EU-Kommission will die totale Chat-Kontrolle
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EU-Kommission will die totale Chat-Kontrolle

Im Kampf gegen Kindesmissbrauch setzt die EU-Kommission auf massives Geschütz: Anbieter von Chat-Diensten sollen alle Nachrichten ihrer User künftig auf entsprechende Fotos und Videos scannen – auch bei verschlüsselten Chats. Datenschützer sehen darin eine eklatante Grundrechtsverletzung.
11. Mai 2022

     

Die EU-Kommission hat den Entwurf für eine Verordnung vorgelegt, die dem Kampf gegen Kinderpornografie dienen soll. Der bereits heftig kritisierte Hauptinhalt: Anbieter von Chat-Diensten sollen dazu verpflichtet werden, alle Messages auf Fotos und Videos von Kindesmissbrauch hin zu untersuchen. Dies gilt auch für verschlüsselte Chats, wie sie von Whatsapp, Threema, Signal oder iMessages ermöglicht werden.


Konkret würde dies bedeuten, dass die Nachrichten noch auf dem Gerät der Nutzer per Client-side Scanning gescannt werden oder, wie es Apple geplant hatte, per Hashwert mit bereits als Kindesmissbrauch erkanntem Material verglichen würden. Apple musste nach überdeutlicher Kritik von diesem Vorhaben Abstand nehmen und konnte bisher nur einen stark abgespeckten Kinderschutz in iOS integrieren.
Für die EU-Kommission ist die geplante Verordnung verhältnismässig. Datenschutz-Aktivisten und Experten sehen dies völlig anders, so etwa Nationalrätin und Swico-Geschäftsführerin Judith Bellaiche, die sich laut einem Artikel von "Watson" wie folgt geäussert hat: "Eine systematische Kontrolle unserer Chatinhalte ist nicht mit unserem Verständnis von Privatsphäre und unseren demokratischen Grundrechten vereinbar." Oder Rechtsanwalt Martin Steiger, Sprecher der Digitalen Gesellschaft Schweiz: "'Chat Control' wäre das Ende von privater, sicherer und vertrauenswürdiger Kommunikation in Europa. Es gäbe bei der gesamten Kommunikation keine Privatsphäre mehr. Wir alle würden noch stärker ohne Anlass und Verdacht unter Massenüberwachung gesetzt."


Judith Bellaiche will nun einen parlamentarischen Vorstoss lancieren und den Bundesrat damit zu seiner Position zu den Plänen der EU-Kommission befragen. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Adrian Lobsiger hat indes in einer Stellungnahme gegenüber "Watson" betont, dass "Chatkontrollen gegenüber Einwohnerinnen und Einwohnern der Schweiz weder gestützt auf fremdes Recht vorgenommen, noch von schweizerischen Behörden zum Nachteil der Schweizer Bevölkerung verwendet werden dürften." (ubi)

Kommentare
Machen wir uns nichts vor - es geht doch gar nicht um Kindesmissbrauch! Es geht darum, dass die Staatsdienste weltweit in naher Zukunft alle Nachrichten überwachen können. Dasselbe auch bei der Telefonie, die mittels der neuen digitalen Technologie flächendeckend einfachst abgehört, aufgezeichnet und ausgewertet werden kann. Kontrolle total heisst das Credo. Ist schon etwas sehr banal, es auf der Schiene des Kindesmissbrauchs einführen zu wollen.
Donnerstag, 12. Mai 2022, K. Roksi



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