Wege zur Senkung der IT-Kosten
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/09
In den hiesigen IT-Abteilungen lassen sich nach wie vor Millionen von Franken einsparen. Dies, obwohl bereits seit Monaten - wenn nicht sogar Jahren - in den meisten Firmen ein rigoroser Sparkurs gefahren wird und vor allem im IT-Umfeld versucht wurde, die Kosten zu drücken. Auch im Januar waren noch 98 Prozent der InfoWeek-Leser der Überzeugung, dass sich in ihrer IT-Abteilung Geld einsparen lässt, während sich nur 2 Prozent überzeugt zeigten, dass überhaupt keine Möglichkeit mehr besteht, Geld zu sparen. Erstaunlich an der Umfrage von Anfang Jahr war aber auch, dass laut Lesermeinung im Abbau vom Personal kaum Sparpotential vorhanden ist. Vielmehr herrscht die Meinung vor, dass durch Konsolidierung der Infrastruktur oder durch den Einsatz von Open-Source-Software die Kosten gedrückt werden könnten.
InfoWeek wollte es nun genauer wissen und hat mit verschiedenen Schweizer Firmen aus den unterschiedlichsten Branchen über die konkreten Sparmassnahmen und deren Folgen gesprochen.
So verfolgt beispielsweise der bekannte Luzerner Textilhersteller Calida derzeit die Absicht, sagenhafte 50 bis 70 Prozent der bisherigen IT-Kosten einzusparen. Mit welcher Massnahme das möglich sein soll, wollte InfoWeek wissen. Dazu Calida-CIO Markus Brauchli: "Wir sourcen die ganze IT wieder ein."
Offenbar scheint Outsourcing beziehungsweise eben Insourcing in hiesigen Unternehmen ein ganz heisses Thema zu sein. Auch beim Telekomriesen Sunrise verfolgt man Sparmassnahmen vor allem im Insourcing von IT-Systemen beziehungsweise dem Betrieb, aber auch in der Applikationsentwicklung im CRM- und Billing-Umfeld. "Das Sparpotential beläuft sich auf über 5 Millionen Franken im Jahr", verrät Sunrise-CIO Marcel Walser.
Auch beim Elektroinstallations-Spezialisten Feller, der in Horgen über 350 Mitarbeiter beschäftigt, werden sämtliche externen Partner hinterfragt beziehungsweise neu evaluiert. "Bei Dienstleistungen werden Einsparungen bis zu 30 Prozent erwartet", so Markus Moser, Manager Information Systems bei Feller. Zudem würden als weitere Massnahme keine neuen Clients angeschafft.
Bei PSP Management, einem Teil des Immobilienunternehmens PSP Swiss Property Group, werden derzeit zwei ganz klare Projekte verfolgt: Zum einen soll vermehrt Standard-Software zum Einsatz kommen, was rund 40'000 Franken im Jahre sparen soll. Weitere 50'000 Franken will die Firma zusätzlich bei Drucker-Patronen und
-Tonern sparen - dies, indem der Druckerpark durch den Einsatz von Netzdruckern gestrafft wird.
Beim Telekomspezialist Ascom werden zur Zeit eine ganze Reihe Sparmassnahmen geplant oder umgesetzt, informiert Oliver M. Meyer, Head of Information Technology. Zum einen werden Wartungsverträge gekündigt, genauso wie Servicelevels gesenkt und Risiken erhöht werden. Zudem versucht man, längere Innovationszyklen durchzusetzen. Dazu werden sämtliche Projekte ohne Business-Modell eingefroren. Zu guter Letzt wird auch Personal reduziert. All diese Massnahmen sollen helfen, 20 bis 40 Prozent der Kosten zu sparen.
Beim Thema Personalabbau - leider immer noch eine der beliebtesten, weil einfachsten Sparmassnahmen - gehen die Meinungen der IT-Verantwortlichen tendenziell in eine ähnliche Richtung. Um Kosten zu senken, sei Personalabbau sicher ein Weg, sagt Calida-CIO Brauchli. "Ein konsequentes Ausgabenmanagement hilft aber effizienter." Zudem fügt er einen wesentlichen Punkt an: "Es muss auch darauf geachtet werden, dass beim Personalabbau kein einschneidender Know-how-Abfluss stattfindet und das Know-how im Betrieb gehalten werden kann." Und Erich Schwab, Leiter Informatik bei PSP, fügt an: "Gute und treue Mitarbeiter sind wieder gefragt und eigentlich immer rar. Und ohne Top-Mitarbeiter lässt sich keine Firma sanieren." Schwab ist sich sicher: "Eine gute IT-Dienstleistung spart im Endeffekt Geld und Zeit, und die User sind zufriedener."
Bei Ascom wird der Personalabbau damit begründet, dass aus der IT-Blütezeit noch immer Überkapazität vorhanden sei und dass auch die Servicelevels teilweise sehr hoch waren. Seit Ende der IT-Blütezeit werde nun versucht, die Kosten zu drücken.
Zumindest glaubt Ascom-Mann Meyer nicht, dass in der IT-Abteilung versucht wird, mehr einzusparen als in anderen Abteilungen. Ganz im Gegensatz zu Sunrise-CIO Walser, für den diese Vermutung naheliegend ist.
Calida-IT-Kopf Markus Brauchli denkt, dass überall gleichermassen gespart wird. "Nur ist das Potenzial vor dem Hintergrund der bisher extrem hohen Kosten in der IT höher."
Alle Firmen, die befragt wurden, sparen also in den IT-Abteilungen in der einen oder anderen Form. Die Wirtschaft jedoch darbt schon lange. Weshalb wurden die Massnahmen nicht schon früher umgesetzt? Die IT-Verantwortlichen drucksen herum: Die heutige Marktsituation erlaube es nun, diese Massnahmen durchzusetzen, erwidert beispielsweise Markus Moser von Feller schwammig.
Und Marcel Walser begründet: "Nach der Fusion von Diax und Sunrise konnten wir diese Massnahmen nicht sofort treffen." Die Fusion liegt nun über zwei Jahre zurück. Auf der anderen Seite räumt Walser ein, dass keine externen Spezialisten nötig waren, um das Sparpotential zu erkennen: "Das hat unsere IT-Abteilung leicht selbst erledigen können."
Erich Schwab von PSP gibt zumindest zu, dass die IT früher eben fast ein Heiligtum war. "Man musste alles haben." Diese Zeiten haben sich endgültig geändert.