Mit den Augen einer Fliege
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/10
Insektenaugen sind aus einer Vielzahl von winzigen Linsen zusammengesetzt, die aufgrund ihrer Anordnung den Tieren einen weiten Blick auf ihre Umgebung ermöglichen. Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für angewandte Optik und Feinmechanik im deutschen Jena haben sich dieses Fliegenaugenmodell jetzt zum Vorbild genommen und eine Technik entwickelt, die künftige Kameragerätchen noch kleiner und leichter machen soll. Bei der Entwicklung des Prototypen haben die Forscher mit dem Neuenburger Unternehmen SUSS MicroOptics und mit der Universität Neuenburg zusammengearbeitet. Das Elaborat besteht aus 21 lichtleitenden Kanälen, die mit je drei Miniaturlinsen bestückt sind. Wie bei den Insekten sind die Linsen jeweils unterschiedlich ausgerichtet, so dass sie verschiedene Ausschnitte der Aussenwelt auf den darunterliegenden Photosensor projizieren.
Wie Andreas Bäumer, Projektleiter am Fraunhofer-Institut, ausführt, ist jeder einzelne Lichtkanal mit einer Lochkamera vergleichbar. Die gesamte Facettenaugen-Linse ist aufgrund dieser speziellen Bauweise nur knapp zwei Millimeter dick. Das ist immer noch vergleichsweise viel. Die Forscher sind jedoch überzeugt, dass mit Hilfe ihrer Technik dereinst Mikrokameras mit hunderten winziger Linsen und einer Dicke von wenigen Zehntelsmillimetern gefertigt werden können. Derart dünne Kameras werden sich allerdings wegen ihrer geringen Auflösung von rund 250x250 Pixeln nicht für die mittlerweile ziemlich anspruchsvollen Handy-Benutzer eignen. Sie könnten aber problemlos in Smart Cards eingebaut und für einfachere Bilderkennungs-Anwendungen eingesetzt werden – beispielsweise für Sicherheitssysteme. Die Fertigungskosten seien in diesem Fall relativ tief, da bei der Herstellung auf bereits existierende Lithografietechniken zurückgegriffen werden könne, so Projektleiter Bäumer.
Auch Jim Girkin, Optikspezialist an der Universität von Strathclyde im schottischen Glasgow, ist überzeugt, dass sich die facettenartigen Mikrolinsen am ehesten für Anwendungen ohne allzu hohen Auflösungsbedarf eignen – allein schon deshalb, weil mit dieser Technik gewisse Verzerrungen nicht zu vermeiden seien. Wenn es allerdings gelinge, solche Linsen kostengünstig und dennoch einigermassen robust herzustellen, könnten sie sich für gewisse Anwendungen hervorragend eignen, so Girkin. Gartner-Analyst Nick Jones seinerseits erachtet den Einsatz von ultradünnen Linsen zusammen mit entsprechenden optischen Sensoren als Teilkomponenten in grossen Kamerasystemen in Zukunft für möglich.