Kristallkugel für Polizeiplaner

Eine neuartige Kriminalitätsvorhersage soll die Verbrechensrate für bestimmte Gebiete abschätzbar machen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/15

     

Tom Cruise jagt in Stephen Spielbergs "Minority Report" Menschen, von denen weissagende Schwestern in Verbindung mit einem Computersystem mit angeblicher Bestimmtheit wissen, dass sie in Zukunft ein schweres Verbrechen begehen werden. Eine beklemmende Vision, von deren unangenehmem Nachgeschmack uns letztendlich nur Hollywoods Pflicht zum Happy-End befreit. In den USA soll die Verbrechensvorhersage aber schon im kommenden Jahr Realität werden.



Die Kriminalitätsvorhersage wird allerdings nicht auf der unausweichlichen persönlichen Ebene erfolgen, die einem in "Minority Report" ein mulmiges Gefühl im Magen hinterlässt. Die Prognose soll vielmehr - ähnlich den Wettervorhersagen - die Verbrechensrate für bestimmte Gebiete abschätzbar machen. Die Polizei erhofft sich dadurch einen gezielteren Einsatz ihrer Kräfte.




Das System beruht auf umfangreichen kriminalistischen Daten, die in den vergangenen zehn Jahren in den Städten Pittsburgh und Rochester gesammelt wurden. Ingesamt sechs Millionen Verbrechen hat ein Team der in Pittsburgh beheimateten Carnegie-Mellon-Universität in einem ersten Schritt nach zeitlich und räumlich zusammenhängenden grösseren Trends durchforstet. Parallel dazu stellten die Forscher eine Indikator-Liste von leichteren Gesetzesübertretungen wie Vandalismus oder Ladendiebstahl zusammen.



Nun kam neuronale Netzwerktechnik zum Zug, um die leichten Vergehen mit den schweren Verbrechen in Verbindung zu bringen. So konnten die Computerwissenschaftler beispielsweise einen klaren Zusammenhang zwischen dem gehäuften Auftreten von Vandalismus und einem Anstieg von Einbrüchen in der gleichen Gegend einen Monat später herausfiltern.



Die Vorhersagekraft des Computermodells stellte sich in ersten Tests als verblüffend hoch heraus. Bis auf eine Gebietsgrösse von zwei bis drei Quadratkilometer lässt sich die Verbrechensrate mit einer Fehlerquote von nur 10 bis 20 Prozent vorhersagen. Die Genauigkeit fällt allerdings auf 50 Prozent, wenn die Indikatoren der leichten Vergehen sehr abrupt ändern.



Das Carnegie-Mellon-Team will nun die Verbrechensvorhersage innerhalb eines Jahres zu einem allgemein auf regionalen Polizeiwachen einsetzbaren Planungswerkzeug ausarbeiten, das einfach zu implementieren und ohne spezielles Training zu bedienen sein soll. Für eine bestimmte Gegend sollte dann nur noch die Eingabe von deren speziellen Faktoren für den Betrieb nötig sein.




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