Tungsten T: Meisterstück vom PDA-Pionier

Der neueste Palm-PDA für den Business-Anwender ist das bisher beste Gerät des Herstellers, lässt aber dennoch kleinere Wünsche offen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/42

     

Leistungsfähig, handlich, businesstauglich: So liesse sich der neue High-End-PDA vom Branchenpionier Palm in Kürzestbeschreibung charakterisieren. Der Tungsten T - Palm fährt mit den Produktelinien Zire (Entry-Level) und Tungsten (Business) neu eine Markenstrategie mit zwei Namenslinien statt Nummern - ist mit Sicherheit das beste Gerät, das der Marktführer bisher lanciert hat und braucht auch den Vergleich zu Konkurrenzprodukten, zum Beispiel zu den Cliés von Sony, nicht zu scheuen.


Zwei Betriebsmodi mit leichten Tücken

Der Tungsten T überzeugt durch mehrere, auf der Palm-Plattform teils völlig neue Features. Auf den ersten Blick fällt das Design auf: Im Transportzustand sind nur der Bildschirm, die Funktionsbuttons und der neue, von der Pocket-PC-Plattform bekannte Joystick-ähnliche 5-Wege-Navigator zu sehen. Das Gerät misst dann 10,7x7,5x1,2 Zentimeter und liegt mit schlanken 157 Gramm gut in der Hand oder Jackentasche.



Der Graffiti-Bereich kommt erst zum Vorschein, wenn man den unteren Teil des stabilen Metallgehäuses auszieht, wobei sich das Gerät auch gleich einschaltet - Palm nennt das den "Dual Mode Slider" und führt an, dass das Gerät erst geöffnet werden muss, wenn Daten einzugeben sind. Zur reinen Informationsabfrage genüge der zusammengeschobene Zustand. Das stimmt mit einer Ausnahme: Leider gibt es beim Tungsten T wie bei allen Palm-Geräten keine Funktionstaste für die Startseite; auch die Sterntaste, mit der eine beliebige Applikation aufgerufen wird, ist nur im Graffiti-Bereich zu finden. Im Direktzugriff sind demzufolge nur die Standard-Organizer-Anwendungen zugänglich.





Schneller Prozessor, brillanter Bildschirm

Erstmals setzt Palm nicht mehr auf die Dragonball-CPU von Motorola, sondern auf den ARM-basierten OMAP-Prozessor von Texas Instruments. Dieser ist im Tungsten T mit 144 MHz getaktet, was vielversprechend klingt und sich in der Praxis tatsächlich bewährt: Beim Umschalten zwischen Applikationen erscheint nicht wie auf einem Vergleichsgerät mit dem ebenfalls als schnell gehandelten 66-MHz-Dragonball des öfteren die Meldung "bitte warten", und auch die Referenz-Applikation SBB-Fahrplan, die bisher stets durch lange Initialisierungssequenzen und Berechnungszeiten auffiel, liefert ihre Resultate blitzschnell.



Vor allem für altgediente Palm-User ist auch das Display beeindruckend: Mit 320x320 Pixel und - diesmal echter - 16-Bit-Farbtiefe zeigt der Tungsten T Fotos, die über den mitgelieferten Image Viewer Photobase von einer SD-Karte ab Digicam direkt eingelesen werden können, messerscharf an. Aber auch Business-Dokumente wie umfangreiche Spreadsheets und Texte profitieren von der höheren Auflösung, zumal die neue Version 5 von Documents to Go, ebenfalls im Lieferumfang, analog zum Palm Reader mit verschiedenen Fonts arbeitet und so die qualitativ hochwertige Darstellung von Office-Dokumenten ermöglicht.





Kommunikation ohne Kabel, aber mit Mikrofon

Als weitere Plattform-Premiere hat Palm den Tungsten T von Haus aus mit einem Bluetooth-Funkadapter ausgestattet. Für Besitzer eines passenden Mobiltelefons sind damit die Zeiten der mühsamen Ausrichtung von Infrarot-Beams beim mobilen Internet-Surfen definitiv zu Ende, ohne dass dabei ein Erweiterungsslot draufgeht.



Die Einrichtung der Gerätekopplung geht, soweit dies bei Bluetooth überhaupt möglich ist, unkompliziert vonstatten; die Verbindung ist stabil - dies zeigt unser Versuch mit einem Ericsson T39m. Mangels eines zweiten Geräts konnten wir die mitgelieferten Anwendungen Blueboard (Skizzen mit anderen Tungsten-Benutzern gemeinsam bearbeiten) und Bluechat (drahtloser Text-Chat) nicht testen, die laut dem Schweizer Palm-Geschäftsführer Marc Heinrich nicht bloss Fun-Zwecken dienen, sondern auch dem diskreten Informationsaustausch während Sitzungen.




Kommunikation und Internetzugriff werden unterstützt durch komplett überarbeitete Systemsoftware sowie durch den neuen Webbrowser Pro und den Multi-Account-Mail-Client VersaMail. Neu sind auch multimediale Fähigkeiten: endlich ein Palm mit Mikrofon und Kopfhörerausgang sowie dazu passender Voice-Aufnahmesoftware!


Wunschliste bleibt

Auch der Tungsten T kommt nicht ohne kleinere Mängel daher. Nicht ganz verständlich ist zum Beispiel das Argument der Palm-Geschäftsleitung, man habe das optional und kostenpflichtig erhältliche MP3-Player-Programm deshalb nicht gleich mitgeliefert, um das Business-Image des Tungsten T nicht zu gefährden. Auch Manager hören gelegentlich Musik.



Ebenfalls fragwürdig: Warum bietet auch die neueste Palm-Generation bloss einen einzigen SD-Slot? Ist dieser durch eine Speicherkarte belegt, kann man zusätzlich keine SD-basierte Erweiterung wie zum Beispiel den "Presenter" zum Anschluss des Palm an einen Beamer nutzen, was der Palm-Crew an der Präsentation der Neuheit schmerzlich bewusst wurde.




Die nach wie vor bloss 16 Megabyte an integriertem RAM sind schmürzelig, auch wenn Palm-Anwendungen weniger Speicher benötigen als ihre Pocket-PC-Geschwister: Sobald man mit Bildern und Audiodateien arbeitet, kann gar nicht zuviel Platz vorhanden sein. Der Speichermangel verschärft sich durch das Faktum, dass auch in Version 5 des PalmOS der Gesamtspeicher strikt in Onboard- und Kartenspeicher getrennt ist und nicht alle Applikationen transparent auf beide Bereiche zugreifen.



Ein letztes Manko: Via Bluetooth ist keine Synchronisation möglich - an Hotsync-Optionen stehen nach wie vor nur Docking Station und Infrarot zur Verfügung. Da immer mehr Notebooks standardmässig mit Bluetooth ausgerüstet sind, käme eine entsprechende Hotsync-Option dem digitalen Nomaden sehr entgegen.



Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Vor wem mussten die sieben Geisslein aufpassen?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER