Norton Ghost, die vierzehnte

Mit Neuerungen wie Backup auf NAS-Geräte und optionale Offsite-Kopien eignet sich die neueste Ghost-Version als umfassende Backup-Lösung für einzelne PCs.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/07

     

Ein Softwarepaket namens Norton Ghost gibt es schon lange. Die «alten Hasen» unter den PC-Anwendern dürften sich noch gut an ein äusserlich unscheinbares, aber bestens renommiertes Cloning-Tool mit DOS-Oberfläche erinnern, das von einer Diskette oder CD gestartet wurde und ausschliesslich zum Erstellen von Eins-zu-Eins-Images ganzer Harddisks diente. Was heute unter dem Namen Ghost verkauft wird, beherrscht die Disziplin Disk Imaging nach wie vor – die Software kommt aber seit mehreren Versionen mit einer modernen Windows-Oberfläche daher und kann neben ganzen Harddisks auch einzelne Dateien und Ordner sichern und wiederherstellen.


Fast wie ein Ei dem anderen

Mit anderen Worten: Norton Ghost hat sich zur vollständigen Backup-Lösung für einzelne PCs gemausert und steht damit in Konkurrenz zu vielen ähnlichen Lösungen. Neben verschiedenen Shareware-Produkten gehören dazu auch die in den letzten Monaten bereits getesteten Pakete True Image Home von Acronis und Shadowprotect Desktop von Storagecraft.
Von den Grundfunktionen her, und weitgehend auch in den Grundzügen der Bedienung, gleicht Norton Ghost 14 auffallend den anderen Backup/Imaging-Kombilösungen auf dem Markt:



- Ghost erstellt Backups der gesamten Systempartition oder eines anderen Volume in Form eines Disk-Image. Die Software stellt dabei verschiedene Kompressionsstufen zur Wahl, auf Wunsch speichert Ghost das Image auch unkomprimiert. Empfohlen wird die Stufe «Standard» mit der geringsten Kompression – die beiden weiteren Optionen erzeugen zwar kleinere Images, belasten das System aber stärker, was sich dann bemerkbar macht, wenn man während des Backup-Vorgangs mit dem PC weiterarbeiten will.
Ghost bietet darüber hinaus auch eine Möglichkeit, den Trade-off zwischen Backup-Geschwindigkeit und verbleibender Systemleis­tung unabhängig von der Kompressionsstufe einzustellen: Im Status-Dialog, der über den Verlauf eines Backup informiert, findet sich ein «Leistungsschieber» zum Einstellen der Priorität des Backup-Prozesses.




- Alternativ sichert das Programm einzelne Dateien und Verzeichnisse. Ghost bietet dabei die Möglichkeit, nur Files bestimmter Typen ins Backup zu übernehmen, zum Beispiel alle Bilder oder alle JPG-Dateien. Eine weitere Option sichert sämtliche Files im Stammverzeichnis des angemeldeten Users sowie alle Benutzereinstellungen. Leider offeriert Ghost beim dateibasierten Backup ansonsten weniger Flexibilität als beim Imaging – das Backup wird zwar ebenfalls komprimiert, die Kompressionsrate lässt sich aber nicht einstellen.
Auch der Leistungsschieber steht mit einer merkwürdig anmutenden Begründung nicht zur Verfügung: «... da derzeit keine Vorgänge stattfinden.»



- Die Backups lassen sich mit einem Passwort sichern und AES-verschlüsseln. Ghost unterstützt Schlüssellängen von 128, 192 oder 256 Bit.



- Ghost beherrscht bei der Sicherung ganzer Volumes Vollbackups und inkrementelle Backups. Bei einem inkrementellen Backup werden nach einem ersten Vollbackup jeweils nur die Änderungen zum vorhergehenden inkrementellen Backup-Schritt gesichert. Das spart Zeit bei der Ausführung der Backup-Jobs und Platz auf dem Backup-Medium. Wie bei den Konkurrenzprodukten lässt sich auch bei Ghost festlegen, in welchen Abständen jeweils wieder ein Vollbackup erstellt wird beziehungsweise wie viele inkrementelle Schritte behalten werden sollen.



- Backups lassen sich einmalig manuell anstossen oder zeitgesteuert sowie beim Eintreffen bestimmter Ereignisse automatisch durchführen. Ein Backup kann an bestimmten Wochentagen zu bestimmten Zeitpunkten, beim Starten eines bestimmten Programms, bei der Installation neuer Software, bei der An- oder Abmeldung eines beliebigen Benutzers oder aber dann ausgelöst werden, wenn die seit dem letzten Backup hinzugekommene Datenmenge einen bestimmten Wert überschreitet. Zeitplanung und Ereignissteuerung lassen sich für jeden Backup-Vorgang separat festlegen.



- Mit der beiliegenden Recovery-CD lässt sich der PC auch dann noch starten, wenn das auf der Harddisk installierte System nicht mehr funktioniert. Das System lässt sich dann von einem entfernt gespeicherten Image wiederherstellen. Es empfiehlt sich jedoch, nicht einfach die mitgelieferte «Symantec Recovery Disk» SMD zu verwenden, sondern eine angepasste Wiederherstellungs-CD zu erstellen, die auch wirklich sämtliche Treiber enthält, die auf dem System benötigt werden. Das Programm bietet dazu Funktionen zur Treiberprüfung und zum Erstellen indivueller Recovery-Disks.



- Mit der Funktion «Ligths Out Restore» lässt sich ein PC sogar aus der Ferne komplett wiederherstellen, sofern das Dateisystem der Boot-Harddisk noch intakt ist. Ghost installiert dazu eine angepasste Variante der Recovery-Umgebung in der Boot-Partition und fügt eine entsprechende Option ins Boot-Menü ein. Der PC lässt sich dann von einer entfernten, mit Symantecs Remote-Control-Sofware pcAnywhere ausgerüsteten Station übers Internet in die Recovery-Umgebung booten und wiederherstellen, als hätte man lokal eine Recovery-CD eingelegt.



- Ghost ist zwar keine eigentliche Netzwerkbackuplösung. Seit Version 12 ermöglicht die Software aber die Fernsteuerung anderer Ghost-Installationen. Die Ghost-Oberfläche dient in diesem Fall auch als zentrale Konsole für die Planung und Überwachung der Backups auf allen PCs im LAN, auf denen der Ghost-Dienst läuft. Soll ein PC so ferngesichert werden, muss er im Menü «Computer» unter Angabe des Computernamens oder der IP-Adresse erfasst werden, danach erscheint er in der Ghost-Oberfläche und kann genau gleich wie der lokale PC verwaltet werden.



- Wie die anderen vergleichbaren Produkte setzt auch Ghost für die Backups auf ein eigenes Dateiformat. Nur Ghost selbst kann mit den gesicherten Daten also etwas anfangen. Immerhin enthält das Paket neben der Hauptapplikation auch einen «Recovery Point Browser», mit dem sich die Backups im Explorer-Stil durchforsten und einzelne Dateien oder Verzeichnisse mit einem Mausklick wiederherstellen lassen.


Bedienung meist erfreulich

Mit Norton Ghost 14 steht der von vielen PC-Anwendern ziemlich stiefmütterlich gehandhabten regelmässigen Datensicherung zumindest keine ästhetisch unbefriedigende Oberfläche oder schwierige Bedienung entgegen. Die Installation ist rasch erledigt, nach einem obligatorischen Neustart ist der Ghost-Dienst aktiv und wartet auf Backup-Aufträge.


Die Oberfläche ist klar gegliedert und unterstützt auch unerfahrene Anwender mit Assistenten, Dialogboxen und einem recht ausführlichen Hilfesystem. Einige Optionen sind allerdings gut versteckt: Bei der Zeitplanung für einen neuen oder anzupassenden Backup-Job präsentiert der Assistent zunächst nur eine Auswahl von Wochentagen und eine Zeitangabe. Will man öfter als einmal täglich sichern, lässt sich dies nur nach einem Klick auf den Button «Erweitert» angeben. Dann erscheint ein separates Dialogfenster, in dem man die Anzahl der Backups pro Tag und das gewünschte Intervall zwischen den Sicherungen festlegt.



Sehr übersichtlich ist die Darstellung der bereits definierten Backups: Klickt man im Hauptfens­ter auf den Karteireiter «Status», erscheint ein Kalender, der die geplanten und erledigten Backup-Jobs tageweise zu jedem Volume anzeigt. In einer separaten Zeile sind die Datei- und Ordner-Backups zusammengefasst, und beim Klick auf ein Volume erscheinen im unteren Fensterbereich detailliertere Angaben.


Neben den via Karteireiter am linken Fensterrand zugänglichen Hauptfunktionen «Home», «Status», «Tasks» und «Tools», die mit klaren, verständlich beschrifteten Optionen aufwarten, bietet die Ghost-Oberfläche unter «Erweitert» eine Art Expertenmodus, in dem praktisch alle Programmfunktionen mehr oder weniger direkt zugänglich sind.


Neu und exklusiv

Mit den neuen Funktionen von Version 14 schliesst Ghost in einigen Bereichen endlich zur Konkurrenz auf, und auch einige exklusive Features sind dazugekommen. Ghost sichert in der neuesten Version auch auf NAS-Geräte, ohne dass das dazu genutzte Netzwerk-Share auf dem PC als Netzlaufwerk verbunden sein muss. Die benötigten Authentifizierungsinformationen gibt man entweder als Default in den Voreinstellungen oder individuell bei der Definition eines neuen Backup-Jobs an.


Als Ergänzung zur Sicherung auf dem lokalen PC oder einem Netzlaufwerk bietet Ghost beim Backup ganzer Volumes neu sogenannte Offsite-Backups an: Die erstellten Recovery Points werden dabei auf Wunsch redundant auf einen entfernten FTP-Server kopiert. Pro Backup-Auftrag lassen sich maximal zwei unterschiedliche Ziele für Offsite-Kopien definieren. Der Kopiervorgang erfolgt jeweils im Hintergrund mit niedriger Priorität, nachdem das reguläre Backup abgeschlossen ist.



Die Suche nach einzelnen Dateien in einem Disk-basierten Backup unterstützt Ghost 14 mit einer Funktion, die Symantec als «exklusiv» positioniert: Wenn auf dem System Google Desktop installiert ist, katalogisiert Ghost beim Erstellen eines Recovery Point auf Wunsch jede Datei. Auf dieser Basis findet man mit Google Desktop rasch heraus, wo ein bestimmtes File gesichert wurde. Mehr bietet die Exklusivfunktion allerdings nicht – der Inhalt der einzelnen Files wird nicht indexiert, so dass man ausschliesslich nach Dateinamen suchen kann.


Ein weiteres vom Hersteller gross herausgestrichenes Feature ist wohl eher als Spielerei mit fast schon fraglichem Praxisnutzen zu sehen: Symantecs Forschungsteam Threatcon analysiert laufend die Bedrohungslage im Internet und stuft die aktuelle Gefahr anhand einer fünfstufigen Skala von «keine erkennbare Sicherheitsbedrohung» bis «extreme globale Sicherheitsbedrohungen» ein – ganz im Stil der Terrorwarnstufen der US-Regierung. Norton Ghost 14 kann beim Erreichen einer bestimmten Gefahrenstufe automatisch ein inkrementelles Backup auslösen. Das kann in gewissen Situationen durchaus nützlich sein. Für einen marktführenden Security-Anbieter ziemlich bedenklich ist allerdings das für die Funktion vorgesehene Einsatzszenario: Symantec meint nämlich, es handle sich um «eine nützliche Funktion für Computer ohne Virenschutz» – und so etwas sollte es eigentlich überhaupt nicht geben.

(ubi)


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