Schlechte Such-Karten für Microsoft

Nach dem Browser-War nun der Krieg der Suchmaschinen: Google, Microsoft, Yahoo und VeriSign rüsten sich zum Kampf um die suchende Userschaft.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/20

     

Kaum sind die letzten Nachwehen des fast schon legendären Browser-Wars zwischen Netscape und Microsoft um die Prozente im Browsermarkt abgeklungen, beginnt sich der Kampf um die grösste und am häufigsten benutzte Suchmaschine abzuzeichnen. Im Gegensatz zum Browser-War geht es nicht nur um Prestige, sondern auch darum, ein möglichst grosses Stück des Werbekuchens für sich beanspruchen zu können, dessen Gesamtvolumen momentan bei etwa 2 Milliarden Dollar liegt.


Gerangel um Werbekunden

Vor allem Microsoft scheint darauf begierig zu sein, sich über die Suche die Vorherrschaft im Web zu sichern. Der Vertrag mit dem Suchdienst Looksmart, der bisher die Resultate für die MSN-Suche lieferte, wurde kurzerhand gekündigt, nachdem man in Redmond beschlossen hat, künftig selber entwickelte Technologien einzusetzen. Das Abkommen mit dem Pay-for-Performance-Dienstleister Overture verlängerte man zwar bis 2005, was an sich nichts besonderes ist, aber durch die ersten Details zum Windows-XP-Nachfolger "Longhorn", der 2005 veröffentlicht werden soll, an Brisanz gewinnt. Denn man plant in Redmond, in "Longhorn" ein Suchtool fest zu integrieren, das sowohl das Internet als auch das lokale Filesystem abgrasen soll. Der eigentlich Clou dabei: Man lässt die Grenze zwischen lokaler Festplatte und Internet verschwinden und stellt die Inhalte des heimischen Computers dem weltweit zugänglichen MSN-Suchindex zur Verfügung. Ein gigantischer Datenfundus, der, ausgeklügelte Indizierungsalgorithmen vorausgesetzt, die Konkurrenz, bestehend aus Google und Yahoo, alt aussehen lassen könnte. Für Overtures Dienste scheint man dann keinen Bedarf mehr zu haben.



Sowohl Google als auch Yahoo sind aber nicht untätig geblieben. Während Yahoo auf grosse Einkaufstour ging, um sich von Google lossagen zu können, zeigte der Suchmaschinenprimus keine Blösse und zieht ein eigenes Konzept zu einer integrierten Desktop-Suche namens Deskbar aus der Schublade. Das Windows-Plugin, das eine Internet-Suche ohne Browserstart ermöglicht, sorgt dafür, dass sich die Chancen Microsofts auf eine Verbesserung der Marktposition rapide verschlechtern. Zumal Google bis zum Release von "Longhorn" viel Zeit hat, um die User auf die eigene Seite zu ziehen, die auf ihre geliebte Deskbar später kaum verzichten werden wollen.





Übernahmepoker um Google

So bleibt Microsoft nur, Google zu übernehmen und den drohenden Börsengang zu verhindern. Denn würden die Analysten recht behalten und sich die beiden Unternehmen nicht einig werden, könnte Google zwischen 15 und 25 Milliarden Dollar an der Börse lösen, einzelne Exponenten sprechen sogar von 100 Milliarden Dollar. Die an vielen Fronten beschäftigte Microsoft wäre kaum in der Lage, ähnliche Summen in die hauseigene MSN-Suche zu stecken. Ob da die Erfahrung der Gates-Company im Ausstechen von Konkurrenten noch helfen kann, ist zu bezweifeln. Yahoo und andere Dienstleister müssen sich in jedem Fall auf schwere Zeiten gefasst machen.





VeriSign als grosser Spielverderber?

Die grosse Unbekannte im Suchmaschinenpoker ist VeriSign mit ihrem SiteFinder-Dienst, der es auf den sogenannten Trash-Traffic abgesehen hat, welcher von Falscheingaben der Benutzer erzeugt wird. Hier fischte Microsoft bisher mit Hilfe ihres Browsers die Benutzer ab und lenkte sie auf den MSN-Suchdienst um. So hatte man in Redmond sicher wenig Freude gehabt, als VeriSign ihren Sitefinder-Dienst aus der Taufe hob. Sollte VeriSign den Dienst, der momentan auf Druck der ICANN deaktiviert ist, wieder aufschalten, und ausbauen, könnte sie über Nacht zu einer ernsthaften Konkurrenz für die etablierten Firmen mutieren.



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