Problemlösung als Googles Ziel
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/13
Sie hatten eben erst angefangen, als unsere Journalistengruppe durch die Google-Niederlassung in Dublin geführt wurde. Die Rede ist von den fünfzig Finalisten im Programmierwettbewerb Code Jam, den Google dieses Jahr erstmals in einer speziellen Europa-Ausgabe durchführte. Aus der Schweiz konnten sich nach der Erst- und einer Zwischenrunde, die mit einer automatisierten Online-Bewertung über die Bühne gingen, leider keine Teilnehmer für den Live-Final in Irlands Hauptstadt qualifizieren.
Die Gewinner standen bis zum Redaktionschluss somit nicht fest. Es geht aber auch Google selbst nicht um den Sieg, sondern ums Mitmachen: «Der Code Jam soll Teilnehmer anziehen, die zuallererst Freude am Problemlösen und Programmieren haben und nicht in erster Linie an Preisgelder denken», meint Googles Code-Jam-Verantwortliche Anne Driscoll wohl nicht ohne Hintergedanken an die Rekrutierung fähiger Kandidaten fürs eigene Unternehmen.
Problemlösung ohne hierarchische Mitarbeiterorganisation («Bei Organigrammen rümpfen wir die Nase») steht auch für Googles europäischen Online-Sales- und Operations-Director John Herlihy im Vordergrund. Von den insgesamt 850 Dubliner Mitarbeitern sind rund 100 im Engineering tätig, dazu kommen einige Administrativfunktionen von Finanzen bis Human Resources. Der Löwenanteil der hier Beschäftigten, die aus 40 Ländern stammen und ihre Arbeitsplätze ganz nach Google-Leitbild möglichst bunt und individuell gestalten, befasst sich mit Support für die Kunden des Google-Online-Advertising-Dienstes Adwords zwischen Hammerfest und Kapstadt. So gibt es zum Beispiel eine Gruppe namens «Jumpstart», die Neukunden beim Aufsetzen ihrer Online-Werbeaktivitäten begleitet. Eine andere Gruppe nennt sich «Pimp my Size» – sie analysiert Kundenwebsites und gibt Tips zur kommerziellen Optimierung derselben.
Seit einigen Wochen kursierten Gerüchte («Gbuy») um ein Bezahlsystem aus dem Hause Google. Aussagen von Google selbst liessen darauf schliessen, dass das System für Kunden des Suchmaschinen-Betreibers gedacht ist, um ihre Werbeauftritte zu bezahlen. Schliesslich mache es keinen Sinn, in einem Markt zu wildern, in dem es bereits einen klaren Marktführer (PayPal) gebe, hiess es. Doch jetzt ist alles anders: Unter der Bezeichung Checkout hat Google in den USA ein Bezahlsystem lanciert, dass nicht nur für Google-Kunden, sondern für jedermann gedacht ist und somit durchaus PayPal konkurrenziert. Inhaber eines Google- beziehungsweise Gmail-Accounts können sich in Checkout einloggen und nach der Angabe der Kreditkarteninformationen in Online-Shops mit dem Google-Dienst bezahlen. Zum Start sollen bereits über 100 Online-Anbieter bei Checkout teilnehmen. Dabei ist der Service eng mit der Suchmaschine verknüpft. In den Suchergebnissen beziehungsweise den Anzeigen wird ein grüner Einkaufswagen angezeigt, wenn ein Shop Checkout unterstützt. Die Transaktionsgebühren liegen bei 2 Prozent des Umsatzes plus 0.20 Dollar pro Transaktion. Anbieter, die an Googles AdWords-Programm teilnehmen, dürfen pro ausgegebenem Dollar 10 Dollar gebührenfreien Umsatz tätigen. Wann der Dienst nach Europa kommt, ist noch unklar.
(ubi)