Teamarbeit im 21. Jahrhundert

Softwarelösungen zur Unterstützung der Zusammenarbeit im Team gibt es wie Sand am Meer. InfoWeek präsentiert eine Auswahl typischer Collaboration-Produkte für KMU.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/21

     

E-Mail ist aus dem Geschäftsleben nicht mehr wegzudenken. Die elektronische Post ist aber längst nicht alles, was Informations- und Kommunikationstechnologien zur Förderung der Zusammenarbeit im Unternehmen und mit externen Partnern beitragen können. So prognostizieren die Marktforscher von Gartner, Instant Messaging sei im Jahr 2010 genau so gebräuchlich wie E-Mail und Videoconferencing werde sich ebenfalls stark verbreiten.
Bereits im laufenden Jahr überschreitet der weltweite Markt für Web-Conferencing- und Team-Collaboration-Lösungen laut Gartner die Grenze von zwei Milliarden US-Dollar, was im Vergleich zum letzten Jahr einem Wachstum von 22 Prozent entspricht. In Westeuropa wachse der Collaboration-Markt 2008 sogar um 26,5 Prozent.


Akzeptanz durchzogen

Auch wenn diese Prognosen geradezu überschwenglich klingen, setzen viele Unternehmen bisher keine Kollaborativsoftware ein – einmal abgesehen vom fast schon obligatorischen Groupware-Server mit
E-Mail, Kontakt-, Termin- und Aufgabenverwaltung. Wo eine Collaboration-Lösung mit weitergehenden Funktionen im Einsatz steht, wird sie zudem oft nur von wenigen Mitarbeitern punktuell für ganz bestimmte Projekte genutzt. Dafür gibt es technische und organisatorisch-menschliche Gründe:



- Manche Collaboration-Tools sind kompliziert zu bedienen und setzen eine eingehende Schulung voraus. Die Kontaktnahme per Telefon oder E-Mail ist einfacher und naheliegender.




- Die Fähigkeiten zum Kommunizieren, Zuhören und gemeinsamen Erarbeiten sind bei vielen Mitarbeitern nicht gerade vorbildlich ausgeprägt. Diesen Missstand behebt auch die ausgefeilteste Kollaborativsoftware nicht.


- Oft weiss man gar nicht erst, wer für eine erfolgreiche Umsetzung einer Aufgabe überhaupt beigezogen werden sollte. Collaboration Tools helfen kaum dabei, ein Team mit den passenden Kräften zusammenzustellen – ihre Funktionen kommen erst dann zum Tragen, wenn das Team bereits steht.



- Kollaborativsoftware bringt den grössten Nutzen für geografisch verteilte Teams. Obwohl diese Form der globalisierten Zusammenarbeit zunehmend wichtig wird, gehen die meisten Projekte nach wie vor konventionell über die Bühne – mit Teams, deren Mitglieder zumindest für die Dauer des Projekts am selben Ort arbeiten und direkt miteinander kommunizieren.


Wenn die Kollaborativsoftware nur für einzelne Projekte eingesetzt wird und nicht als quasi obligatorische, unternehmensweite Informations- und Kommunikationsplattform, ergibt sich zudem eine neue Gefahr: Das erarbeitete Wissen bleibt in den einzelnen virtuellen Arbeitsräumen gefangen, es entsteht für jedes Projekt ein neues «Informationssilo», dessen Inhalt dem Unternehmen als Ganzes nicht zugute kommt.
Ähnliches gilt für die einzelnen Funktionen von Kollaborativlösungen. Das Prinzip «Videokonferenz statt Geschäftsreise» hilft Kosten sparen – aber was geschieht nach der Konferenz mit den erarbeiteten Erkenntnissen? Instant Messaging ermöglicht formlose Konversation – aber wenn der Chat nicht aufgezeichnet und die wesentlichen Aussagen nicht am richtigen Ort abgelegt werden, ergibt sich kein nachhaltiger Nutzeffekt.
Das Fazit: Kollaborativlösungen sollten nicht ohne eine durchdachte Strategie eingeführt werden – mehr dazu lesen Sie im dritten Artikel dieses Schwerpunkts.


Riesige Auswahl, viele Funktionen

Mit ein Grund für die zögerliche Rezeption mag die Unmenge von Produkten und Online-Services sein, die unter der Bezeichnung «Collaboration Software» vermarktet wird. Verzeichnisse wie www.capterra.com/web-collaboration-software führen allein in der Kategorie der webbasierten Kollaborativsoftware gegen zweihundert Produkte auf. Dazu kommen weitere Tools wie konventionelle Client/Server-basierte Groupware-Lösungen, dedizierte Videoconferencing-Systeme sowie Produkte, die nicht via Browser, sondern über plattformspezifische Clients genutzt werden.
Auch bei der Funktionalität besteht die Qual der Wahl. Das Capterra-Verzeichnis nennt unter dem Oberbegriff der Kollaboration von «Action Planning» über «Group Calendars» bis zu «Voting» 31 Funktionsbereiche. Die einzelnen Lösungen implementieren diese Features mit unterschiedlicher Gewichtung in unterschiedlichen Kombinationen.


Übersicht im Produkt-Dschungel

Für unsere Marktübersicht haben wir uns auf Lösungen konzentriert, die sich für kleine und mittlere Unternehmen eignen. Da ein vollständiges Verzeichnis aller existierenden Angebote nur schon vom Umfang her nicht möglich ist, haben wir uns zudem auf ein Produkt pro Hersteller beschränkt. Gleichzeitig haben wir darauf geachtet, möglichst viele funktionale Kategorien mit mindestens einem typischen Vertreter zu berücksichtigen.




- Lotus Domino Collaboration Express und die Zimbra Collaboration Suite sind Messaging-Lösungen mit einem E-Mail-Server im Zentrum. Die IBM-Lösung ist im Vergleich zum «grossen» Domino-Server vor allem vom Lizenzmodell her auf KMU ausgelegt: Die Software wird zu einem fixen Lizenzpreis pro Anwender angeboten, steht aber nur Unternehmen mit maximal 1000 Mitarbeitern (nicht User-Lizenzen!) zum Kauf offen. Die hier aufgeführte «Collaboration»-Variante bietet im Gegensatz zur rund halb so teuren «Messaging»-Edition die Möglichkeit, beliebige bestehende oder neu entwickelte Domino-Applikationen zu nutzen.
Ein weiteres KMU-Produkt von IBM ist Web­sphere Portal Express. Mit dieser Komplettlösung aus Software und Server-Hardware lässt sich ein Intranet-Portal mit Dokumentenmanagement, Präsenzanzeige, Web Content Management und Instant Messaging unkompliziert aufsetzen. Wer Voice- und Web-Conferencing wünscht, wird von IBM mit dem Online-Service Samtime Unyte bedient.






- Workplace vom Zürcher Hersteller Collanos, in der momentan erhältlichen Basisversion kostenlos, und Microsofts Office Groove 2007 arbeiten nach dem Peer-to-Peer-Prinzip und kommen ohne Server aus. Die erfassten Informationen werden zwischen den Rechnern der Teilnehmer automatisch repliziert.
Funktional sind die beiden Produkte vergleichbar: Sie bieten virtuelle Team-Arbeitsräume mit Dokumentenablage, Kontakt-, Termin- und Aufgabenverwaltung sowie Diskussionen und Instant Messaging und eignen sich am besten für ad hoc zusammengestellte Projektteams.
Während Collanos Workplace technisch auf Java und Eclipse basiert und somit auf Windows-, Mac- und Linux-Rechnern läuft, gibt es die Groove-Software ausschliesslich für Windows. Microsofts serverbasierte Collaboration-Lösung Sharepoint Server geht funktional deutlich weiter – vor allem, wenn er nicht bloss out-of-the-box genutzt, sondern als Entwicklungsplattform eingesetzt wird – und erlaubt mit seinem Browser-Interface auch Teilnehmern mit Linux und OS X den Zugriff.




- Die ECM-Lösung Documentum von EMC bietet mit eRoom auch eine Kollaborationskomponente nach dem Modell der virtuellen Arbeitsräume. Mit der auffallend preisgünstigen eRoom SMB Edition macht Insignia, die KMU-Abteilung von EMC, die meisten Features der grossen Schwester auch kleinen Unternehmen zugänglich. Eher für mittlere und grössere Umgebungen bietet sich die Collaboration-Suite von Novell an, erhältlich in den Varianten Teaming (Grundfunktionen wie Dokumentenverwaltung, Diskussionen, Kalender, Wikis, Workflow) und Teaming+Conferencing (zusätzlich Chat, Web- und Voice-Conferencing, Whiteboard-Sitzungen und gemeinsame Nutzung von Anwendungen).




- Basecamp, Teamspace und Webex sind Online-Services, die neben den Grundfunktionen Dokumentenverwaltung, Kontakte, Termine und Aufgaben teils interessante weitere Funktionalität bieten. Der relativ einfach gehaltene Dienst SMBLive Teamspace findet sich neben diversen anderen Anwendungen auf der Swisscom-Onlineplattform Teamnet. Nicht damit zu verwechseln ist Teamspace vom deutschen Hersteller 5 Point. Diese Kollaborativ-Suite, die sich wahlweise als Hosted Service nutzen oder auf einem eigenen Server betreiben lässt, bietet neben den üblichen allgemeinen Dikussionsforen ein Ideenmodul fürs zeitversetzte Brainstorming und ein Innovationsforum, das die Innovationsfindung in Gruppen und virtuellen Teams von der Ideensammlung über die Bewertung bis zur abschliessenden Genehmigung unterstützt. Weboffice gehört seit der Übernahme des Herstellers Webex zum Produktportefeuille von Cisco. Als Besonderheit stehen ein Modul zur Spesenabrechnung und ein Database-Manager zum Erstellen von anwenderspezifischen Datenbanken zur Verfügung.



- Im Zentrum von Netviewer stehen Audio- und Videoconferencing sowie Screen Sharing zur gemeinsamen Arbeit mit einer Anwendung. Dabei lässt sich genau festlegen, welche Anwendungen und Bildschirm­elemente die anderen Teilnehmer sehen können.
Daneben bietet der Dienst einen Sitzungsplaner, einen Umfrage-Manager und einen Text-Chat. Netviewer eignet sich auch als Ergänzung zu Arbeitsraum-basierten Kollaborativlösungen. So bietet der Schweizer Hersteller Adarvo den Netviewer-Dienst als optionalen Zusatz zur eigenen, als Hosted Service angebotenen Informations-, Organisations- und Kommunikationsplattform an.



- Deki haben wir als Beispiel für die zahlreichen Wiki-Implementationen aufgenommen. Wikis bieten genau eine Funktion: Die Teilnehmer arbeiten gemeinsam an Dokumenten, die in Form von Webseiten angelegt werden. Neben dem hier vorgestellten, in einer kommerziellen und einer Open-Source-Variante sowie als Hosted Service erhältlichen Produkt gibt es Dutzende von freien Wiki-Paketen sowie einige kommerzielle Produkte – am bekanntesten sind Confluence und Socialtext.




Software für die Teamarbeit: 14 Lösungen mit unterschiedlichen Funktionen

(ubi)


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