Editorial

ADSL-Störfall: Für die Swisscom nur eine Bagatelle?

Das Anliegen der Swisscom-Konkurrenten, dem Ex-Monopolisten endlich die Verantwortung über die letzte Meile zu entreissen, erhält mit der jüngsten Panne erneut an Gewicht.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/40

     

Stellen Sie sich vor, Sie sind stolzer Besitzer eines superschnellen ADSL-Accounts und sind froh darüber, dass Ihr angestaubtes Modem endlich ausgedient hat. Doch plötzlich geht nichts mehr! Schnell hat man alle Einstellungen überprüft und stellt fest, dass auf Client-Seite alles in Ordnung zu sein scheint. Also greift man zum Telefonhörer und ruft die ADSL-Provider-Hotline an. Doch der ansonsten kompetente Supporter weiss von gar nichts, zeigt sich höchst erstaunt und sucht den Fehler beim Kunden. Währenddem tickt der Zähler der gebührenpflichtigen Hotline, und tickt und tickt und tickt...


Kommunikations-Manko

Wie hätte der hilfsbereite Techniker auch ahnen können, dass der Fehler weder auf Kunden- noch auf Providerseite, sondern vielmehr bei der Swisscom zu suchen ist. Diese zeichnet bekanntlich landauf, landab für die letzte Meile verantwortlich, hielt es im jüngsten Störfall aber nicht für nötig, eine effiziente Kommunikationspolitik zu betreiben.



Dass es der Konzern unterliess, seine Wholesale-Abnehmer sofort über den Aussetzer zu informieren, ist typisch für den Telekommunikationsgiganten in seiner Monopolposition. Immerhin ist bei ADSL kein Konkurrent auf dem Platz, der die Kundschaft abspenstig machen könnte.




Das Anliegen der Swisscom-Konkurrenten, dem Ex-Monopolisten endlich die Verantwortung über die letzte Meile zu entreissen, erhält mit dem jüngsten Vorfall erneut an Gewicht. Denn würde auch hier der Wettbewerb spielen, könnte es sich kein Mitbewerber leisten, auf eine Problemsituation wie die bekannten drei Affen zu reagieren, die entweder nichts hören, sehen oder sagen.




ADSL vs. Mobilfunk

Erinnern Sie sich noch an die Mobilfunk-Panne vom vergangenen Sommer, als das Handy-Netz auf der ganzen Linie zusammenbrach? Schnell zeigte sich die Swisscom bemüht, Schadensbegrenzung zu betreiben, und versuchte, mit Bonuszahlungen und Geschenken die erhitzten Gemüter zu beruhigen.



Ob man auf den ADSL-Störfall ähnlich reagiert, wage ich zu bezweifeln. Während das GSM-Netz zu den Kerngeschäften der Swisscom gehört und es hier um jeden Preis gilt, eine Kundenabwanderung zu verhindern, wird das ADSL-Business nach wie vor stiefmütterlich behandelt. Anders als ein Natel-Kunde, der gehätschelt und gepflegt wird, betrachtet man die ADSL-Klientel als Versuchskaninchen. Die Technologie sei eben neu und da könne es halt ab und zu Pannen geben, wird man argumentieren.




Als Wholesale-Abnehmer würde ich mich mit solch fadenscheinigen Begründungen aber nicht zufrieden geben. Vielmehr ist angesagt, beim Herrscher über die letzte Meile eine Entschädigung einzutreiben, um diese dann an die eigenen Kunden weiterzugeben. Zwar bieten solche Goodies nicht wirklich Ersatz für den ausgefallenen Webzugang, doch wird einem immerhin das Gefühl vermittelt, dass man als Kunde ernst genommen wird.



Manch ein ADSL-Nutzer war in diesen Tagen denn auch froh darüber, dass er sein Modem noch nicht entsorgt oder verschenkt hat, konnte man damit doch immerhin die dringendsten Internetangelegenheiten abwickeln - wenn auch im altbekannten Schneckentempo.



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