Editorial

Editorial: Breitband vom Chinesen


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/05

     

ln den vergangenen Wochen ist so viel passiert, das es zu kommentieren gäbe – man weiss kaum wo man anfangen soll. Die höchsten Wellen geworfen hat wohl der Fall Huawei. Da erlaubt es sich die chinesische Firma doch, ihre Landsleute mit einem Touristenvisa in die Schweiz zu holen und diese zu Dumping-Preisen – diese Unterstellung erlaube ich mir – für Swisscom und Sunrise arbeiten zu lassen. Eine Sauerei. Dann macht man es lieber so wie Swisscom, verschiebt hiesige Jobs nach Indien und nützt die Leute damit gleich direkt in ihrer Heimat aus…
Okay, ich geb es zu, das war jetzt etwas gemein. Aber dass ein Unternehmen, das die Marke «Swiss» im Namen trägt, zu grossen Teilen dem Staat gehört und seine Kunden fast ausschliesslich im Heimatland hat, Arbeitsplätze nach Indien auslagern will, befremdet halt ein wenig. Auch wenn man aus einer neutralen Perspektive betrachtet Carsten Schloter und Co. eigentlich keinen Vorwurf machen kann. Die Welt ist auch für Swisscom globalisiert, und schliesslich trägt auch Credit Suisse die Schweiz im Namen und die Arbeitsplätze ins Ausland.

Apropos Ausland: Die jüngste Entwicklung bei den Breitbandanschlüssen in Deutschland gibt mir zu denken. Dort hat die Deutsche Telekom jetzt tatsächlich damit begonnen, Volumenbegrenzungen auf ihre DSL-Abos einzuführen. Und dabei ist der Carrier knausrig. Kunden mit einem 16-Mbps-Anschluss beispielsweise dürfen pro Monat maximal 75 GB Traffic generieren, danach wird die Bandbreite auf 384 Kbps gedrosselt. Man rechne: Eine Leitung mit 16 Mbps schafft es, 2 Megabyte pro Sekunde zu übertragen. Nutze ich nun die mir zur Verfügung stehende Bandbreite im vollen Umfang für knapp zehneinhalb Stunden, ist mein monatliches Kontingent aufgebraucht. Bei einem 200-Mbps-Anschluss, wo die monatliche Grenze bei 400 GB liegt, kann ich gar nur knapp viereinhalb Stunden mit der vollen Geschwindigkeit surfen. Ja, ich weiss: Es dürfte schwierig werden, irgendwo eine Quelle zu finden, wo man ununterbrochen Daten mit 200 Mbps saugen kann. Doch trotzdem: Wenn ich für etwas eine monatliche Gebühr bezahle, das ich dann nur einige Stunden im Monat im vollen Umfang nutzen kann, finde ich das irgendwie nicht so lustig. Bleibt zu hoffen, dass das Beispiel unseres nördlichen Nachbarn nicht auch hierzulande Schule macht. Immerhin: Nicht alle Provider in Deutschland führen die Bandbreiten-Begrenzung ein. Kunden, die nicht zufrieden sind, können also ganz einfach ihren Anbieter wechseln – um es mit den Worten Fritz Sutters (auf Seite 18) zu sagen.

Und diese Möglichkeit hätte beziehungsweise hat man auch in der Schweiz. Denn das Breitbandangebot hierzulande ist vielfältiger, als es unsere monopolistisch geprägte Telekom-Vergangenheit und die bis heute andauernden Klagen der Swisscom-Konkurrenz vermuten lassen. Wir haben für diese Ausgabe nicht weniger als 121 Internet-Angebote (ab Seite 42) zusammengetragen – auf Basis von Kupfer-, Koax- und Glasfaser-Anschlüssen. In einer Preisspanne von 34 bis 198 Franken findet man hierzulande Anschlüsse mit Download-Tempi von 5 bis 150 Mbps. Da sollte jeder fündig werden. Einzige Einschränkung: Man kann nie ganz sicher sein, ob die Infrastruktur nicht von chinesischen Touristen gebaut oder von indischen Telefonisten supportet wird. Wer auf Nummer sicher gehen will, soll doch einfach seinen Provider fragen.
(mw)


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