Nahezu Patt: Dreamweaver vs. Expression Web
Für Webdesigner, die nicht sowieso auf einen reinen Texteditor setzen, gab es seit Jahren eigentlich keine Alternative zu Dreamweaver. Das mittlerweile bejahrte Programm, ursprünglich von Macromedia entwickelt und mittlerweile in Adobes Creative Suite integriert, kommt fast gleichzeitig mit dem ersten ernsthaften Mitbewerber in einer neuen Version auf den Markt.
Microsoft hatte mit Frontpage zwar viel Erfolg bei Privaten und KMU, die mal rasch eine Homepage zusammenschustern wollten. Seriöse Webprofis dagegen rümpften wegen mangelhafter Unterstützung für Standards und ganz allgemein wegen des Amateur-Image der Software meist die Nase, wenn von Frontpage die Rede war
Dies soll sich mit Expression Web ändern. Das Fazit gleich vorweg: Abgesehen von der naturgemässen Fixierung auf die Windows-Plattform – eine Mac-Version gibt es nicht und wird es wohl auch nie geben, und der Support für serverseitiges Scripting beschränkt sich auf ASP.NET – ist den Redmondern mit dem neuen Webeditor ein ziemlich grosser Wurf gelungen. Expression Web ist alles andere als ein leicht umgestaltetes und umbenanntes «Frontpage 2007». Adobe hält zwar mit der neuen Dreamweaver-Ausgabe problemlos mit, verliert aber zumindest für Windows-zentrierte Webdesigner seine bisherige Exklusivposition.
Standards sind Trumpf
Beide Produkte legen höchsten Wert auf die aktuellen Webstandards. Beim Anlegen einer neuen Webseite bieten Dreamweaver CS3 und Expression Web nur die Wahl zwischen verschiedenen Ausprägungen von HTML 4.01 und XHTML 1.0. Man gerät so erst gar nicht in Versuchung, auf eine ältere HTML-Variante zurückzugreifen.
Mit der Auswahl des Dokumententyps ist es aber nicht getan: Ein modernes Seitenlayout basiert auf CSS 2.1, alles andere ist von gestern. Zwar bieten beide Programme nach wie vor die Möglichkeit, beim Layout mit Tabellen zu arbeiten. Expression Web kennt sogar explizit den Begriff der «Layout-Tabelle» und stellt entsprechende Tools bereit. Schon beim Erstellen einer Seite wird aber optional auch ein CSS-basiertes Layout-Gerüst generiert.
Dabei gehen die Programme etwas unterschiedlich vor: Expression Web stellt neun Layout-Varianten zur Wahl und erzeugt den passenden CSS-Code ohne jeden Kommentar in einem separaten File. Dreamweaver protzt mit 32 Vorlagen in verschiedensten Kombinationen von fixen und elastischen Layouts mit fliessenden oder absolut positionierten Elementen. Der CSS-Code wird wahlweise in den Header der HTML-Seite, eine bestehende oder eine neue CSS-Datei geschrieben. Er ist ausgiebig kommentiert und mit nützlichen Tips angereichert – je nach Situation ein Vor- oder Nachteil: Für eine gute Übersicht empfiehlt es sich, die doch recht länglichen Anmerkungen nach der Kenntnisnahme wieder zu löschen.
Unterschiedlich erfolgt auch die Code-Validierung. Expression Web zeigt in der Code-Ansicht allfällige Fehler laufend an, und zwar im Office-Stil: Unkorrekte Stellen werden mit einer roten Schlangenlinie unterlegt. Bei Dreamweaver wird die Validierung mit dem Menübefehl «Überprüfen/Markup» im Datei-Menü angestossen. Beide Programme bieten über den reinen Syntax-Check hinaus diverse Berichte zur Browserkompatbilität und Barrierefreiheit der erstellten Inhalte.
Die Aufmerksamkeit gegenüber Standards und Accessibility-Richtlinien zeigt sich im Vergleich zu älteren Webeditoren auch in zahlreichen Details. Wenn zum Beispiel als Schriftstil «Fett» eingestellt wird, generieren sowohl Dreamweaver als auch Expression Web strukturell sinnvoll ein < strong >-Tag statt des früher üblichen < font >-Befehls, und beide Programme fordern beim Einfügen eines Bildes korrekt zur Eingabe des alt-Attributs auf.