Awards für Schnüffler, Ritter und Behörden
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/20
In den letzten Tagen des Monats Oktober gingen gleich drei Award-Verleihungen im IT-Bereich über die Bühne. Während der mit 50'000 Franken dotierte «Ritter der Kommunikation» sowie der «Eugen» für Behördensites bei den Empfängern wohl willkommen sind, dürfte die Verleihung des Big Brother Awards eher für lange Gesichter gesorgt haben.
Mit dem Big Brother Award, hinter dem unter anderem die Swiss Internet User Group (SIUG) steht, werden die – Zitat – «grössten Schnüffelratten der Schweiz aus Privatwirtschaft und Politik ausgezeichnet». Neben der Positiv-Auszeichnung «Winkelried-Award» (siehe «Nachgefragt» nebenan) sorgen vor allem die Negativpreise in den Kategorien «Staat», «Business», «Arbeitsplatz» und «Lebenswerk» für Gesprächsstoff.
Den Staats-Award konnte die Gemeinde Emmen und deren Sozialinspektor absahnen. Dieser hat die Aufgabe, herauszufinden, ob Sozialbezüger die Gemeinde betrügen. Die Big-Brother-Verantwortlichen finden, die Beschnüffelung sei absolut unverhältnismässig.
Die Kategorie Business konnte Postfinance unfreiwillig für sich entscheiden. Dies, weil der Finanzdienst der Post nachweislich
Zahlungsdaten an die USA weitergegeben hat. Dies sei inakzeptabel, zumal es in den USA kein mit der Schweiz vergleichbares Datenschutzgesetz gibt. Postfinance hat den Award zur Kenntnis genommen, wollte sich aber InfoWeek gegenüber nicht weiter dazu äussern.
Den Arbeitsplatz-Award erhielt Bundesanwalt Valentin Roschacher, der die Papierkörbe von rund 100 Angestellten präventiv untersuchen liess. Eine solche Aktion sei eines Amtes wie der Bundesanwaltschaft schlicht unwürdig und entbehre jeder gesetzlichen Grundlage.
Zu guter Letzt für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde Jürg Scherrer, Präsident der Freiheitspartei und Polizeidirektor der Stadt Biel. Dies dank seinem Einsatz für eine weitreichende Videoüberwachung.
Der E-Government-Preis «Eugen» von der Berner Bedag Informatik wurde bereits zum sechsten Mal verliehen. 2100 Web-Auftritte von Kantonen und Gemeinden wurden nach 40 Kriterien unter die Lupe genommen. In der Kategorie Bundesämter gewann der Internetauftritt des Bundesamtes für Statistik. Bei den Kantonen siegte Genf, den Eugen für grosse Gemeinden erhielt die Aargauer Gemeinde Wohlen, in der Kategorie kleinere Gemeinden schwang Altdorf im Kanton Uri obenaus.
Zu guter Letzt wurde im Rahmen der Bieler Kommunikationstage auch der Förderpreis «Ritter der Kommunikation» verliehen. Die Auszeichnung ging an ein Projekt für gehbehinderte Menschen. Das Tool trägt den Namen RoSaNa, wurde von Fabian Schweizer aus Basel entwickelt und sieht vor, dass Gehbehinderte via GPS relevante Daten laufend per Rechner abrufen können. Der mit 10'000 Franken dotierte Jugendpreis ging an das Team Medienprojekt E-Learning der Kantonsschule Hohe Promenade in Zürich.
(mw)