Breitband: Ruin oder Segen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/20
Bei der Verbreitung von Breitband-Internetzugängen liegt die Schweiz im europäischen Vergleich auf einem Spitzenplatz. Doch für diesen vermeintlichen Erfolg müssen die Markt-Dominatoren Swisscom und Cablecom einen hohen Preis bezahlen. Dies zumindest behauptet die Firma Mercer Management Consulting in einer Untersuchung. Mercers Begründung: «Mit dem ruinösen Preiswettbewerb der Cablecom läuft das Zukunftsgeschäft Breitband Gefahr, eher zum Wertvernichter als zur nächsten Wachstumswelle und zu einem gesunden Geschäftsmodell zu werden.»
Breitband findet man hierzulande in 35 Prozent aller Haushalte, so Mercer. Das Preisniveau liege kaufkraftbereinigt im Schnitt aber 20 Prozent tiefer als in Deutschland und gar 50 Prozent tiefer als in Österreich.
Der Weg aus dieser Provider-Zwickmühle – eine erfreulich hohe Verbreitung bei unangenehm tiefen Preisen – sind gemäss
Mercer Mehrwert-Bündel (Triple Play mit Internet, Telefonie und Fernsehen). Die Richtung also, die Swisscom mit der Lancierung von Fernsehen übers Telefonkabel und Cablecom mit Telefonie über das Fernsehkabel bereits eingeschlagen haben. Doch dieser Weg bietet laut Mercer keinesfalls eine Garantie auf Erfolg. So sind in der Schweiz nahezu 100 Prozent aller trauten Heime sogenannte Multi-Channel-Haushalte – sprich sie empfangen bereits mehr als 30 TV-Programme. Eine Alternative muss deshalb einen wirklichen Mehrwert bieten. Beispielsweise müssten Top-Filme zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Mercer hat festgestellt, dass der Schweizer Konsument bereit wäre, bis zu 15 Franken pro Monat für Video-on-Demand oder Timeshift-TV zu bezahlen. Bei Kommunikationsdiensten würde er bis zu 9 Franken monatlich für Videotelefonie und bis zu 6 Franken für CD-Tonqualität locker machen. Als Voraussetzung für den Erfolg als Triple-Play-Anbieter nennt Mercer zudem die Verfügbarkeit günstiger Endgeräte sowie eine hohe Benutzerfreundlichkeit.
Schafft es eine Firma wie Swisscom schlussendlich, den Kunden vom eigenen Triple-Play-Angebot zu überzeugen, tut sich ein wahres Schlaraffenland auf, wie am Beispiel von Cox Communications in den USA aufgezeigt wird. Die Kündigungsrate der Bündelkunden liegt um 50 Prozent tiefer als bei reinen TV-Kunden. Zudem liegt der durchschnittliche Kundenumsatz mit 105 Dollar um 60 Prozent höher. Auch FastWeb in Italien berichtet von starkem Kundenwachstum und hohen Umsätzen pro Kunden.
Im Hinblick auf eine solche Triple-Play-Strategie wurde nun die Marke Bluewin endgültig in Swisscoms Festnetzsparte Fixnet integriert. Der Provider war im Mai im Hinblick auf einen Börsengang gegründet worden, der nie stattgefunden hat. Nun soll Bluewin längerfristig als Swisscoms Triple-Play-Marke positioniert werden und eine zentrale Rolle im Konzern übernehmen. Um die Wichtigkeit der Bündelangebote vor allem im Hinblick auf die Cablecom-Kokurrenz zu unterstreichen, bezeichnete Swisscom-Chef Jens Alder den TV-Einstieg jüngst als überlebensnotwenig.
Nicht nur der Breitband-Bereich in der Schweiz explodiert, auch im Mobilfunk können erfreuliche Wachstumsergebnisse erzielt werden. Gemäss der Fernmeldestatistik 2003 des Bakom zählte man hierzulande im letzten Jahr 6'189'000 (bei über 7 Millionen Einwohnern) Mobilfunkabonnemente – ein Plus von 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der Festnetzanschlüsse beträgt 4'016'000 (minus 1,5%). Die durchschnittliche Gesprächsdauer auf dem Handy betrug 1,3 Minuten, auf dem Festnetz 3,4 Minuten. Insgesamt wurden 3,1 Milliarden SMS verschickt (plus 3,4% gegenüber 2002).
(mw)