Casinos gewinnen mit Outsourcing

Swiss Casinos bezieht die IT fürs Backoffice seit einigerZeit komplett als Service vom IT-Dienstleister Wagner.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/07

     

Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wollen sich Firmen auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Die IT gehört in vielen kleinen und mittleren Unternehmen nicht dazu. Sie besitzt aber einen grossen Stellenwert, denn ohne sie geht heute meist nichts mehr. Die Anforderungen steigen laufend, die Kosten ebenfalls. Wieso also die IT nicht teilweise oder komplett an einen Spezialisten auslagern?


Genau diese Gedanken machte sich auch Swiss Casinos, Betreiberin und Mehrheitsteilhaberin der Schweizer Casinos in Schaffhausen, St. Gallen und Pfäffikon sowie Teilhaberin der Casinos in Bern und St. Moritz. Die Kernaufgabe des Unternehmens mit seinen rund 300 Mitarbeitenden ist es, den Besucherinnen und Besuchern Glücksspiele und Spass zu bieten, mit allem, was dazugehört. Das ist einiges, vor allem auch eine ganze Menge an IT. Diese teilt sich in den operativen Teil, die sogenannte «Casino IT» (siehe Kasten) und in die IT fürs Backoffice.



Weg mit der IT fürs Backoffice

Die Stärken und das Wissen von Swiss Casinos liegen ganz klar im Bereich des operativen Geschäfts, das sehr anspruchsvoll und einzigartig ist. Allerdings kommt man auch nicht ohne ein gut funktionierendes Backoffice aus. Da man nicht unendliche Ressourcen auf Seiten Mitarbeiter, Geld und Zeit hat, beschloss man, sich auf die Kernkompetenz Casino IT zu beschränken und die restliche IT komplett auszulagern. Seit nun schon ein paar Jahren bezieht man sie komplett als Service.


«Eine solche Dienstleistung macht für uns Sinn», erklärt Patrick Mastai, Geschäftsleitungsmitglied und Bereichsleiter Technik/Sicherheit bei Swiss Casinos. Einerseits bietet so ein Outsourcing gemäss Mastai grosse Kostentransparenz: «Wir haben ganz klare Zahlen und wissen auf den Rappen genau, was unsere IT kostet.» Man weiss es nicht nur genauer, sondern fährt auch günstiger: «Würden wir heute eine Vollkostenrechnung durchführen, so lägen wir ganz bestimmt unter den Kosten, die wir für einen Eigenbetrieb aufwenden müssten», meint Mastai. Ein anderer Vorteil des Outsourcing sei, dass sich so jederzeit ausgewiesene Profis mit aktuellem Know-how um die IT kümmern. Er habe es auch schon erleben müssen, dass gute Mitarbeiter mit viel Wissen das Unternehmen verlassen haben und das dann zu einigen Unannehmlichkeiten führte.


Virtuelle Applikationen und Server

Das Komplett-Outsourcing von Swiss Casinos kann mit dem bekannten Slogan «IT aus der Steckdose» betitelt werden. Der Kunde kauft die PCs und steckt sie ein, alles andere wird automatisch von extern zur Verfügung gestellt. Anbieter dieser Dienstleistung ist bei Swiss Casinos seit nunmehr vier Jahren die Wagner AG. Der IT-Dienstleister, der in Kirchberg (BE), Glattbrugg und St. Gallen zu Hause ist und rund 80 Personen beschäftigt, hat sich ganz auf das Planen, Bauen und Betreiben von IT-Infrastrukturen spezialisiert, auf verschiedenen Outsourcing-Leveln, eben auch bis hin zum kompletten Auslagern der IT.


Als die beiden Partner 2006 in das Abenteuer starteten, verfügten beide Parteien bereits über Erfahrungswerte. Die Backoffice-IT von Swiss Casinos war vorher bereits teilweise ausgelagert und die Wagner AG stattete schon diverse Kunden mit dieser Art Service aus. Aus diesem Grund verlief das Projekt äusserst sportlich. In nur knapp drei Monaten wurde die neue IT-Lösung aufgebaut und konnte mit den Grundfunktionen in Betrieb genommen werden. «Das geht selten so schnell, eigentlich nie», erklärt Thomas Sprecher, Projektleiter und Geschäftsleitungsmitglied von Wagner.


Swiss Casinos bezieht heute von allen drei Casino-Standorten (Schaffhausen, Pfäffikon und St. Gallen) und vom Geschäftssitz in Zürich aus die gesamte IT für rund 140 Benutzer aus dem Wagner-Rechenzentrum in Kirchberg. Das einzige, um was man sich aktuell noch kümmern muss, ist die Infrastruktur vor Ort, also um Drucker, Rechner, Bildschirme etc. Wagner liefert mittels der Applikationsvirtualisierungslösung Citrix Xenapp (ehemals Presentation Server) die benötigte Software aus. Dazu reicht Swiss Casinos eine herkömmliche SDSL-Leitung von Swisscom mit 6000 Kbit/s Down- und 600 Kbit/s Upstream.


Bereitgestellt und betrieben wird von Wagner Software der unterschiedlichsten Art, wie das ERP-System Axapta, die Zeiterfassungssoftware der Zeit AG, Microsofts Office-Suite sowie Outlook mit Exchange 2003. Hinzu kommen natürlich auch diverse Sicherheitssoftwares, Browser und weitere spezielle Programme. Hardwareseitig laufen die ganzen Applikationen im Rechenzentrum auf mit VMware-virtualisierten Servern, die ebenfalls komplett von Wagner betrieben werden. Für die ERP-Lösung gibt es einen dedizierten Server, aber dazu später mehr. Hinzu zum Wagner-Service gehören Hardware-Firewalls vor Ort und natürlich Storage, so viel, wie benötigt wird.



Keine lokalen Installationen

Was ist, wenn man eine neue Software haben will? Lokal kann nämlich nichts installiert werden. Will man also beispielsweise «nur» den Browser wechseln und Googles Chrome anstatt den Internet Explorer, geht das nicht einfach so. Man muss einen Antrag an die IT-Leitung stellen, die ihn dann prüft und schliesslich Wagner den Auftrag erteilt. Dort überprüft man die Machbarkeit und gibt, wenn alles in Ordnung ist, dem oder den Benutzer/n das gewünschte Programm frei.


Bei Swiss Casinos muss man sich also um (fast) nichts kümmern, alles ist jederzeit einsatzbereit. Es entfällt auch das Aufspielen von Patches, das wird je nach Art des Updates mit oder ohne Rücksprache mit Wagner geregelt. «Sicherheitsrelevante Patches werden sofort und direkt von uns aufgespielt», erklärt Thomas Sprecher. Die meisten anderen Programm-Updates, nicht nur kostenpflichtige, werden zuerst mit Swiss Casinos besprochen. Auch der Support wird vollständig von Wagner übernommen, wo man über eine 24-Stunden-Support-Hotline verfügt.


Problem- und Support-Fälle

Bislang klingt alles schön und gut. Aber in der Regel hat jede Lösung ihre Sonnen- und Schattenseiten. Wo liegen oder lagen die Probleme? «So ein Komplett-Outsourcing ist immer eine Herausforderung», berichtet Patrick Mastai. Deshalb habe es – ganz und gar nicht überraschend – auch einige Probleme gegeben. Das grösste sei sicherlich das Auslagern und Bereitstellen der ERP-Lösung Axapta gewesen. Konkret habe man zu Beginn Performance-Probleme gehabt. Also musste man, obwohl es eigentlich funktionieren sollte und man alles probierte, den virtuellen Axapta-Server durch einen dedizierten, physischen ersetzen. «Swiss Casinos hatte zu grosse Reporting-Datenmengen, die den virtuellen Server zu stark auslasteten und die Performance beeinträchtigten», meint Thomas Sprecher. Ein weiteres Problem ergab sich mit einem Excel-Add-on namens Atlas, das man nun via dedizierten Terminal-Server bereitstellen muss.


Diese zwei und weitere, kleine Rückschläge gab es also. Für Swiss Casinos aber kein Grund zur Beunruhigung oder zu Groll, im Gegenteil: «Die Praxis holt einen halt manchmal ein», bilanziert Patrick Mastai. Und solche Problemsituationen gehe man dank dem Komplett-Outsourcing nun auch viel gelöster an, schliesslich müsse man sich nicht mehr selber darum kümmern, sondern der Dienstleistungspartner, in diesem Fall die Wagner AG. Doch auch dort sieht man die Sache gelassen und verweist auf das gute Support- und Technikerteam.


Stellt sich die Frage, wie die Abläufe aussehen, wenn tatsächlich ein Problem auftritt. In diesem Fall wendet sich der Mitarbeiter an den einzelnen Standorten an einen IT-Leiter sowie einige Power-User. Diese versuchen, die Probleme zu lösen und leiten, wenn es nicht klappt oder nicht möglich ist, die Anfrage an den Hauptsitz in Zürich oder direkt an den Wagner-Servicedesk weiter, wo ein fester Mitarbeiter zur Verfügung steht. Dieser trifft sich ausserdem wöchentlich zu einer Sitzung mit den IT-Verantwortlichen von Swiss Casinos und bespricht aktuelle Themen und Probleme.



Migration auf Office 2007 geplant

Wagner und Swiss Casinos arbeiten nun schon seit ein paar Jahren zusammen. Und wie es aussieht, wird diese Zusammenarbeit auch in den kommenden Monaten weitergehen. Gemeinsam hat man auf jeden Fall bereits einige zukünftige Projekte angedacht. «Wir möchten demnächst Office 2007 einführen», erklärt IT-Leiter Patrick Mastai. Das wird auf technologischer Seite gar kein Problem sein. Die Angestellten von Swiss Casinos werden ab einem bestimmten, fixen Zeitpunkt einfach mit der neuen Büro-Software arbeiten, ohne dass vorher an ihren Clients manuell irgendein Update vorgenommen werden musste. Wagner wird ganz einfach ein neues Paket zur Verfügung stellen mit Office 2007. Viel schwieriger wird es für Mastai und sein Team sein, die Mitarbeiter an das neue Office zu gewöhnen.


Auf die Angestellten von Swiss Casinos kommt aber bald noch eine weitere grosse Neuerung zu: Man plant nämlich die bestehenden Desktop-Rechner bald mit Thin Clients zu ersetzen. Einhergehend damit möchte man auch gleich den Schritt von der Applikations- zur Desktop-Virtualisierung machen. Kein Problem, meint Wagner. «Wir haben bereits Erfahrung auf diesem Gebiet, das wäre nichts Neues für uns», erklärt Thomas Sprecher. Ein weiteres, angedachtes Projekt ist ein Intranet auf Basis von Microsoft Sharepoint. In Zukunft wird also vermutlich noch einiges mehr von Wagner betreut und von Swiss Casinos aus der Steckdose bezogen werden.



Die IT im Casino

In einem aktuellen, modernen Casino ist die IT allgegenwärtig. Das beginnt bei den Glücksspielautomaten, mit denen der meiste Umsatz gemacht wird. «Sie sind heute Informatik pur», erklärt Patrick Mastai von Swiss Casinos. Sie sind direkt mit Servern in einem kleinen Rechenzentrum vor Ort verbunden, wo alle wichtigen Daten gesammelt, gesichert und einzelne Anwendungen bereitgestellt werden. Diese Server müssen hochverfügbar sein, sonst gehen dem Casino wichtige Einnahmen verloren.


Das zweite grosse IT-Einsatzgebiet ist die Überwachung. «Im Casino in Pfäffikon haben wir um die 150 digitale Kameras installiert, die 25 Bilder pro Sekunde schiessen», erzählt Mastai. Alles aufgezeichnete Material muss minimal 28 Tage gespeichert werden, was einen Storage-Bedarf von ungefähr 70 TB ergibt.


Ein drittes gutes Beispiel für den IT-Einsatz ist die Zutrittskontrolle. Mitarbeiter sind mittels Badge an ein hochsicheres Zutrittssystem angeschlossen. Casino-Besucher müssen sich mit einem amtlichen Dokument überprüfen lassen bezüglich einer schweizweiten Sperrliste. «Auch dieses System muss hochverfügbar sein», erklärt Mastai. Ausfälle könne man sich generell kaum erlauben.




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