Microsoft forciert Umstieg in 64-Bit-Welt
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/22
Eröffnet wurde das diesjährige ITforum von Microsoft vor rund 4000 IT-Professionals mit einer Doppel-Keynote von Bob Muglia, Senior Vice President Microsoft Server und Tools, und Jeff Raikes, President Microsoft Business Division. Während Muglia einen Ausblick auf den Fahrplan von Microsofts Serverprodukten gab, lieferte Raikes einen Rundgang durch die Neuerungen der Office-12-Plattform. In Raikes Keynote gab es allerdings nur wenig Neues zu erfahren, hatten die Redmonder doch schon im September ausführlich über Office 12 informiert (siehe auch InfoWeek 17/05, Seite 15).
Umso mehr Neuigkeiten gab es dafür in Bob Muglias Keynote zu hören, die im Wesentlichen darin bestand, Microsofts konsequente 64-Bit-Strategie bei den Serverprodukten darzulegen: «Der Nutzen, den 64-Bit darstellt, liegt klar auf der Hand, und wir werden alles Nötige dafür tun, um unseren Kunden einen reibungslosen Umstieg zu ermöglichen», erklärte Muglia.
Derzeit sind noch die meisten Serverprodukte nur in 32-Bit-Versionen zu haben. Erst Windows Server 2003 oder SQL Server 2005 gibt es heute schon in 64-Bit-Versionen. Dies wird sich bald radikal ändern, denn Microsoft plant, alle seine Server-Produkte auch für
x64-Hardware (CPUs mit AMD64- beziehungsweise EM64T-Befehlssatzerweiterungen) auf den Markt zu bringen. Und bereits in naher Zukunft wird es einige Produkte nur noch für 64-Bit-Plattformen geben. Dazu zählen etwa Exchange 12 (siehe Kasten), der Compute Cluster Server 2003, die «Longhorn»-Version des Small Business Servers und der geplante Midrange-Server (Codename «Centro»). «Longhorn» Server wird es als 32-Bit und 64-Bit-Version geben. Erst der für 2008/2009 angepeilte Nachfolger «Longhorn» Server R2 wird nur noch in einer 64-Bit-Variante verfügbar sein. Microsoft plant bis 2009, sein gesamtes Serverportfolio in die 64-Bit-Welt zu migrieren, wobei einige Produkte wie etwa SQL Server noch längere Zeit auch als 32-Bit-Variante verfügbar sein sollen. Bob Muglia wies darauf hin, dass ein 64-Bit-Windows auch 32-Bit-Applikationen ausführen könne und dies in vielen Fällen sogar schneller als ein 32-Bit-System. Auch räumte Muglia Bedenken aus dem Weg, dass viele Unternehmen nicht über die nötige Hardware verfügten, um beim Erscheinen der 64-Bit-only-Versionen auf den neuesten Release migrieren zu können: «Bereits heute werden annähernd alle Server mit 64-Bit-Hardware ausgeliefert».
Ebenfalls angekündigt würde die Verfügbarkeit von Virtual Server 2005 R2 ab Anfang Dezember. Release 2, das neu ebenfalls in einer 64-Bit-Version vorliegt, wurde vor allem bezüglich Performance, Skalierbarkeit im Bereich der Server Consolidation und Disaster Recovery verbessert. Interessant ist insbesondere das aggressive Pricing und das gelockerte Lizenzmodell. Virtual Server R2 Standard Edition wird für gerade mal 99 Dollar zu haben sein. Die Enterprise Edition kostet 199 Dollar. Das Lizenzmodell wurde so angepasst, dass man künftig nur noch für laufende und nicht mehr
für inaktive oder «eingefrorene» Windows-Server-Virtual-Machine-Instanzen eine Windows-Server-Lizenz besitzen muss.
Neuigkeiten gibt es auch aus der Sparte Management-Werkzeuge. So gewährte Microsoft einen ausführlichen Einblick in die kommende Version 3.0 des Microsoft Operations Manager (MOM). Die wohl wesentlichste Veränderung von MOM 3.0 ist der Übergang von einem reinen Server- zu einem Service-orientierten Monitoring-Modell. Eine Business-Applikation lässt sich so als einheitliches Ganzes überwachen, unabhängig davon, wie viele Server, Services und Sub-Anwendungen involviert sind. Ausserdem soll MOM 3.0 dank Unterstützung von SNMP und WS-Management künftig auch Nicht-Windows-Systeme überwachen können.
Weiter wurde mit den System Center Essentials für nächstes
Jahr eine auf kleine und mittelgrosse Unternehmen zugeschnittene
Variante von Microsofts System-Management-Werkzeug in Aussicht gestellt.
Microsoft hat das ITforum 05 auch dazu genutzt, erstmals ausführlich über die nächste Exchange-Version zu informieren. Etwas überraschend wurde angekündigt, dass es Exchange 12 im Rahmen von Microsofts 64-Bit-Strategie (siehe oben) ausschliesslich in einer 64-Bit-Version geben wird. Hauptgrund dafür ist, dass das Messaging-System besonders vom erweiterten Adressraum, den 64-Bit-Systeme bieten, profitiert und damit das bisherige 4-GB-Limit überwinden kann. Stark ausgelastete Exchange-Systeme leiden derzeit weniger unter der geringeren Rechenleistung von 32-Bit-Prozessoren, als vielmehr an den Grenzen des Input/Output-Systems. Gemäss Microsoft reduzieren sich die I/O-Operationen in Exchange 12 gegenüber der 2003er Version aufgrund der höheren Speicherkapazität um satte 75 Prozent.
Neben 64-Bit bietet Exchange 12 aber noch einiges mehr an interessanten Erweiterungen. So wird man den Messaging-Server mit dem internen Telefonsystem koppeln können. Neben Mail lassen sich dann auch Voice- und Fax-Nachrichten mit Exchange verarbeiten. Ausserdem wird man viele Exchange-Funktionen wie zum Beispiel das Abrufen von Nachrichten oder das Verschieben von Terminen mit Outlook Voice Access per Spracheingabe über eine Telefonverbindung abrufen können. Weitere Neuerungen von Exchange 12 sind ein komplett überarbeitetes Outlook Web Access, besserer Spam- und Viren-Schutz, ein Calendar Concierge, der das Planen von Meetings vereinfachen soll, sowie eine integrierte Such-Engine. Eine erste Beta von Exchange 12 ist noch für dieses Jahr geplant. Die endgültige Fassung soll Ende 2006, Anfang 2007 auf den Markt kommen.