E-Biz kommt in die Gewinnzone
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/16
Gemäss der WEMF-Studie MA Comis 2003 wird in diesem Jahr massiv mehr im Internet eingekauft. Das boomende Breitbandgeschäft reisst auch die E-Shops mit sich, und in wirtschaftlich an sich schwierigen Zeiten wird von 100 Prozent Wachstum gesprochen. In einer Branche, in der lange nachweislich nur das Sexgeschäft für schwarze Zahlen sorgte, herrscht Jubelstimmung - doch nicht überall.
Zu den Jubelnden gehört Matthias Thürer vom Internetreisebüro eBookers Schweiz. Er berichtet von einem jährlichen Wachstum von über 100 Prozent, seit eBookers hierzulande tätig ist. "Zu Beginn des Jahres beschäftigten wir in der Schweiz 8 Mitarbeiter, heute sind es schon 15", so Thürer.
Das Auktionshaus Ricardo.ch kann 2003 ebenfalls mit einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr aufwarten und soll gemäss Brancheninsidern seit mehreren Monaten schwarze Zahlen schreiben. Geschäftsführer Peter Oertlin mag die Zahlen nicht kommentieren, glaubt aber an das Internet. "Ich bin davon überzeugt, dass es möglich ist, im Internet Geld zu verdienen, sofern sich die Produkte für diese Art Verkauf eignen. Dies zeigen nicht nur unsere eigenen, sondern auch die Resultate von anderen Webseiten." Nicht geeignet sind seiner Meinung nach erklärungsbedürftige Produkte oder Güter, die die Sinne ansprechen, wie beispielsweise Parfum.
Doch der E-Commerce wächst nicht überall, zumindest nicht in diesem Tempo. "Beim Verkauf von Tickets über das Internet können wir 2003 in etwa das Vorjahresniveau halten oder vielleicht leicht anheben", informiert George Egloff, CEO bei Ticketcorner. "Allerdings halten wir die Verkäufe auf hohem Niveau. Rund 20 Prozent aller Tickets werden übers Web abgesetzt." Vor allem wenn der Andrang auf eine Veranstaltung hoch sei, greife der Kunde eher auf die Möglichkeit zu, via Web einzukaufen.
Das Versandhaus Quelle kann zwar Wachstum ausweisen, Gewinn wirft das Geschäft im Netz aber noch keinen ab. Und das, obwohl der Anteil der Produkte, die übers Internet verkauft werden, von 4,8 Prozent im letzten Jahr auf 6,3 Prozent in diesem Jahr anstiegen. "Das Internet ist für uns ein interessanter Vertriebsweg, wächst jährlich im zweistelligen Prozentbereich und ist ein effizientes Instrument zur Erschliessung neuer Kundengruppen. Da wir hauptsächlich Textilien anbieten, schauen sich die meisten Kunden unsere Produkte im konventionellen Katalog an und bestellen dann lediglich online. Daher lohnt sich der Aufwand, das ganze Angebot auch ins Internet zu stellen, im Moment noch nicht", so Horst Rose, Geschäftsführer Quelle Versand Schweiz. Zudem spricht er ein ganz anderes Problem an, das auch der schnellste Internetzugang nicht lösen kann. "Die Stimmung eines Kataloges kann man im Web nicht vermitteln."
Trotzdem: E-Commerce scheint langsam aber sicher zu funktionieren. Als Grund dafür sieht Ricardo.ch-Geschäftsführer Oertlin auch den Kunden selbst. "Das heutige Kundenverhalten hat sich verändert gegenüber dem umherklickenden Early Adopter. Der Kunde ist seriöser und treuer. Er kommt auf die Site, um etwas zu kaufen, und das generiert Wachstum."