MIX 08: IE 8 und Silverlight 2.0
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/05
Ray Ozzie, Microsofts neuer Chief Software Architect, eröffnete die diesjährige Web-Entwickler-Konferenz MIX 08 in Las Vegas mit einer eindrücklichen Keynote. Ozzie zeigte dabei auf, wie sich Architektur und Businessmodelle von Software künftig verändern werden. Seiner Ansicht nach werden Softwareanwendungen bereits in naher Zukunft stärker über Abonnements und vor allem mittels Online-Werbung finanziert. Ausserdem sieht Ozzie einen starken Trend hin zum Utility Computing, bei dem Software verstärkt in Form von Services angeboten wird.
Dementsprechend wolle Microsoft seine gesamte Software-Palette so umbauen, dass der Kunde die Wahl habe, seine Anwendungen als Dienst aus dem Internet zu beziehen oder Vorort bei sich zu betreiben. Dabei verwies Ozzie auf Windows Live, das zur zentralen Drehscheibe und Entwicklungsplattform für End-User-orientierte Internet-Anwendungen ausgebaut werden soll.
Einer der Höhepunkte der MIX08 war die Ankündigung der Beta 1 des Internet Explorer 8. Der neue Browser soll sich nun deutlich besser an Webstandards (z.B. CSS 2.1, Acid2-Test) halten. Ausserdem ist IE 8 mit einem Debugging-Tool für JavaScript und CSS ausgestattet. Weiter Hauptfeatures sind Activities und WebSlices. Mit letzerer lassen sich Webseiten-Ausschnitte abonnieren und in der Linkbar ablegen. Activities bieten schnellen Zugriff auf Informationen direkt aus einer Webseite heraus. Zum Beispiel kann bei einer Postadresse per Mausklick ein Fenster mit dem entsprechenden Strassenkartenausschnitt eingeblendet werden, der ad-hoc von einem Mapping-Dienst (Google Maps, Windows Live Maps etc.) abgerufen wird. Weitere IE-8-Neuerungen sind Automatic Crash Recovery, erhöhte JavaScript-Performance und AJAX-Navigation-Support.
Pünktlich zur MIX 08 hat Microsoft auch geschafft, eine erste Beta der auf .Net-basierenden Version 2.0 von Silverlight fertigzustellen. Neben den bisher bekannten Funktionen verfügt Silverlight 2.0 neu über eine Adaptive-Streaming-Technologie, bei der die Streaming-Qualität eines Videos automatisch der aktuell vorhandenen Netzwerkbandbreite angepasst wird. Beeindruckend ist die neue DeepZoom-Funktionalität, mit der sich hochauflösende Bilder kombinieren (auch mit Bild-in-Bild-Verküpfungen) und mit einer stufenlosen Zoomfunktionen betrachtet lassen (Beispiel unter http://memorabilia.hardrock.com). Ausserdem bringt Version 2 die bislang schmerzlich vermissten UI-Controls (Textbox, Buttons, Slider, DataGrid etc.) sowie Support für Netzwerk-Protokolle wie REST, SOAP, RSS, POX und HTTP. Eine Offline-Unterstützung fehlt allerdings nach wie vor.
Für Visual Studio 2008 wurde ein passendes Silverlight-2.0-SDK mit einem Silverlight-konformen WPF-Editor, Templates und Unit-Testing-Funktionalitäten lanciert. In Form einer ersten Beta gab Microsoft auch ihre Werkzeug-Suite Expression Studio 2 frei. Die fünf Tools des Pakets (Blend, Design, Encoder, Media und Web), wurden allesamt überarbeitet und mit einer Reihe von neuen Funktionen ausgestattet (www.microsoft.com/expression). Von Expression Blend wurde zudem ein Preview-Release der übernächsten Version 2.5 gezeigt, welche Unterstützung für Silverlight-2.0-Anwendungen bietet.
Die vielleicht grösste Überraschung der Konferenz war die Ankündigung der SQL Server Data Services (SSDS). Dabei handelt es sich um einen auf SQL Server basierenden Datenbank-Dienst, der insbesondere für Web-Anwendungen gedacht ist, welche «im Internet» betrieben werden. Ähnlich wie bei Amazons Simple DB lassen sich Daten über Standardprotokolle wie SOAP oder REST strukturiert speichern. SSDS befindet sich derzeit im geschlossenen Betatest. Bis zur Verfügbarkeit – vermutlich erst 2009 – will Microsoft ein für den Business-Betrieb geeignetes Service Level Agreement (SLA) ausarbeiten und anbieten.
In Zusammenarbeit mit Nokia hat Microsoft eine Silverlight-Version für die S60-Plattform entwickelt. Erste Prototypen von Geräten mit Silverlight-Support wurden auf der MIX 08 bereits demonstriert. Später sollen auch die 40er-Serie und Nokias Internet Tablet Devices mit der neuen Microsoft-Technologie ausgerüstet werden. Damit wird sich die Zahl der mobilen Geräte – bislang war Silverlight lediglich für Windows Mobile geplant – auf einen Schlag markant vergrössern. Erste Silverlight-fähige Nokia-Geräte sollen gegen Ende Jahr verfügbar werden. Bis zu diesem Zeitpunkt soll die Rich-Client-Technologie auch für Windows Mobile bereit stehen.