SCO attackiert Linux-Kunden
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/10
Der Linux-Quellcode-Streit, den die SCO Group angezettelt hat, droht zu eskalieren. Nachdem SCO IBM auf einen zehnstelligsten Betrag verklagt hat, und auch Red Hat und Suse mit Klagen drohte (InfoWeek 9/2001 berichtete), werden jetzt die Linux-Endkunden ins Visier genommen. SCO verschickte an 1500 der grössten Konzerne rund um den Erdball Briefe, in denen die Firmen darauf hingewiesen werden, dass sie für den Einsatz von Linux eventuell haftbar gemacht werden könnten. Linux verletze SCOs geistiges Unix-Eigentum und weitere Rechte. Man wolle diese Rechte aggressiv verteidigen. Die Haftbarkeit, die sich aus dem Linux-Entwicklungsprozess ergeben habe, könne eventuell auch auf die Enduser zurückgreifen, so der Inhalt des Briefes. InfoWeek hat mit dem Linux-Spezialisten Peter Stevens von SFI Technology Services über die Tragweite des Falles gesprochen.
Zuerst einmal stellt Stevens klar, dass bislang nur Anschuldigungen veröffentlicht wurden, SCO den Beweis aber erst noch erbringen muss, dass Unix-Codes für Linux verwendet wurden. "Zudem muss SCO beweisen, dass sie nicht selber durch ihre Tätigkeit als Linux-Distributor die Quellen unter den GNU General Public License (GPL) veröffentlicht hat. Ist dies geschehen, dann sind die veröffentlichten Codes für immer und alle Ewigkeit frei nutzbar. Es könnte ein Testfall der GPL werden", so Stevens.
Für die Benutzer würden die Anschuldigungen aber kaum Auswirkungen haben, ist der Linux-Profi überzeugt. "Eventuell wird es Änderungen im Linux-Kern geben, um allfällig 'verseuchte' Module zu entfernen beziehungsweise zu ersetzen. Der nächste Linux-Upgrade würde das Problem lösen und der Benutzer merkt nichts davon."
So liegt denn der wahre Hintergrund der Anschuldigungen auch nicht irgendwo im Linux-Quellcode vergraben, sondern vielmehr in den leeren Geldbeuteln von SCO. Stevens klärt auf: "In den USA ist es Tradition, gegen finanzstarke Firmen zu prozessieren, um Geld zu verdienen. SCO hat 4 Millionen Dollar in der Kasse, machte aber Verluste von 11,2 Millionen Dollar in den letzten 12 Monaten. Die Firma braucht Geld oder einen Käufer. Darum geht es. So verklagt sie IBM auf eine Milliarde. Auch wenn Sie nur 50 oder 100 Millionen bekommt, hätte sie gewonnen. Um mehr geht es hier nicht." Diese Meinung wird auch von US-Analysten geteilt.
Stevens ist davon überzeugt, dass sich IBM und SCO aussergerichtlich einigen werden. Jedoch macht SCO alles andere als Werbung für den ach so lobenswerten Open-Source-Gedanken.