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Borland konkretisiert .Net-Strategie

Angriff auf den .Net-Markt mit eigener C#-Version, Delphi 8 und Lifecycle-Tools.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/09

     

Dass .Net bei Borland zur strategischen Plattform gehört, ist spätestens seit der Lizenzierung des .Net Frameworks Anfang Jahr kein Geheimnis mehr. Nun haben die einstigen Turbo-Pascal-Veteranen ihre Strategie weiter konkretisiert und neben Details zu C# Builder und der .Net-Version von Delphi auch eine komplette Suite fürs Lifecycle-Management angekündigt.


Verschärftes C#

Bereits im Juni will Borland seine .Net-Entwicklungsumgebung C# Builder als Alternative zu Visual Studio.Net auf den Markt bringen. Das Interface des bislang unter dem Codenamen "Sidewinder" bekannten Produkts erinnert auf den ersten Blick auch stark an das Microsoft-Werkzeug. Borlands Version soll aber mit zusätzlichen Goodies wie einem intelligenten ADO.Net-Wizard, übersichtlicheren Tooltips im Codefenster oder einem besseren Property-Editor aufwarten. Mit C# Builder lassen sich sowohl WinForms- und ASP.Net- als auch Web-Service-Anwendungen erstellen. Support für das .Net Compact Framework wird es hingegen vorerst keinen geben. Für die Übersetzung von C# in den MSIL-Zwischencode hat Borland einen eigenen Compiler geschrieben. Man darf jetzt schon gespannt sein, wie sich der Code von C# Builder mit jenem von Microsofts Compiler punkto Qualität und Performance unterscheidet.



Natürlich wird Borlands C#-Variante auch über eigene Klassenbibliotheken wie etwa für Datenzugriffe auf den eigenen Interbase-Datenbankserver oder Support für CORBA oder die Visual Component Library verfügen.




Lifecycle Management für .Net

Ein wichtiger Bereich in der Softwareentwicklung, der von Microsoft nur teilweise abgedeckt wird, ist das Lifecycle Management. Dabei handelt es sich um Werkzeuge und Methoden, die Entwicklerteams bei der Verwaltung des kompletten Lebenszyklus' einer Applikation - von Planungs- und Design-Phase über Implementation und Testing bis hin zur Installation und Wartung - helfen sollen. Federführend in diesem Bereich ist die IBM-Tochter Rational, die mit ihren Produkten die Lücken im Microsoft-Angebot stopft. Um weiter in den Enterprise-Bereich vorzustossen, haben die Borländer mit der Übernahme von Firmen wie BoldSoft, TogetherSoft und Starbase in den letzten Monaten ihr Portfolio an Lifecycle-Tools massiv ausgebaut. Bis Ende Jahr sollen diese Werkzeuge auf .Net portiert, erweitert und zu einer Suite mit dem Name Enterprise Studio .Net zusammengeschnürt werden. Neben C# Builder, das als eigentliche IDE alle Werkzeuge unter einem Dach integriert, werden im Paket u.a. die Produkte CaliberRM (Analyse), Together Control Center (Design, Modeling), OptimizeIt Profiler (Testing) und StarTeam (Management, Collaboration) enthalten sein.




Delphi goes .Net

Nach wie vor erfreut sich Delphi, das sich in den 90er Jahren dank intelligenten Innovationen zu einer ernstzunehmenden Visual-Basic-Alternative gemausert hat, bei vielen Entwicklern grosser Beliebtheit. Unter dem zunehmenden Druck der attraktiven Java- und .Net-Plattformen drohen nun viele Delphi-Entwickler abzuwandern. Um diese Gefahr einzudämmen, will Borland die Pascal-Entwicklungsumgebung auf die für Sprachen offene .Net-Plattform portieren und gegen Ende Jahr unter dem Namen Delphi 8 auf den Markt bringen. Entwickler können so auf ihr vorhandenes Know-how zurückgreifen, und bestehender Code kann in die .Net-Welt migriert werden. Laut Borland soll die Portierung von bisherigen Anwendungen für erheblich weniger Kopfzerbrechen sorgen, als dies bei der Migration von VB 6.0 nach VB.Net der Fall war. Zudem wird man auch mit Delphi 8 weiterhin Win32-Applikationen erstellen können. Die Visual Component Library (VCL) wird es ebenfalls in einer .Net-Version geben. Weiter soll Delphi 8 dieselbe IDE erhalten wie C# Builder und auch Support für ASP.Net soll nicht fehlen.




Brücke zwischen .Net und Java

Selbstverständlich wird Borland trotz .Net-Engagement auch den Java-Markt weiter pflegen. Schliesslich hat die Firma ihren erfolgreichen Geschäftsgang mit 12 positiven Quartalsabschlüssen in Serie gerade ihrer führenden Stellung im Java-Markt zu verdanken.



Als grosse Stärke gegenüber Microsoft hebt Borland bei ihrer .Net-Strategie insbesondere die bessere Integration zwischen .Net auf der einen sowie Java- oder CORBA auf der anderen Seite hervor. Mit Microsofts Technologie können J2EE- oder CORBA-Komponenten gemäss Borland nur via Web Services genutzt werden. Bei C# Builder lassen sich diese direkt innerhalb von C# nutzen. Auch die neuen Lifecycle-Tools, mit denen sowohl Java- als auch .Net-Projekte gemanagt werden können, sollen eine Brücke zwischen den zwei Welten schlagen.




Für den von Microsoft dominierten .Net-Entwicklungsmarkt ist Borland auf jeden Fall eine Bereicherung. Auch wenn C# Builder auf den ersten Blick den Eindruck einer "Me-Too"-Entwicklungsumgebung hinterlässt, wird Borland clever und innovativ genug sein, das Produkt mit neuen Ideen für Entwickler attraktiv zu machen. Durch die Integration der Lifecycle-Tools kann die Firma Lücken stopfen, die von Microsoft bisher noch nicht adressiert werden und den Kunden zur Anschaffung teurer Dritt-Produkte zwingt. Trotz allem dürfte selbst Microsoft die neue Konkurrenz als Bereicherung empfinden, denn mit Borlands Plänen wird die Attraktivität der .Net-Plattform noch weiter gesteigert.



Borlands .Net-Roadmap


•C# Builder ("Sidewinder"): Sommer 2003

C#-IDE mit eigenem Compiler, WinForms- und ASP.Net-Support




•Enterprise Studio.Net: Ende 2003

Suite mit C# Builder und Lifecycle-Werkzeugen




•Delphi 8.0 ("Octane": Ende 2003

Native Unterstützung für Win32- und .Net; ASP.Net- und WinForm-Support



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