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Cablecom lässt die Drähte singen

Ab Sommer will Cablecom Telefonie übers TV-Kabel anbieten – ein grossangelegter Testlauf wurde jetzt lanciert. Vor allem die Preise lassen das Angebot attraktiv erscheinen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/04

     

Die berühmt berüchtigte letzte Meile - das alte Swisscom-Monopol - beginnt zu bröckeln, zumindest im Einzugsgebiet des Kabelnetzproviders Cablecom. Der TV- und Internet-Anbieter steigt mit Cablecom Digital Phone ins Telefoniegeschäft ein. Seit Juni letzten Jahres laufen Feldversuche, in den letzten drei Monaten wurden diese auf bis zu 400 User - die meisten davon Cablecom-Mitarbeiter - ausgeweitet. Nun kommt man in die letzte gross angelegte Testphase, in welche die Hispeed-Internetkunden der Cablecom miteinbezogen werden. Während der ersten 3 Monate des Consumer-Test-Launchs werden den Teilnehmern - in dieser Phase maximal 1000 Neukunden pro Monat - die Aufschaltgebühren (43 Franken) sowie die monatlichen Grundgebühren (ab 20 Franken) erlassen. Bezahlen müssen sie so lediglich die Gesprächskosten, und diese wurden vom Telefonie-Neuling äusserst attraktiv gestaltet (siehe unten).


Echte Swisscom-Alternative

Die Cablecom hat hochfliegende Ziele mit den Telefoniediensten. "In einigen Jahren wollen wir mit einer halben Million Telefoniekunden die klare Nummer Zwei hinter Swisscom sein", erklärte Cablecom-COO Rudolf Fischer. Derzeit ist Digital Phone bei 1,1 der 1,5 Millionen Cablecom-Kunden möglich. Zudem bezeichnet der Kabelnetz-Riese Digital Phone als Schlüsselelement für Cablecom in der Zukunft - dies vermutlich nach einem intensiven Studium der Swisscom-Bilanzzahlen.




Wie steht's um die Finanzen?

Das Thema Finanzen konnte die Cablecom auch an der Lancierung des neuen Produkts nicht aussen vor lassen, schliesslich sah es im letzten Jahr zappenduster um das Unternehmen aus, vor allem aufgrund massiver Schwierigkeiten des Mutterhauses NTL. Fischer informierte, dass Cablecom sämtliche Investitionen (rund 220 Millionen Franken) sowie einen Teil der Zinsen aus dem EBITDA finanzierte. Zudem sei der Chapter-11-Prozess von NTL im Januar abgeschlossen worden, und die ehemaligen Obligationäre seien nun die neuen Mehrheitsaktionäre von NTL Europe. "Cablecom ist operativ erfolgreich. Der Aufbau von Digital Phone kann selber finanziert werden. Der Payback wird in etwa vier Jahren erfolgt sein", so Fischer zur Situation.




Business-Kunden müssen warten

Cablecom will bei der breiten Lancierung, die wahrscheinlich im Sommer stattfindet, vorerst einmal Privatkunden ansprechen. Dafür wurde die Tarifstruktur möglichst einfach gehalten - verschiedene Tarife für verschiedene Tageszeiten sucht man zum Beispiel vergebens (siehe unten).



Es sei natürlich möglich, kleine Unternehmen anzuschliessen, ein eigentliches Business-Angebot sei aber nicht geplant. Sind Geschäftskunden denn nicht attraktiv genug, wollte InfoWeek wissen. Dazu COO Rudolf Fischer: "In der Entwicklung von Cablecom gehen wir schrittweise vor. Es ist aber möglich, dass wir im Verlaufe des nächsten Jahres ein Business-Angebot lancieren." Wie dieses aussehen könnte war von Fischer aber noch nicht zu efahren.




Witziges Detail am Rande: An der Medienkonferenz verteilte Cablecom Abdeckplatten für den bestehenden Swisscom-Anschluss.

Alles über Cablecom Digital Phone



• Aufschaltgebühr Fr. 43.-



• 1. Anschluss Fr. 20.-



• 2. Anschluss Fr. 10.-



• Festnetztarif national einheitlich 3 Rappen pro Minute



• Mobilnetztarif national einheitlich 45 Rappen pro Minute



• Internationale Verbindungen zu Nachbarländern sowie USA, UK, Kanada einheitlich 10 Rappen pro Minute



• Option international 30: Kunde kann Länder auswählen und erhält für 3 Franken pro Monat 30 Prozent Rabatt bei Anrufen in diese Länder



Zusatzdienste



• Kabelmodem inklusive Internetanschluss und zwei Telefonanschlüssen im Preis inbegriffen



• Virtueller Anrufbeantworter im Preis inbegriffen, kann weltweit via Telefon oder Internet abgehört werden



• Rufnummer-Anzeige bei geeignetem Telefon




Weitere Infos



• Praktisch alle Festnetztelefone können verwendet werden (ausser ISDN)



• Bisherige Rufnummer kann übernommen werden



• Pre-Selection bei anderem Anbieter möglich

Telefonie als Internet-Feature?

Telefonieren über das TV-Kabel hat entgegen der oft geäusserten Meinung nichts zu tun mit Voice-over-IP. Es handle sich dabei um einen vollwertigen Festnetztelefonie-Service, so die Cablecom, und dementsprechend hoch sei auch die Qualität der Services - was sich jetzt zeigen wird.



Die Sprachdaten werden gegenüber den Internetdaten bevorzugt behandelt, weshalb auch bei intensivem gleichzeitigem Surfen bzw. bei Engpässen im Cablecom-Netz die Qualität der Sprachservices nicht geschmälert werden soll.




Auch zu den oft kritisierten Ausfällen des Cablecom-Netzes wurde Stellung genommen. Man habe derzeit eine Verfügbarkeitsrate von beachtlichen 99,8 Prozent, behauptet Cablecom. Zudem werde daran gearbeitet, dass die Verfügbarkeit weiter verbessert werde. Diese Aussage lässt jedoch den Schluss zu, dass sie eventuell doch nicht ganz bei 99,8 Prozent liegt.



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