Informatik 2004: Optimieren statt Outsourcen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/21
70 Prozent aller Unternehmen sollen bereits Teile ihrer IT-Infrastruktur ausgegliedert haben, behaupten die Meta-Group-Marktforscher. Sie rechnen damit, dass dieser Anteil innerhalb der nächsten drei Jahre praktisch auf 100 Prozent anwachsen wird. Solche und ähnliche Prognosen findet man zuhauf. Fakt ist auch, dass Outsourcing in der jüngeren Vergangenheit wohl in jeder Firma diskutiert wurde. Für das nächste Jahr aber scheint das Auslagern der Informatik nicht zuoberst auf der Prioritätenliste zu stehen.
Bruno Lüscher, CIO von KPMG Schweiz, kommentiert die Outsourcing-Absichten seines Unternehmens beispielsweise so: "Outsourcing ist nur am Rande ein Thema, allenfalls für gezielt ausgewählte operative Bereiche und nur dort, wo die geforderte Dienstleistung selber nicht wirtschaftlich erbracht werden kann." Auch bei Pharmariese Roche ist "Outsourcing weniger ein Thema", so CIO Jennifer Allerton. TUI Schweiz argumentiert gegen Outsourcing-Pläne mit der Begründung, dass "Outsourcing auch nicht günstiger" sei, da die IT-Gemeinkosten beim Reiseunternehmen ohnehin tief angesiedelt seien. Markus Rinderer, Head of IT Technic & Production bei TUI, führt zudem an: "Branchenspezifische Software ist für ein Outsourcing sehr kostenintensiv."
Bei Versicherern scheint Outsourcing zumindest bedingt ein Thema zu sein. Die Winterthur Group hat den Rechencenter-Betrieb und das Netzwerk bereits ausgegliedert und verkündet, dass "weitere Outsourcing-Pläne geprüft werden." Die Basler Versicherungen geben zu Protokoll, dass sich die IT in gewissen Bereichen dem freien Markt stellen müsse und deshalb Outtasking-Varianten geprüft werden. Olaf Romer, Leiter Informatik-Services, stellt aber klar: "Ein breit angelegtes Outsourcing ist für die
Baloise kein Thema."
Auch Michele Di Pippo, Managing Director von Mercury Interactive Schweiz, stellt fest, dass Outsourcing nicht unbedingt ein Thema sei, wenn er mit Kunden rede. "Die Erwartungshaltung an die IT-Auslagerung war vor einigen Jahren sehr hoch. Firmen wollen heute die bestehende Infrastruktur selber anpassen und optimieren." Aus diesem Grund spürt man bei Mercury Interactive auch ein Anziehen der Auftragslage, hat sich die Firma doch auf Lösungen zur Optimierung von IT-Infrastrukturen spezialisiert.
Und Di Pippo scheint recht zu haben: Fragt man Firmen nach den Trends fürs kommende Jahr, hört man dieselben Begriffe wieder und wieder - "Konsolidierung, Standardisierung, Optimierung", tönt es aus den Kehlen der Schweizer CIOs. Es geht also weiter darum, die Kosten tief zu halten, auch wenn die Budgets tendenziell eher etwas wachsen im nächsten Jahr.
Fragt man abschliessend danach, ob der langerwartete Aufschwung im nächsten Jahr denn auch einsetze, ist grundsätzlich vorsichtiger Optimismus spürbar. Vor allem weisen die IT-Verantwortlichen darauf hin, dass der Aufschwung in der IT erfahrungsgemäss verzögert zum generellen wirtschaftlichen Aufschwung einsetzt. Dazu Walter Sigrist von Swisscom IT-Services: "Erwartungsgemäss muss mit einem Verzug von einem Jahr gerechnet werden, bis die IT-Industrie wieder in Fahrt kommt."