Whidbey: Die nächste .Net-Version
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/20
Um die Zeit bis zu "Longhorn", der nächsten grossen Entwicklungsplattform aus Redmond, zu überbrücken, steht für Ende 2004 eine stark überarbeitete Version (1.2 oder 2.0) der .Net Umgebung mit dem Codenamen "Whidbey" auf dem Programm. "Whidbey" umfasst eine neue Version des .Net Frameworks, eine stark überarbeitete Version von ASP.Net, Spracherweiterungen für C#, C++ und Visual Basic sowie eine Version von Visual Studio.Net.
ASP.Net bringt vorgefertigte Building Blocks für Security, Benutzerverwaltung und Personalisierung sowie einen Skinning-Mechanismus, um einer Site unterschiedliche Designs zuordnen zu können. Interessant sind auch die Master Pages, mit deren Hilfe sich Standardelemente wie Header, Footer oder Menüs über eine komplette Web-Anwendung hinweg wiederholen lassen.
Des weiteren wird ASP.Net 2.0 nach dem Vorbild von SharePoint mit einem Portal-Framework mit WebParts und Zonen ausgerüstet sein. Microsoft will damit vor allem ihre Portal-Technologien vereinheitlichen. So werden künftige Versionen der SharePoint Services vollständig auf den Portalfunktionen von ASP.Net 2.0 aufbauen. Gemäss Scott Guthrie, dem Kopf des ASP.Net-Teams, sollen die Neuerungen von ASP.Net den Code, der von Hand geschrieben werden muss, um 50 bis 70 Prozent reduzieren. Wie gross die Reduktion im Endeffekt tatsächlich sein wird, kann nur die Praxis zeigen und wird wohl je nach Individualität der Lösung unterschiedlich ausfallen.
Neben den Spracherweiterungen (Generics, Iterators etc.), die zu einem grossen Teil bereits vor einem Jahr angekündigt wurden, wird das nächste .Net Framework vor allem bei der Datenzugriffstechnologie ADO.Net und der XML-Unterstützung erhebliche Erweiterungen erfahren. ADO.Net wurde mit Support für die Neuerungen in "Yukon" (nächster SQL Server; siehe Kasten) ausgestattet, bietet integriertes Paging und kann Operationen und Verbindungen jetzt auch asynchron abwickeln. Neu in ADO.Net sind auch die ObjectSpaces. Dabei handelt es sich um eine O/R-Mapping-Technologie, die es erlaubt, Daten im Code als Objekte zu verwenden. Abfragen können direkt in der benutzerfreundlicheren Object-Syntax formuliert werden. Die entsprechenden SQL Queries werden von ObjectSpaces transparent im Hintergrund generiert.
Einen grossen Sprung nach vorn macht die nächste Ausgabe von Visual Studio.Net. Visual-Basic-Entwickler erhalten viele coole Hilfen im Codeeditor. So macht die VB-Umgebung bei fehlerhaften Formulierungen und Ausnahmen gleich Vorschläge zur Verbesserung und bringt den seit VB 6.0 schmerzlich vermissten Support für Edit-and-Continue-Debugging zurück. Für C#-Entwickler sind solche Hilfen nicht vorgesehen, sie erhalten dafür Refactoring-Funktionen (sind auch bei VB vorhanden), mit denen beispielsweise Variablen projektweit umbenannt und potentielle Kandidaten für Methoden per Knopfdruck aus dem Code ausgegliedert werden können. Neu können Klassen und ihre Abhängigkeiten grafisch angezeigt und manipuliert werden. Unverständlich ist, dass Microsoft hier nicht auf UML-konforme Diagramme setzt, sondern wieder einmal einen eigenen, proprietären Weg geht.
Weitere Neuerungen von Visual Studio.Net sind bessere Verwaltung und Sharing von Code-Snippets, Publishing-Tools für das Deployment von ASP.Net-Sites, bessere Editoren für HTML, XML, XSLT sowie jede Menge neue Controls für Web- und Windows-Applikationen.
Microsoft verspricht für das .Net Framework "Whidbey" hundertprozentige Aufwärtskompatibilität zu WinFX, dem kommenden Programmiermodell von "Longhorn". So soll das .Net Framework quasi als Subset innerhalb von WinFX weiter existieren.
Parallel zu "Whidbey" wird Microsoft Ende 2004 ihren nächsten SQL Server "Yukon" auf den Markt bringen. Dabei handelt es sich um ein Monster-Update. Eine der interessantesten Neuerungen ist die Integration des .Net Frameworks in die Datenbank-Engine. Das hat etwa den Vorteil, dass Datenbank-Objekte wie Stored Procedures oder Triggers künftig nicht nur mit T-SQL, sondern auch mit .Net-Sprachen wie C# oder Visual Basic geschrieben werden können. Zudem wird man dank der .Net-Integration auch in der Lage sein, eigene Datentypen zu entwerfen und die Security-Funktionen der CLR (Common Language Runtime) zu nutzen. "Yukon" wird nahtlose Integration mit der "Whidbey"-Version von Visual Studio.Net bieten, so dass der Entwickler seine Entwicklungsumgebung zum Erstellen, Debuggen, Profilen und Ausliefern von Datenbankanwendungen nicht mehr zu verlassen braucht. Einige weitere wichtige Neuerungen von "Yukon" sind SOAP-Unterstützung, Support für XML-Datentypen, XQuery und XML-Views sowie neue Applikations-Frameworks für Queuing, Reporting und Nachrichtenübermittlung.