Viel Speicher auf dem Schreibtisch
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/16
Eine zentrale Datenablage braucht es heute im kleinsten Büro. Ein PC-Fileserver überfordert aber sowohl das Budget als auch das Know-how vieler KMU, und nicht jedes Unternehmen hat einen Serverraum mit Rackspace für klassische 19-Zoll-Geräte. Verschiedene Anbieter bringen deshalb vermehrt NAS-Appliances auf den Markt (Network Attached Storage), die sich dank kompaktem Gehäuse und erträglichem Betriebsgeräusch direkt im Büro aufstellen lassen und mit Preisen im niedrigen vierstelligen Bereich für nahezu jedes Budget erschwinglich sind.
Ein Desktop-NAS-Gerät bietet ähnliche Sicherheitsfunktionen wie ein PC-basierter Fileserver und beherrscht verschiedene Protokolle. Im Vergleich zu simplen Netzwerkfestplatten, die vor allem zur Lagerung von Musikdateien und Videos fürs Home-Entertainment zum Einsatz kommen, bieten die als NAS-Appliance positionierten Produkte mehrere Einschübe und erlauben den Aufbau eines RAID, was je nach dem gewählten Modus mehr Sicherheit, mehr Speed oder beides bringt und Volumes zulässt, die insgesamt mehr Platz bieten als eine einzelne Festplatte erlaubt.
Wir haben drei aktuelle Modelle der wichtigsten Hersteller getestet. Neben Netgear, Synology und Zyxel sind ähnliche Geräte auch von Qnap und Iomega auf dem Markt; diese Hersteller konnten wir für den Test leider nicht erreichen.
Netgear hat seit der Übernahme des NAS-Herstellers Infrant seit letztem Mai auch eine Desktop-NAS-Appliance im Programm. ReadyNAS NV+ ist das kompakteste der getesteten Geräte: Das elegante Metallgehäuse beansprucht nur wenig mehr Volumen als die vier Harddisks selbst. Das System wird vorkonfiguriert mit zwei oder vier 250- oder 500-GB-Laufwerken ausgeliefert; eine disklose Variante ist zumindest in der Schweiz nicht erhältlich. Wir erhielten für den Test ein Gerät mit vier 250-GB-Disks.
Die Lieferpolitik von Netgear erweist sich für ungeduldige Kunden als vorteilhaft: ReadyNAS NV+ verlangt nicht als erstes das Erstellen eines RAID-Volume, was bei Harddisks von mehreren hundert Gigabyte eine stundenlange Konsistenzprüfung nach sich zieht, die man im Sinn der Datensicherheit besser nicht überspringt. Das Volume ist beim ReadyNAS NV+ beim ersten Einschalten bereits eingerichtet. Die Installation dauert wenige Minuten und beschränkt sich auf die Netzwerkkonfiguration sowie die Definition von Usern, Gruppen und Shares.
Die Cubestation bietet den gleichen Funktionsumfang wie die Consumer-Produkte des Herstellers: Neben der Hauptfunktion als Fileserver lässt sich die kompakte Einheit im schwarzen Würfelgehäuse auch als Webserver samt PHP und MySQL einsetzen. Wie Netgear hat auch Synology zudem verschiedene Multimedia-Streaming-Dienste integriert, dazu kommen weitere Services wie die Foto-Sharing-Anwendung «Photo Station» oder die «Download Station»: PC- und Mac-Clients können mit Hilfe eines Redirector-Utility umfangreiche Download-Jobs an die Cubestation delegieren und verzögert ausführen lassen, zum Beispiel während der Nacht.
Die Installation ist bei Synology etwas komplexer als bei den Konkurrenten. Als allererstes muss mit einem speziellen Hilfsprogramm das Betriebssystem von der beiliegenden CD installiert werden, erst danach folgt die Einrichtung eines oder mehrerer RAID-Volumes in den Modi RAID 0, 1 oder 5. Alternativ lässt sich das Gerät auch als JBOD ohne RAID-Funktionalität nutzen.
Die Harddisks lassen sich wie beim Netgear-Gerät ebenfalls während des Betriebs austauschen. Die Cubestation bietet aber keine steckbaren Disk-Trays. Der Austausch einer Festplatte erfordert das Öffnen der durch vier Schrauben gesicherten rückwärtigen Gehäuseabdeckung und das Umstecken der SATA- und Stromkabel.
Quereinsteiger Zyxel, zuvor nicht im Storage-Geschäft tätig, legt mit der 4-Bay-Appliance NSA-2400 einen respektablen Erstling hin. Und dies nicht bloss wegen des vergleichsweise voluminösen Äusseren. Das Gerät bietet unter den Testkandidaten auch klar die beste Performance. Zur Information: Die in der Tabelle angegebene Zahl stammt vom Mac-Benchmark-Programm XBench 1.3, das den Disk-Durchsatz mit sequentiellen und zufälligen Schreib- und Leseoperationen mit jeweils zwei verschiedenen Blockgrössen misst und daraus einen Gesamtpunktewert ermittelt. Wir haben den Test in einem ansonsten nicht belasteten Fast-Ethernet-LAN mit allen Geräten mehrfach durchgeführt und dabei wiederholbar ähnliche Leistungsunterschiede zwischen den Testkandidaten festgestellt.
Die Zyxel-Appliance stellt wie die übrigen Geräte einen CIFS/SMB-Dienst sowie FTP-Zugang und einen Printserver für USB-Drucker bereit. Dazu bietet die Einheit einen front- und zwei rückseitige USB-2-Ports. Multimedia-Streaming oder gar Web- und Fotosharing-Dienste sucht man beim NSA-2400 jedoch vergebens. Zyxel positioniert das Gerät für den geschäftlichen Einsatz im KMU und versteht darunter offensichtlich eine Firma mit Windows-Umgebung: Das mitgelieferte Discovery-Utility, mit dem man das Gerät vor der Erstkonfiguration im Netzwerk findet, läuft nur unter Windows. Steht kein Windows-PC bereit, deaktiviert man am Router am besten vorübergehend die DHCP-Funktion, dann gibt sich das NSA-2400 nämlich automatisch die Adresse 192.168.1.3, über die man den Web-Konfigurator aufruft und dort die endgültig gewünschte Adresse konfiguriert.
Windows-lastig im besten Sinn ist auch die mitgelieferte Backup-Software Genie Backup Manager. Damit lassen sich nicht nur Windows-Clients sichern, sondern auch Daten von MS-SQL- und MS-Exchange-Servern.
Professionell wirken auch viele weitere Features des Zyxel-NAS, zum Beispiel die beiden Lüfter – die anderen Kandidaten haben nur einen – oder die Auswahl an Storage-Modi: Neben JBOD, RAID 0, 1 und 5 mit oder ohne Hotspare-Disk ermöglicht die Appliance auch die Konfiguration eines RAID 10.
Da verwundert es dann doch etwas, dass ausgerechnet dieses Gerät nicht Hotswap-fähig ist, obwohl die Harddisks auf leicht ein- und aussteckbaren Trays montiert sind. Schon beim Öffnen der Frontklappe warnt ein Aufkleber, man dürfe die Laufwerke erst nach dem Herunterfahren des Systems austauschen. Hier bietet Netgears ReadyNAS NV+ deutlich mehr Flexibilität im Fehlerfall und beim Erweitern der Kapazität mit zusätzlichen oder grösseren Festplatten.
Drei Desktop-NAS-Appliances mit vier Harddisk-Einschüben im Vergleich