Digitale Geografie-Welten im Unternehmenseinsatz
Der Mensch ist immer irgendwo. Schon in grauer Vorzeit hat er deshalb begonnen, seine örtlichen Verhältnisse zeichnerisch darzustellen - eine Kunstform, die sich zur Wissenschaft entwickelte und heute als Kartografie bekannt ist. Wie die meisten wissenschaftlichen und künstlerischen Disziplinen profitiert auch die Kartenherstellung vom Computerzeitalter: Noch vor wenigen Jahren war der Beruf des Kartografen dem des Kupferstechers sehr ähnlich; heute entsteht kaum noch Kartenmaterial ohne Software-Unterstützung. Das Thema ist brandheiss -eine Google-Suche nach Schweizer Seiten, die den Begriff GIS enthalten, liefert allein schon 20'800 Antworten.
GIS: Grafikprogramm, Datenbank, Analysetool?
Geografische Karten lassen sich mit jedem Vektorgrafikprogramm im Stil von Illustrator oder Freehand erstellen. Ein echtes geografisches Informationssystem (GIS) geht aber bereits bei der Kartenproduktion wesentlich weiter: Es präsentiert ortsbezogene Informationen, die aus einer Datenbank stammen, in flexibel konfigurierbaren Ansichten. Die Karte wird nicht vom Illustrator gezeichnet, das GIS generiert sie automatisch. Erst danach wird sie allenfalls, entweder im GIS selbst oder in einem Grafikprogramm, ästhetisch verfeinert und mit zusätzlichen Grafiken und Bildern angereichert.
Beim Erstellen der Karte können Massstab und Ausschnitt frei gewählt werden, und es werden aus den gesamten vorhandenen Daten nur gerade die gewünschten Gegenstände zur Anzeige gebracht. Der selbe Datenbestand kann als Basis für eine Strassenkarte oder eine Übersicht über die bebauten Flächen dienen: Die auf dem Markt erhältlichen Geodaten haben zumeist mehrere sogenannte Layer, die der GIS-User für die Präsentation wahlweise ein- oder ausschalten kann. Jeder Layer enthält Objekte eines bestimmten Typs; der Datenbestand besteht zum Beispiel aus Layern mit Strassen, Gebäuden, Gewässern und Kunden sowie einem Layer mit Höhenangaben.
Zu diesen Vektor-Layern, in denen die aus den Geodaten generierten Objekte enthalten sind, können je nach Notwendigkeit und Geschmack Raster-Layer mit fotografischem oder anderweitigem Bildmaterial hinzukommen, zum Beispiel ein Relief oder ein Luftbild. Die Gesamtheit der Layer ergibt die vollständige Karte.
Die Kartenherstellung ist aber nur eine von zahlreichen GIS-Anwendungen. Ein echtes GIS - im Gegensatz zu blossen Karten-Anzeigeprogrammen wie SwissMap - bietet umfassende analytische Funktionen, mit denen sich ortsbezogene Daten miteinander in Beziehung bringen lassen. Das Resultat der Analyse wird dann entweder als Karte oder in Form von statistischen Angaben präsentiert.
Ein Beispiel: Es liegen Datenbanken vor mit Angaben über die Standorte und die Grösse von Schulhäusern, die Anzahl der Kinder pro Altersstufe in jedem Quartier sowie die Quartiergrenzen. Mit dem GIS lässt sich nun zum Beispiel eine Karte erstellen, in der die Stadtquartiere entsprechend dem Verhältnis zwischen der Anzahl Schulplätze und der Anzahl demnächst einzuschulender Kinder verschiedenfarbig dargestellt sind - auf den ersten Blick ist zu erkennen, wo die Schulhäuser ausgelastet sind und wo noch genügend Platz vorhanden ist. Solche Karten, die mit Farben und Symbolen bestimmte Gegebenheiten visualisieren, nennt man thematische Karten.
Ein GIS hat demnach drei Gesichter: Es kann ortsbezogene Daten verwalten, grafisch darstellen und mathematisch analysieren und ist damit gleichzeitig Datenbank, Grafikprogramm und Analysewerkzeug. GIS-Hersteller ESRI formuliert es so: "Ein GIS ist kartografische Software, die Informationen über den Standort von Gegenständen mit Informationen über deren weitere Eigenschaften zusammenbringt."
Es liegt auf der Hand, dass derart komplexe Software nicht wie ein simples Textprogramm auf Anhieb jedem User Nutzen bringt: Der Umgang mit einem GIS erfordert umfassende Kenntnisse der Software und ihrer Möglichkeiten. Ohne eingehende Schulung bringt das beste GIS nichts.