Der .Net-Umstieg lohnt sich trotz Longhorn


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/11

     

Wenn 2006 mit Longhorn die nächste Windows-Plattform auf den Markt kommt, werden Microsoft-orientierte Entwickler einmal mehr gefordert sein. Neue Technologien wie WinFS, Indigo oder WinFX werden Windows-Programmierer nach dem Umstieg auf .Net – der in vielen Firmen erst jetzt so richtig in die Gänge kommt - erneut zu hohem Lern- und Umstellungsaufwand zwingen. Damit stellt sich natürlich auch gleich die Frage, ob es heute noch Sinn macht, in .Net-Know-how und -Projekte zu investieren, wenn bereits wieder ein neuer Technologie-Wechsel am Horizont sichtbar wird?



Die Antwort dazu lässt sich sehr gut am Beispiel von Avalon erklären, der neuen GUI-Technologie von Longhorn. Vor der .Net-Ära waren die Microsoft Foundation Classes (MFC) und Visual Basic 6 die Standards für die Erstellung von Windows-GUIs. Gemeinsam mit dem .Net Framework hat Microsoft mit WinForms vor rund zwei Jahren eine für alle .Net-Sprachen einheitliche und mächtigere Nachfolge-Technologie eingeführt. Die Vorteile mussten sich die Entwickler aber mit einem nicht ganz unerheblichen Lernaufwand erkaufen. In Longhorn soll WinForms nun bereits wieder durch Avalon abgelöst werden. Diese wird zwar die Möglichkeiten für benutzerfreundlichere und funktionalere Oberflächen noch einmal erheblich steigern, aber erneut nach einer beträchtlichen Investition in den Aufbau von Know-how verlangen.




Kein Wunder, dass Entwickler durch diese schnell aufeinanderfolgenden Technologie-wechsel verunsichert werden. Betrachtet man den Zeitplan aber etwas genauer, so wird schnell klar, dass Avalon und auch die übrigen Longhorn-Technologien noch in weiter Ferne liegen. Selbst Optimisten rechnen nicht damit, dass Longhorn vor Mitte 2006 auf den Markt kommen wird. Bis sich eine Plattform in der Grössenordnung von Longhorn auf breiter Basis im Markt etabliert hat, dürften ab diesem Zeitpunkt noch mindestens 18 Monate vergehen. Das bedeutet, dass neue Applikationen Avalon kaum vor 2008 im breiten Stil nutzen können. Ein weiteres Argument für WinForms: Avalon wird ausschliesslich auf Longhorn zur Verfügung stehen. Neue Applikationen, die auch auf älteren Windows-Systemen laufen sollen, werden auch in der Longhorn-Ära auf WinForms zurückgreifen müssen. Microsoft hat zudem versprochen, WinForms auch in Longhorn weiter zu unterstützen. Damit wird der Lebenszyklus von WinForms wohl bis weit in die nächste Dekade reichen. Auch bei den übrigen Longhorn-Technologien ist Entwarnung angesagt: So wird fundiertes .Net-Know-how die Basis für die effiziente Nutzung von Longhorn-APIs wie etwa WinFX, WinFS oder Indigo bilden. Alles in allem wird der Übergang von .Net auf Longhorn wesentlich sanfter und bisherige Investitionen besser geschützt sein, als dies beim derzeitigen Wechsel von der Win32-Welt auf .Net der Fall ist.



Dass sich viele Entwickler durch die Longhorn-Ankündigung verunsichert fühlen, hat wohl damit zu tun, dass Microsoft bei seiner Kommunikation zu viel Wert auf den Hype rund um all die fancy Longhorn-Neuerungen als auf klare Darlegung der Migrationspfade gelegt hat.




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