Photoshop frisch aufgelegt

In der CS3-Generation kommt die Referenz- applikation für Bildbearbeitung in zwei Editionen und bringt viele Arbeitserleichterungen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/11

     

Nach längerer Wartezeit hat Adobe seine gesamte Kreativ-Produktepalette in einer neuen Ausgabe auf den Markt gebracht: Die Creative Suite 3 ist da. Neben den von Macromedia übernommenen Web-orientierten Paketen Dreamweaver, Flash und Fireworks hat auch das Bildbearbeitungs-Flaggschiff Photoshop eine Generalüberholung erfahren. Und es ist schon auf den ersten Blick einiges anders als bisher.


Zwei Photoshop-Varianten

Erstmals gibt es in Adobes Bildbearbeitungs-Produktpalette nicht nur eine abgespeckte Variante für Einsteiger – die Rede ist von Photoshop Elements –, sondern auch eine mit zusätzlichen Features für spezielle Anwendungs­gebiete angereichtere «Luxusausgabe»: Photoshop CS3 Extended wartet einerseits mit diversen Features auf, die in der Standardvariante überhaupt nicht enthalten sind. Dazu gehören Funktionen für technisch-wissenschaftliche Anwendungen (Support für Matlab und DICOM, Tools zum Vermessen und Zählen von Bildelementen samt Export der Daten als Excel-Spreadsheet), umfassende Möglichkeiten zur Bearbeitung der Textur von importierten 3D-Objekten sowie den zusätzlichen Ebenen-Typ «Video Layer» mit Features wie Rotoscoping («Movie Paint»), die allerdings nicht als Ersatz für spezifische Video-Effektprogramme wie After Effects zu verstehen sind.
Andererseits bietet die Extended-Ausgabe einige verbesserte Funktionen, zum Beispiel Bearbeitung von 32-Bit-HDR-Bildern und 3D-Messungen mit dem Vanishing-Point-Tool. Ob sich die Anschaffung der wesentlich teureren Extended-Variante lohnt, hängt individuell vom konkreten Einsatz ab. Die 30-Tage-Testversion enthält sämtliche Extended-Funktionen, so dass man sich vor dem Kauf ein exaktes Bild machen kann.


Nützliche Oberflächenkosmetik

Wie bei den anderen CS3-Paketen mit Ausnahme von Dreamweaver und Fireworks, die teils immer noch im Macromedia-Look daherkommen, hat Adobe auch die Photoshop-Oberfläche runderneuert. Die Haupt-Toolbox am linken Bildschirmrand ist nun in der Grundeinstellung ein- statt zweispaltig. Sie wird dadurch zwar länger, spart aber in der Breite an Platz, was sich vor allem auf Notebook-Displays mit beschränkter Auflösung positiv bemerkbar macht. In der Toolbox fällt noch etwas auf: Das Icon zum Wechsel nach Imageready fehlt. Der Grund: Imageready gibt es nicht mehr. In der CS3-Generation überlässt Adobe die Web-spezifischen Funktionen von Imageready dem neu hinzugekommenen Ex-Macromedia-Programm Fireworks. Dieses ist im Photoshop-Paket jedoch nicht enthalten, es ist nur separat oder als Teil einer der sieben CS3-Suiten erhältlich. Die übrigen Paletten wurden in verschiedene Docks gruppiert, die sich jeweils als Ganzes mit einem Klick auf das dem Dock zugeordnete Icon ein- oder ausblenden lassen.
Im Bereich zwischen verbesserter Oberfläche und funktionaler Neuerung liegt das Dialogfenster «Curves»: Die angezeigte Grada­tionskurve ist neu mit einem Histogramm hinterlegt, und auch die Schieber zum Einstellen von Schwarz- und Weisspunkt fehlen nicht. Der Curves-Dialog bietet damit neben den bisherigen Möglichkeiten für Feineinstellung und Mitteltöne gleichzeitig die Funktionalität des Tonwerte-Dialogs, der zwar nach wie vor existiert, im Grunde aber nicht mehr benötigt wird.


Schwarzweiss de luxe

Eine Farbaufnahme in ein Schwarzweissfoto umwandeln konnte Photoshop schon immer – entweder durch Umstellen des Bildmodus oder mit dem Kanalmixer. Photoshop CS3 bietet nun eine dedizierte Funktion für die Schwarzweisskonversion. Im Gegensatz zum Kanalmixer erkennt der «Black and White»-Dialog die Farben im Bild: Wenn beispielsweise Helligkeitswert für Rottöne erhöht wird, werden nur wirklich rote Bildstellen heller dargestellt und nicht sämtliche Farben, die in der RGB-Zusammensetzung einen Rotanteil aufweisen. Es wird sogar noch besser: Man kann auch mit der Maus direkt im Bild eine Farbe auswählen und per Links- und Rechtsbewegung den Helligkeitswert interaktiv verändern. Die Schwarzweissbearbeitung lässt sich auch auf eine Einstellebene legen und ermöglicht so die nichtdestruktive Umwandlung von Farbfotos in Schwarzweissbilder.


Smarte Filter für smarte Objekte

Bereits mit den Smart Objects von Photoshop CS2 liessen sich viele Editieroperationen nichtdestruktiv anlegen, zum Beispiel Anpassungen von Raw-Fotos. In der CS3-Generation werden die Smart Objects noch bedeutender. Mit dem Befehl «Stack Mode» lässt sich die Kombination der Ebenen eines Smart Objects verändern. Im Modus «Median» berechnet Photoshop den Durchschnitt aller Ebenen. So lassen sich zum Beispiel aus mehreren Fotos mit dem gleichen Hintergrund störende Personen entfernen.
Als Ergänzung zu den Smart Objects bringt Photoshop CS3 die Smart Filters: Beliebige Photoshop-Filter wie Schärfen, die das Bild auf Pixelebene manipulieren, lassen sich auf ein Smart Object anwenden und später jederzeit wieder ändern. Der Umgang mit dem Feature ist zwar nicht mit der Leichtigkeit zu vergleichen, mit der man in Programmen wie Lightroom oder Aperture nichtdestruktiv arbeitet. Dennoch sind die Smart Filters eine klare Bereicherung für Photoshop.


Schnell und flexibel selektieren

Das neue «Quick Select»-Tool erleichtert die selektive Bearbeitung bestimmter Bildbereiche zusätzlich. Es handelt sich um eine Kombination von Zauberstab und Pinsel: Überstreicht man bei aktiviertem Tool ein Objekt im Bild, findet Quick Select mit erstaunlicher Genauigkeit den Rand des gewünschten Elements und stellt es frei. Wenn das Objekt sich einigermassen deutlich vom Hintergrund abhebt, genügen oft schon ein, zwei Mausbewegungen.
Die nächste Stufe bildet der «Refine Edge»-Dialog, der die bisherige «Feather Selection»-Funktion dramatisch verbessert: Die freigestellte Auswahl lässt sich ausweiten oder verkleinern, wobei verschiedene Parameter detaillierte Einstellungen ermöglichen. Zur Beurteilung des Ergebnisses lässt sich die Auswahl isoliert darstellen und vor verschiedenen Beispielhintergründen betrachten.


Retusche bis zum Stitching

Mit der «Clone Source»-Palette erleichtert Photoshop CS3 den Umgang mit dem guten alten Stempel-Retuschiertool stark. Die Quelle des Retuschierstempels lässt sich nun auch numerisch einstellen, und der Stempel lässt sich während des Retuschierens drehen und skalieren.
Die neuen Befehle «Auto-Align Layers» und «Auto-Blend Layers» machen Compositing-Aufgaben wie das Zusammenstellen eines Bildes aus Objekten aus verschiedenen Ausgangsbildern zum Kinderspiel. Auto-Align analysiert zwei Ebenen und versetzt den oberen Layer so, dass die beiden Bilder korrekt aufeinander zu liegen kommen. Auto-Blend fügt zwei Ebenen nahtlos zu einem einzigen Bild zusammen. In Kombination machen die beiden Funktionen aus Photoshop eine valable Alternative zu teuren Photo-Stitching-Programmen, mit denen man aus Einzelbildern Panoramen erstellt.


Vorteil Mac und Installationsprobleme

Neben den beschriebenen Neuerungen bietet die neue Photoshop-Ausgabe zahlreiche weitere Verbesserungen. Für die Anwender von Macs mit Intel-Prozessor ist eine lange Wartezeit vorbei: Mit der CS3-Version liegt Photoshop nun endlich als Universal Binary mit nativem Code sowohl für PowerPC- als auch für Intel-CPUs vor. Der Geschwindigkeitsvorteil ist nicht gewaltig, aber merklich. Vor allem aber scheinen Adobes Kreativprogramme in der CS3-Generation deutlich stabiler als die Vorgänger, und davon profitieren auch Windows-Anwender.
Wer bereits die öffentliche Betaversion installiert hatte, sollte unbedingt den Anweisungen folgen und die alte Software entfernen, und zwar mit dem Installationsprogramm. Sonst lässt sich die definitive Ausgabe eventuell gar nicht installieren. Genau so ging es uns: Da wir bereits früher die Betaversion manuell entfernt hatten, mussten wir für den Test auf einen anderen Rechner ausweichen ...

(ubi)


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