Open Source Software in der Schweiz - ein Streiflicht aufs Recht
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/20
Open Source Software bezeichnet Computerprogramme, welche unter einer Open Source Lizenz verbreitet werden.
Open Source Software Lizenzen zeichnen sich dadurch aus, dass sie grundsätzlich die freie Vervielfältigung, Verbreitung, Abänderung und Nutzung der Software (d.h. des Lizenzgegenstands) gestatten und gleichzeitig sicherstellen, dass der Quellcode verfügbar ist. So lässt sich die sog. Open Source Definition1 in Kürze zusammenfassen, welche Beurteilungsmassstab dieser Lizenzen ist.
Nur wenn Computerprogramme die angeführten Freiheiten aufweisen, ist die Entwicklung von Open Source Software möglich, technisch, weil Computerprogramme nur im Quellcode weiter entwickelt werden können, und rechtlich, weil das Computerprogramm als Werk im Sinne des Urheberrechts gilt.
Die Open Source Initiative, Inc. (OSI) hat bis heute knapp 60 Lizenzen als definitionskonform bestätigt2. Alle bis heute anerkannten Lizenzen lassen sich vereinfacht in drei Kategorien einteilen. Abgrenzungskriterium ist eine Lizenzbedingung, welche unter dem Begriff des «Copyleft» bekannt geworden ist. Über diese Bedingung stellt der Lizenzgeber sicher, dass veränderte Versionen des Lizenzgegenstands unter denselben Bedingungen verbreitet werden3.
Die bekannteste Lizenz mit Copyleft ist die GNU General Public License (GPL), jene ohne Copyleft die BSD Lizenz, benannt nach der Berkely Software Distribution. In der Regel führt eine sog. Copyleft-Lizenz dazu, dass der Einbezug des davon betroffenen Softwarecodes in ein eigenes Programm zwar zulässig ist, dass das erweiterte Programmpaket aber nur unter derselben Lizenz weiterverbreitet werden darf. Differenzierungen sind zwar möglich, führen aber nicht immer zu eindeutigen Resultaten.
Neben den Lizenzen mit Copyleft (GPL-artige) und solchen ohne Copyleft (BSD-artige) gibt es Zwischenformen, welche für direkte Weiterentwicklungen des lizenzierten Softwarecodes zwar das Copyleftprinzip vorsehen, den Einbezug in Distributionen aber weitgehend erlauben. Für diese Kategorie scheint die Bezeichnung «Copyleft-light» passend. Als Beispiel können die GNU Lesser General Public License (L-GPL) oder die Mozilla Public License (MPL) angeführt werden.
Werden Softwarekomponenten, die unter unterschiedlichen Open Source Software Lizenzen stehen, zu einer komplexen Distribution kombiniert, sollten die Lizenzbedingungen auf Kompatibilität überprüft werden.
Wer Eigentümer aller Urheberrechte an einem Programm ist, kann frei entscheiden, unter welcher Lizenz er das Programm verbreiten will.
Wenn das Programm unter eine Open Source Lizenz gestellt werden soll, sollte Verschiedenes beachtet werden. Insbesondere sollte wenn möglich eine etablierte Lizenz ausgewählt werden. Exotische Lizenzen oder solche mit unerwarteten Lizenzen könnten dem Projekt dringend notwendige Mitwirkende entziehen. Mit anderen Worten kann die Wahl der Lizenz das Community-Building beeinflussen. Wo immer möglich sollte der Lizenzgeber vermeiden, für das Projekt eine eigene Lizenz zu formulieren.
Weiter wird die Lizenzwahl davon beeinflusst, ob dem Lizenzgeber die weite Verbreitung des Programms wichtig ist oder ob er auf Direktkontakte zu Anwendern spekuliert, die auf eine direkte Lizenzeinräumung zu individuellen Bedingungen angewiesen sind.
Da ein Entwickler mit einer Open Source Software Lizenz sein Urheberrecht nicht weggibt, sondern nur eine einfache, d.h. nicht ausschliessliche Lizenz erteilt, behält er die vollständige Kontrolle über seine Rechte. Insbesondere steht ihm frei, die Software nicht nur unter einer Open Source Software Lizenz, sondern zusätzlich auch noch unter einer weiteren Lizenz zu veröffentlichen. Die Praxis hat für dieses Vertriebssystem den Begriff des Dual Licensing geprägt. Die Kombination von Lizenzbedingungen kann der Lizenzgeber für strategische Vorteile nutzen.
Open Source Software unterscheidet sich von herkömmlicher Software nicht in technischer Hinsicht, sondern wegen der anwendbaren Lizenzen. Diese Lizenzen fügen sich problemlos in die schweizerische Rechtsordnung ein.