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Gründe für die .Net-Lethargie

Die Bilanz, eineinhalb Jahre nach Verfügbarkeit, zeigt ein ernüchterndes Bild: .Net-Anwendungen sind fast so rar wie Eskimos an den Stränden der Côte d’Azur.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/13

     

Drei Jahre sind es nun her, seit Microsoft im Juni 2000 mit riesigem Halali seine .Net-Initiative angekündigt hat. Viele Entwickler waren von Redmonds neuer Plattform begeistert und sind es noch heute. Doch die Bilanz, eineinhalb Jahre nach Verfügbarkeit, zeigt ein ernüchterndes Bild: .Net-Anwendungen sind fast so rar wie Eskimos an den Stränden der Côte d'Azur. Viele Firmen befinden sich mit .Net noch im Experimentierstadium, zögern die Adaption hinaus oder haben die neue Technologie noch nicht einmal evaluiert.



Warum will .Net trotz aller positiven Kritik aus Expertenkreisen - die zu einem grossen Teil aus dem Java-Lager kommt - nicht so richtig in die Gänge kommen? Meiner Ansicht nach sind dafür vor allem drei Ursachen verantwortlich:





Konfusion: Vielen Leuten ist immer noch nicht klar, was .Net eigentlich ist. Microsoft ist daran nicht unschuldig. So konnte man sich in Redmond offenbar auf keine gemeinsame Sprachregelung einigen: Verschiedene Microsoft-Abteilungen tischten unterschiedliche, vor allem für die Produkte aus der eigenen Küche nützliche .Net-Storys auf. Eine unglückliche Markenstrategie, bei der das .Net-Label auf alle möglichen Services und Server-Produkte gebrannt wurde, sorgte für weitere Verwirrung rund um die ohnehin nicht ganz einfach zu erklärende Technologie. Bills Truppe scheint daraus gelernt zu haben: Der .Net-Brand wurde von den Enterprise-Servern wieder entfernt. Auch sind die offenbar für viele User "furchterregenden" .Net My Services wieder in der Schublade verschwunden, und auch der Grundtenor ".Net = Web Services" wurde etwas zurückgefahren.




Digitaler Winter: Die Verfügbarkeit von .Net kommt ausgerechnet zur Zeit der grössten Krise in der Geschichte der IT-Industrie. Eine verunsicherte Branche mit gekürzten Budgets und eingefrorenen Projekten ist Gift für die Lancierung von neuen Technologien - insbesondere in der Grössenordnung von .Net.




Verborgener Nutzen: Immer wieder hat Microsoft den ausgezeichneten Support für die Erstellung und Nutzung von Web Services als Killerargument für einen Umstieg auf .Net ins Zentrum gestellt. Das Problem: Die wenigsten Firmen haben mit der Implementierung von Web Services begonnen. Dadurch sehen viele auch keinen Anlass, sich die Kosten und Umtriebe einer .Net-Migration aufzubürden.




Dabei hätte .Net für Software-Architekten und -Entwickler neben Web Services eine ganze Menge an Nutzen und Vorteile zu bieten. Bessere Reusability, No-Touch-Deployment, eine umfangreiche und einheitliche Klassenbibliothek oder das Ende der DLL-Hell sind nur einige wenige Vorzüge, die auf Kosten der ganzen Web-Service-Kampagne untergegangen sind.



Gründe dafür, die Adaption von .Net hinauszuschieben, gibt es zur Genüge. Firmen, die bislang nicht auf den .Net-Zug aufgesprungen sind, verhalten sich bloss rational und vernünftig.



Trotz allem habe ich keinen Zweifel daran, dass sich .Net über kurz oder lang durchsetzen wird. Die digitale Eiszeit wird auftauen, und die vielen Vorteile der neuen Plattform werden sich nach und nach erweisen. Für Unternehmen, die Anwendungen auf Microsoft-Plattformen entwickeln, wird letztlich kein Weg an .Net vorbeiführen. Neue Anwendungen auf Basis von Windows DNA in Angriff zu nehmen, macht bereits heute keinen Sinn mehr.



Die Migrationhürde ist anfangs zwar hoch, der Umstieg wird sich aber mittelfristig durch höhere Produktivität und niedrigere Kosten auszahlen. Microsoft-orientierte Firmen werden sich letztlich keinen Gefallen tun, wenn sie die Adaption von .Net zu lange hinauszögern.



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