Kombigeräte: Die Wollmilchsau am Arbeitsplatz

Für wenig mehr Geld, als ein Drucker kostet, erledigen die getesteten Kombigeräte Druck, Fax, Scan und Kopie in erfreulich guter Qualität.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/28

     

Sinn und Nutzen von Multifunktionsgeräten waren in der Vergangenheit immer etwas zweifelhaft: Meist vermochten einzelne Funktionsbereiche trotz vergleichsweise hohem Preis des Kombinationsgeräts nicht zu überzeugen. Entweder war der Drucker lahm, oder die Auflösung des Scanners liess zu wünschen übrig.


Multifunktionsgeräte heute lohnend

Dies scheint sich in der neuesten Generation geändert zu haben: Wir konnten die drei Modelle Brother MFC-590, Canon SmartBase MPC600F und HP PSC 950 einem eingehenden Test unterziehen und sind generell mit Handling, Qualität und Preis/Leistungsverhältnis zufrieden. Die Voraussetzungen für den Test: Wir haben Geräte im Preisbereich zwischen rund 700 und 850 Franken untersucht, die mit einem farbfähigen Tintenstrahldrucker, einem Flachbettscanner sowie einer Faxfunktion ausgestattet sind. Aus diesem Grund kam beispielsweise das bekannte Haus Lexmark nicht in die Ränge: Dort gibt es nur Multifunktionsgeräte ohne Faxfunktion.



Die Auswahl der Geräte ergab sich aus dem Anwendungsgebiet, für das sich Multifunktionsgeräte unserer Meinung nach am besten eignen: den Einzelarbeitsplatz im Home-Office, im KMU oder in der Arbeitsgruppe. Weniger relevant scheint uns die Multifunktionalität bei abteilungsweit genutzten Geräten (wer will schon jedes Mal zum zentralen Druckerraum rennen, wenn eine Scan-Vorlage eingelegt oder ein Fax entgegengenommen werden soll?). Da der Durchschnittsbürolist heute ausser Geschäftsbriefen gerne auch mal ein Foto oder eine Präsentation ausdruckt, kamen statt laserbasierten Druckwerken farbige Tintenstrahler zum Zug. Als Kopierer eignen sich hingegen ausschliesslich Geräte mit Flachbettscanner - die gelegentlich auch noch anzutreffenden Modelle, die nur über einen Einzelblatteinzug verfügen, kamen nicht in Betracht.





Brother MFC-950

Brother hat zwei Inkjet-basierte Kombigeräte im Programm: den MFC-580 mit Einzug- und den MFC-590 mit zusätzlichem Flachbettscanner. Für unseren Test haben wir deshalb den MFC-590 gewählt, der mit 669 Franken zu Buche schlägt.



Das Gerät ist gegenüber den getesteten Modellen von HP und Canon etwas voluminöser, beansprucht jedoch ebenfalls nicht allzu viel Platz im Büro. Der senkrecht stehende Papiereinzug fasst 100 Blatt - genug für einen Arbeitsplatzdrucker; wer aber bei längerer Abwesenheit zahlreiche mehrseitige Faxmeldungen erhält, wird gerne vom 170-Seiten-Faxspeicher profitieren. Ansonsten bietet das Gerät durchschnittliche technische Daten: Scanner mit 600x2400 dpi optischer Auflösung bei 36 Bit Farbtiefe, Druckauflösung 2400x1200 dpi bei einer Maximalgeschwindigkeit von 12 Seiten pro Minute im Draft-Modus, Anschluss an den PC via USB (getestet) oder Parallelport. Wie das Canon-Modell und im Gegensatz zu HP arbeitet der Brother mit vier getrennten Tintenpatronen für die Grundfarben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz.




Die Installation des MFC geht reibungslos über die Bühne, dauert jedoch einige Zeit - man sollte mit mindestens einer halben Stunde zwischen dem Auspacken und dem ersten Ausdruck rechnen. Insbesondere das Reinigen und Kalibrieren der Druckköpfe schien uns etwas langwierig, zumal beim ersten Testausdruck drei der vier Farbflächen deutliche weisse Streifen zeigten, die erst nach einer zweiten Druckkopfreinigung verschwanden. Etwas irritierend ist bei der ersten Benutzung das deutliche Klopfgeräusch, das der Drucker im Betrieb von sich gibt - man gewöhnt sich jedoch rasch daran. Und das Gerät zeigt durchaus ansprechende Resultate beim Drucken und Kopieren: Das vollfarbige A4-Titelblatt einer Zeitschrift war in 96 Sekunden kopiert und zeigte intensive, satte Farben. Auch die Druckgeschwindigkeit (75 Sekunden für unsere Testseite mit drei Vierteln Text und einem Farbportrait) kann sich sehen lassen.



Beim Scannen von Farbvorlagen stört etwas, dass analog zum Faxen die Default-Auflösung auf 200x200 dpi eingestellt ist; wer hier bessere Qualität will, muss dies explizit anwählen. Der 200x200-dpi-Scan einer A4-Farbseite dauerte direkt aus Photoshop heraus 35 Sekunden. Zum Scannen bieten alle drei Geräte übrigens neben dem Twain-Treiber, der aus einer Applikation auf dem PC heraus aufgerufen wird, auch eine Scan-Taste am Gerät selbst, die je nach Konfiguration automatisch die gewünschte Anwendung startet.



Der Brother-MFC kommt mit einer reichhaltigen Sofwareausstattung: Neben den Systemtreibern zum Drucken und Scannen und der obligaten Faxsoftware umfasst die MFC Software Suite auch das Dokumentenverwaltungsprogramm Paperport und die OCR-Software Textbridge. Bei der Installation werden diese Programme automatisch mitinstalliert, ebenso das MFC-Control-Center, das beim Systemstart geladen wird und per Taskleisten-Icon diskreten Direktzugang zu allen Einstellungen und Funktionen des Geräts bietet.




Canon SmartBase MPC600F

In der Grösse liegt das Canon-Gerät zwischen den Modellen von HP und Brother; punkto Preis ist es mit 849 Franken das teuerste der getesteten Modelle. Die meisten Features gleichen dem Gerät von Brother: Auch Canon setzt auf einen senkrechten Papierschacht mit 100 Blatt, hat einen Sheet-Feeder intregiert, scannt mit einer optischen Auflösung von 600x1200 dpi und druckt mit vier separaten Patronen und 2400x1200 dpi über die Parallel- oder USB-Schnittstelle. Die Geräte sehen auch ganz ähnlich aus. Interessant: Der MPC600F bedruckt neben normal schwerem Papier in verschiedenen Qualitäten auch Spezialmedien mit bis zu 245 Gramm pro Quadratmeter.



Die Softwareinstallation ging auch bei diesem Gerät ohne grössere Probleme vonstatten. Sie erfolgt, im Gegensatz zum Brother-Modell, direkt nach dem Anbringen von Geräteteilen wie Papiereinzug und Ablage und ist in rund einer Minute erledigt; die Kalibrierung des Druckwerks geschieht erst später: Vor dem ersten Ausdruck verlangt der Treiber, man möge doch eine "Kopfausrichtung" vornehmen, die - etwas kompliziert - anhand von zwei separaten Testausdrucken mit jeweils sechs Mustergruppen für die horizontale und vertikale Ausrichtung zu erledigen ist.




Die Multipass-Software ist identisch mit der Suite, die den übrigen Canon-Multifunktionsgeräten beiliegt, und präsentiert sich dem PC-Benutzer etwas aufsässig: Oberhalb der Taskleiste erscheint bei installiertem MPC ständig ein kleines Fenster zur "Statusüberwachung", in dem der aktuelle Zustand des Geräts in Echtzeit angezeigt wird. Funktionswahl und Einstellungen erfolgen über eine separate Symbolleiste mit grossen Buttons in Blau- und Goldtönen; hier sind insbesondere die umfassenden Einstellmöglichkeiten zu erwähnen. Funktionen wie Faxen und Scannen dagegen startet man mit Vorteil über den Twain-Treiber aus der Bildbearbeitung beziehungsweise mit den Buttons direkt am Gerät.
Druck- und Kopiergeschwindigkeit überzeugen, sind aber trotz vollmundiger Versprechen auf der Verpackung ("Hohe Kopiergeschwindigkeit - 17 bzw. 10 Seiten pro Minute") dem Speed der übrigen Geräte keineswegs überlegen. Im Test benötigte der Canon-MPC sage und schreibe 135 Sekunden für die vollfarbige A4-Kopie unseres Zeitschriftentitels; die Druckgeschwindigkeit lag mit 72 Sekunden für den Erstausdruck unseres Testdokuments im Bereich des Brother-Modells.



Den Scan-Vorgang erledigt das Canon-Gerät praktisch genauso flott wie der MFC von Brother - ein zusätzlicher Hinweis auf die weitgehende funktionale Ähnlichkeit der beiden Modelle: Ein 200-dpi-Scan der selben Titelseite, die wir im Kopiertest verwendeten, war in 36 Sekunden erledigt. Gemessen haben wir übrigens die Zeit, die nach erfolgtem Prescan bis zum Erscheinen des gescannten Bildes in einem Photoshop-Fenster verstrich. Der Canon-Scannertreiber Scangear wirkt von der Oberfläche her durchgestylter als das Brother-Pendant und bietet neben der Basisbetriebsart für Einsteiger einen erweiterten Modus, der unter anderem zusätzlich die Tonwertkorrektur direkt aus dem Treiber heraus ermöglicht.




HP PSC 950

Hewlett-Packard erschwert dem Multifunktions-Tester die Wahl des Testobjekts dramatisch: Aus der HP-Küche kommen mehr als ein halbes Dutzend Inkjet-Kombigeräte, die je nach Herstellerpositionierung entweder "Deskjet" heissen oder eine anderweitige Bezeichnung tragen. Wir haben den für den Soho-Markt positionierten PSC 950, der unter anderem bei Massenanbietern wie Interdiscount erhältlich ist, aus folgenden Gründen gewählt: Das Modell bietet wie die Vergleichskandidaten sämtliche Kombifunktionen inklusive Flachbettscanner und glänzt mit guten technischen Daten: Das Druckwerk ist mit herstellerspezifizierten 12 Monochrom- und 9 Farbseiten pro Minute nicht das allerschnellste, liegt aber im Rahmen der Test-Mitbewerber. Der Preis, 699 Franken, ist im Bereich des MFC von Brother angesiedelt.



Einziger Pferdefuss: Der PSC 950 verfügt nicht über einen automatischen Dokumenten-Feeder - dafür müsste man bei HP die 999 Franken auslegen, die der OfficeJet D145 bei ansonsten ähnlichen Merkmalen kostet: Wie der PSC 950 bietet auch der D145 nur einen USB-Anschluss - die Abwesenheit der antiquierten Parallelschnittstelle ist heute aber fast eher ein Vor- als ein Nachteil. Sehr ärgerlich fällt aber auch hier auf, dass dem Gerät kein USB-Kabel beiliegt - Liebe Hersteller, das ist geizig und kundenunfreundlich gedacht!




Die Besonderheit der zwei genannten HP-Modelle: Sie sind zusätzlich mit Steckplätzen für CompactFlash, Smartmedia und Memory Stick ausgestattet und bieten neben dem flachliegenden 100-Blatt-Fach für A4-Papier den von der Photosmart-Serie bekannten separaten Einzug für Fotopapier im Format 10x15 Zentimeter: Die Geräte eignen sich bestens auch für den Ausdruck von Fotos direkt ab Digitalkamera, eine Aufgabe, die im Büroalltag zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die restlichen technischen Daten entsprechend weitgehend der Konkurrenz - Drucken mit 2400x1200 dpi, Scannen mit 600x1200 dpi optisch.



Das HP-Gerät erfrischt durch geringes Volumen - möglich wohl nicht zuletzt dank dem externen Netzteil - und eine angenehm unaufdringliche Software: Der "HP Director", der analog zur Symbolleiste von Canon und zum Control Center von Brother Zugriff auf die Hauptfunktionen und Einstellungen gibt, erscheint nur auf Wunsch auf dem Bildschirm und belegt auch keinen Platz in der Taskleiste. Dafür dauerte die Installation etwas lang: Es verstrichen etliche Minuten bis, dankenswerterweise ohne Notwendigkeit manueller Eingriffe, die Treiber und Softwarekomponenten für alle Gerätefunktionen installiert waren.



Der PSC überzeugt durch hohe Geschwindigkeit: Trotz offensichtlicher Ausrichtung auf den Home- und Small-Office-Markt scannte das HP-Gerät mit 16 Sekunden am schnellsten, und auch die Zeit für den Erstdruck war mit 45 Sekunden für unsere Testseite erstaunlich hurtig. Die Kopierfunktion erledigte ihre Aufgabe dagegen mit dem eher gemächlichen Speed von 130 Sekunden.



Zudem in der Print-Ausgabe: Drei Multifunktionsgeräte im Quervergleich



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