Kompakte Server auf dem Vormarsch

Kompakte Rackmount-Server und ultrakompakte Server Blades stehen bei vielen Herstellern hoch im Kurs – sie brillieren jedoch mehr in grossen Serverfarmen als im KMU.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/06

     

Schluss mit quadratkilometer-grossen Serverfarmen: Früher waren Server gross und massig und beanspruchten ganze Geschosse am Firmensitz. Die neue Strategie sieht in manchem Unternehmen anders aus, denn Gebäudefläche kostet - je weniger Platz das Data Center beansprucht, desto geringer fällt die Miete aus. Man ersetzt deshalb zunehmend die traditionellen "Kühlschränke" durch Racks, die mit kompakten Servern in standardisierter Grösse gefüllt werden.




Das typische Server-Rack misst in der Höhe 42 Einheiten, wobei eine Einheit 1,75 Zoll beziehungsweise 4,45 Zentimetern entspricht. Als typische Grösse für Servermodule haben sich drei Höheneinheiten etabliert - ein Rack fasst dann also 14 Server.


Noch kompakter: Die Pizza-Box

Die Serverdichte erhöht sich schlagartig, wenn ein Servermodul nur noch eine Höheneinheit misst und damit in etwa die Dimensionen einer amerikanischen Pizzaschachtel einnimmt. In den letzten Jahren haben alle Serverhersteller entsprechende Modelle auf den Markt gebracht. Beispiele sind die PowerEdge-Modelle 350 und 1550 von Dell, der HP LP 1000r, die xSeries 300 von IBM, die Proliant-Modelle DL320 und DL360 sowie der Alphaserver DS10L aus dem Hause Compaq. Ein Rack fasst bis zu 42 solche Einheiten und kann nach und nach bis zur vollen Kapazität ausgebaut werden - ideal für das wachsende Unternehmen, das auch bei sprunghaft steigendem Geschäftsgang nicht gleich beim Rechenzentrum anbauen muss.



Im schlanken 1U-Gehäuse finden ein Motherboard mit einem oder zwei Prozessoren, üblicherweise Pentium III bis 1,4 GHz, bis zu vier Gigabyte RAM, ein bis drei Hotswap-Harddisks, ein oder zwei PCI-Slots sowie zwei Netzwerkports Platz. Die integrierten Harddisks dienen meist nur internen Zwecken; für die eigentliche Datenhaltung sind die Server-Racks über ein SAN mit Storage-Einheiten verbunden.




1U-Kompaktserver werden, zusammen mit den etwas grösseren 2U-Varianten, zunehmend zum Standard für die verschiedensten Anwendungsgebiete. Es ist auch zu erwarten, dass im Pizza-Box-Format künftig noch mehr und schnellere Prozessoren, Harddisks und I/O-Ports konzentriert werden. Darüber hinaus ist das Kompaktdesign auch für viele Server-Appliances mit pfannenfertiger, genau definierter Einzelfunktion wie Fileserver, Web-Proxy, Mail-Gateway und Firewall äusserst beliebt.




Einsatz lohnt nur mit Planung

Die Vorteile sind unbestritten: Mit Kompaktservern spart man Platz im Rechenzentrum und erhält mit einigen Dutzend bis einigen Hundert Einheiten plus passender Clustering-Software die Leistung eines Supercomputers zum vergleichsweise geringen Preis. Dennoch sollten beim Einsatz einige Punkte beachtet werden:




• Mehr Server verbrauchen mehr Strom: Ein Rack mit 42 1U-Servern belastet die Elektroinstallation kaum weniger als 42 einzelne Tower. Je nach der bisherigen und neuen Ausstattung des Rechenzentrums müssen eventuell die Stromverkabelung erneuert, die Kapazität der USV-Anlage erhöht und der Gebäudeanschluss verstärkt werden.





• Ein 42-Server-Rack generiert viel Wärme - was mit der Stromversorgung beginnt, geht bei der Raumbelüftung weiter. Je nach Anzahl und Plazierung der Racks werden spezielle Klimaanlagen und sogar die aus Mainframe-Zeiten bekannten erhöhten Böden nötig.




• Je mehr Server im Rack, desto mehr Kabel: Jede einzelne Einheit muss an die Energieversorgung, ans LAN und eventuell ans SAN angeschlossen werden. Nur eine sehr sorgfältige Verkabelungsplanung verhindert, dass das Data Center wie nach einem Bombeneinschlag in der Kabelfabrik aussieht.




• Ohne Management geht's nicht: Einzelne Server lassen sich ohne viel Aufhebens administrieren. Eine grössere Serverpopulation wird ohne ausgefeilte Servermanagement-Software mit umfassenden Diagnose- und Berichtsfunktionen rasch unübersichtlich.


Ultrakompakte Blades als Lösung?

Die US-Firmen RLX und Fibercycle - letztere allerdings mittlerweile konkurs - haben als erste einen noch kompakteren Servertyp eingeführt, der sich heute auch im Programm der grossen Hersteller findet: Ein Blade ist ein gehäuseloser Server, der komplett auf einer Steckkarte Platz findet und in einem speziell konstruierten 3U-Chassis mit gemeinsamer Stromversorgung für sechs bis zwölf Blades montiert wird, das seinerseits in ein konventionelles Rack passt. Auf diese Weise fasst ein 42U-Rack nicht nur 42, sondern bis zu 168 Server.



Es liegt auf der Hand, dass mit dieser nochmaligen Multiplikation der Serverdichte die Stromversorgungs- und Wärmeabführungsprobleme nicht geringer werden, auch wenn im Gegensatz zu den 1U-Servern die Blades mit stromsparenden Prozessoren arbeiten: Bei RLX kommt der Crusoe von Transmeta zum Einsatz, der Compaq BL10e und der HP bc1100 arbeiten mit der Ultra-Low-Voltage-Variante des Pentium III, die man vom Mobile Computing her kennt. Die übrigen Eckdaten des typischen Server Blade: ein oder zwei Prozessoren (Varianten mit 4 CPUs geplant), 512 MB RAM, bis zu drei Harddisks und ein oder zwei Netzwerkverbindungen.




Blades sind nicht für jedes Einsatzgebiet gleich geeignet. Andy Knöpfli von Compaq: "Primär eignen sich Blades für Unternehmen, die mehr als zehn Server einsetzen müssen. Ein Unternehmen, das seine Serverprobleme mit einem konventionellen Rack lösen kann, wird wohl nicht in Blade-Technologie investieren." Als Zielkunden für die eigenen Blade-Produkte nennt Knöpfli Service-Provider sowie Grossunternehmen, die ihre bisher verteilten Serverpopulationen zentral konsolidieren möchten. Heinz Brandenberger von Fujitsu Siemens, die zur Cebit ebenfalls Blade-Produkte auf den Markt bringen will, präzisiert: "Als Anwendungsszenario für solche Server kommen ausschliesslich Frontend-Applikationen wie Web- und Terminal-Server-Farmen in Frage, bei denen vor allem viele gleichartige Server benötigt werden."



Blade Server werden demnach die herkömmlichen Rackmount-Server auf lange Sicht keineswegs ersetzen, sondern je nach Bedarf für bestimmte Anwendungen allein oder zusätzlich zur bestehenden Serverinfrastruktur zum Einsatz kommen.



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