Acrobat 6.0: Jeder darf seinen Senf dazugeben

Acrobat 6.0 glänzt mit gelungenen Kommentarfunktionen. Leider liessen sich die neuen Features nicht ohne Formatwechsel realisieren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/08

     

Kein Zweifel, Adobe ist es mit dem Portable Document Format gelungen, die IT-Entscheider auf seine Seite zu ziehen. Von Industriefirmen, über Handelshäuser bis hin zu Gemeinden und Behörden setzen sie alle auf PDF-Dateien.



Grafikspezialist Adobe hat seit der Einführung 1993 die PDF-Technologie konsequent weiterentwickelt und legt voraussichtlich im Juni Acrobat 6.0 vor, jene Werkzeugkiste also, die für das Erstellen und die funktionale Kontrolle der PDF-Dateien benötigt wird.




Da die finale Ausführung noch auf sich warten lässt, begnügten wir uns beim vorliegenden Test mit einer Betaversion, die zwar stabil lief, hier und dort aber noch einige Macken aufweist.



Die Installation verlief erwartungsgemäss ohne Probleme. Erwähnenswert ist allenfalls, dass Acrobat 6.0 unter Windows 2000 das Service Pack 2 voraussetzt, was doch eher selten ist. Ebenfalls erstaunlich: Weder Windows 9x noch Me werden von der Professional-Version unterstützt. Anders hingegen die Standard-Ausführung, die auf den älteren Betriebssystemen problemlos eingesetzt werden kann.


Usability im Vordergrund

Adobe hat beim neuen Release den Funktionsumfang in verschiedener Hinsicht erweitert. Schon für die reine Erstellung der PDF-Dateien bieten sich zwei neue Möglichkeiten. Zum einen lassen sich auf Papier vorliegende Dokumente nun mit einer integrierten Texterkennung direkt in PDFs konvertieren, wobei dieselbe OCR-Engine zum Einsatz kommt, die auch bei Adobe Capture verwendet wird. Zweitens - und darauf haben viele schon länger gewartet - lassen sich beinahe beliebige Dokumente in einer Liste zusammenstellen, worauf Acrobat daraus per Mausklick ein einziges PDF generiert. Zwei Haken hat dieses Feature allerdings: Zum einen müssen die Stammapplikationen auf dem Rechner installiert sein, da direkt über den Druckertreiber der Anwendungen gearbeitet wird, zum anderen erfordert der Prozess ganz schön Rechenleistung vom System. Selbst auf einem 2-GHz-Rechner lassen sich andere Tasks daneben kaum mehr betreiben. Nichtsdestotrotz kann man mit diesem neuen Feature sehr viel Zeit sparen, sofern der Prozess beispielsweise vor der Znünipause initiiert wird.



Genauso praktisch ist die Funktion Dateigrösse reduzieren. Wie man richtig vermutet, werden dabei eingebettete Bilder wie auch Schriften neu komprimiert, wodurch sich je nach Ausgangsmaterial massiv Speicherplatz sparen lässt. Die Ergebnisse dieser Funktion sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen, und es empfiehlt sich unbedingt, die ursprüngliche mit der neuen Dateigrösse zu vergleichen. Bei der Neukomprimierung einer ins PDF-Format konvertierten Webseite war das Ergebnis nach der Reduktion um 10 Kilobyte grösser als das Ausgangsmaterial!





Aufs Teamwork optimiert

Wesentlich weiterentwickelt wurden auch die Kommentarfunktionen. Per Menübefehl lässt sich ein Dokument entweder per Mail an die Empfänger verschicken oder das PDF wird auf einem WebDAV-fähigen Webserver (etwa IIS ab Version 5.0) deponiert, wobei das Dokument dann via Webbrowser zur Kommentierung zur Verfügung gestellt wird.



Wählt man die Mail-Variante, wird direkt Zugriff aufs Outlook-Adressbuch oder, sofern ein Exchange-Server im Einsatz ist, aufs öffentliche Adressbuch gewährt. Dass dieser Adresszugriff auch bei anderen Mail-Systemen funktioniert, konnte Adobe Schweiz nicht bestätigen. Leider werden die Namen aber nicht selbständig ergänzt, wie man das von Outlook her gewohnt ist. Wer ein PDF einem "Peter Müller" zustellen will, muss statt "Peter M" wohl oder übel den ganzen Namen eingeben oder ihn aus dem Adressbuch auswählen. Beim Versand erscheint allerdings eine Fehlermeldung, die besagt, dass der Empfänger nicht erreicht werden könne. Dieser Bug muss wohl dem aktuellen Beta-Status von Acrobat 6.0 zugeschrieben werden.




Nachdem die Empfänger ihre Kommentare eingetragen haben, werden diese als Mail-Attachment dem Absender retourniert und beim Öffnen gleich wieder ins Original-PDF integriert. Die Empfänger wie auch deren Rückmeldungen werden ferner in einem Protokoll erfasst. Ausserdem ist es möglich, die Kommentare in einer Übersicht zu filtern und zu sortieren.



Auf den Client-Rechnern der Empfänger muss im übrigen Acrobat 6.0 ebenfalls installiert sein, mit dem Reader allein lassen sich keine Kommentare anfügen. Erst wenn die für KMU eher teuren Serverlösungen vorhanden sind, können den PDFs Rechte verliehen werden, wodurch auch mit Acrobat Reader Kommentare möglich sind.




Formatwechsel

Mit der jüngsten Acrobat-Version hat Adobe auch das Format gewechselt. Zwar lassen sich 6.0er PDFs auch mit dem Reader 5.0 begutachten, doch können neue Features wie beispielsweise JPEG-2000-komprimierte Bilder nicht dargestellt werden, und die Möglichkeit, einzelne Ebenen anzuzeigen, geht flöten. Unternehmen, die einem breiten Publikum somit eine Präsentation im PDF-Format anbieten wollen, tun gut daran, das Dokument in einem älteren Format zu speichern.



Die angesprochenen Layer-Funktionen erweisen sich als besonders wertvoll bei Anwendern, die das Diagramming-Werkzeug Visio oder die CAD-Applikation AutoCAD einsetzen. Dokumente dieser Anwendungen lassen sich nun direkt in PDF-Dateien umwandeln. Dabei bleibt die Ebenenstruktur vollständig erhalten, wobei die Möglichkeit besteht, einzelne Layer auszublenden. Ebenso lassen sich Ebenen gruppieren, womit die Anzeige komplexer Dokumente erleichtert wird.




Des weiteren finden sich verschiedene Detailverbesserungen in Acrobat 6.0. So werden für PDFs im technischen Bereich etwa normierte Grössen wie ARCH, ISO oder ANSI unterstützt. Auch ist es möglich, jetzt eigene Stempel in die Software einzubinden, wobei PDF- oder Bitmap-Vorlagen importiert werden.



Unter dem Strich bietet Acrobat 6.0 eine Fülle von sinnvollen Erweiterungen, die allerdings mehrheitlich ein bestimmtes Zielpublikum adressieren. Ein Update macht insbesondere für Anwender Sinn, die im Team PDFs bearbeiten. Für diese User sind die erweiterten Kommentarfunktionen ein willkommenes Geschenk.



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