Open-Source-Datenbanken auf dem Vormarsch

MySQL und Co. werden künftig das Leben von Anbietern kommerzieller Datenbanken schwer machen, behauptet eine Studie – IBM und Oracle sehen diese Entwicklung eher als Chance.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/06

     

Bis 2006 werden Open-Source-Datenbanken auf breiter Ebene zum Einsatz kommen und ihrem Nischendasein entschwunden sein. Dies besagt eine Studie des IT-Marktforschungsunternehmens ARM Research, die sich auf Einschätzungen von 140 befragten IT Managern beruft (siehe Kasten).
«Das Thema Open Source hat bereits heute im Datenbank-Geschäft einen Einfluss», ist auch Ivo Körner überzeugt, bei IBM zuständig fürs Datenbankgeschäft im deutschsprachigen Raum, «wir sehen die Entwicklung für uns aber nicht negativ. Primär kommen Open-Source-Datenbanken im Low-End-Bereich zum Einsatz.» DB2 Universal Database gibt es zum Beispiel bereits heute als Linux-Version. IBM unterstützt mit ihren Produkten generell die Open-Source-Initiative.


Open Source revitalisiert den Markt

Mit ein Grund, dass man sich bei IBM keinen Kopf wegen der Open-Source-Bedrohung macht, dürfte primär die Lancierung der DB2 Express Datenbank sein, die für KMU positioniert wurde und preislich attraktiv ist. «Neben IBM DB2 UDB for Linux haben wir speziell das Express-Paket als Angebot für den Mittelstand konzipiert, nicht jedoch aufgrund der Open-Source-Entwicklung lanciert», so Körner. «Beide Zielmärkte existieren nebeneinander mit geringen Überschneidungen. Die Situation, dass wir auf Open-Source-Konkurrenz stiessen, erlebten wir in den vergangenen 12 Monaten genau zwei Mal – und glauben Sie mir, wir hatten eine Menge Projekte.» Körner vermutet jedoch, das Microsofts SQL unter Druck kommen könnte, denn zum einen drückt Open Source vom Low-End-Bereich her ins Geschäft, zum anderen würden etablierte High-End-Datenbankanbieter mit Lösungen für den KMU-Bereich von oben her angreifen. Im High-End-Umfeld sieht er hingegen wenig Chancen für Open-Source-Lösungen: «In diesem Bereich wird vor allem in Zusammenarbeit mit Hochschulen in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Unternehmen einiges ausprobiert. In der kommerziellen Datenverarbeitung stehen Skalierbarkeit, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, Service und Support im Vordergrund. Im High-End-Umfeld bei unternehmenskritischen Anwendungen ist der Anschaffungspreis – das Hauptargument für Open Source – nicht ausschlaggebend.»





Bei Oracle würde man es gar begrüssen, wenn Open-Source-Lösungen etwas stärker werden würden. Dazu Massimo Castelli, Technology-Presales-Leiter bei Oracle: «Der Markt wird breiter und durch Open-Source revitalisiert. Firmen, die mit einer Open-Source-Datenbank anfangen, sind künftige potentielle Oracle-Kunden – nämlich dann, wenn die Open-Source-Lösung den Bedürfnissen nicht mehr genügt.» Dass jedoch quelloffene Datenbanken zur Konkurrenz werden, glaubt er nicht: «MySQL beispielsweise hinkt unserer eigenen Lösung vom heutigen Entwicklungsstand her um mehrere Jahre hinterher. Wenn Zuverlässigkeit, Skalierbarkeit und Support gefragt sind, macht eine Open-Source-Datenbank keinen Sinn. Und zudem, sobald man Support und Services will, muss man auch für Open Source Geld in die Hand nehmen.»


Basistechnologie Datenbanken

Patrick Lemoine, Vice President Enterprise Business EMEA bei MySQL AB, geht zwar mit den kommerziellen Herstellern darin einig, dass sich, wer High-End-Funktionalitäten in Anspruch nehmen will, bei Oracle und Co. finden wird. Jedoch könne man mit MySQL den Commodity-Teil des Datenbankmarktes abdecken. «Wir schätzen, dass wir damit 90 Prozent des Marktes bedienen können.» So kann er denn den Ergebnissen der ARM-Studie zustimmen, mehr noch, bereits heute würden vermehrt grosse Firmen auf MySQL Server und MaxDB setzen: «Zunehmend wird MySQL auch für geschäftskritische Anwendungen genutzt», so Lemoine gegenüber
InfoWeek.





In eine ähnliche Richtung gehen die Aussagen von Björn Schotte von ThinkPHP, einem Netzwerk aus PHP-Experten. Er spricht von Kunden, die MySQL in einem bestimmten Bereich einsetzen und in anderen Segmenten, beispielsweise beim SAP-Einsatz, auf andere Datenbanken wie Oracle setzen. Gerade in diesem Bereich dringe man aber im Moment vor, als Resultat der Weiterentwicklung von SAPs Lösung SAP DB zum Open-Source-Produkt Max DB. «Datenbanken werden mehr und mehr Teil der Basis-Technologie, und damit dürfen sie nicht mehr proprietär, komplex oder teuer sein», gibt Claudia Rollero von SAP Schweiz als Grund für diese Entwicklung an. ThinkPHP-Mann Schotte ist denn auch der Überzeugung, dass Open-Source-Datenbanken von vielen unterschätzt werden: «Oftmals kommen Oracle und Co. aufgrund politischer Entscheidungen zum Einsatz, oder weil man nach dem Grundsatz ‘Was kostenlos ist, taugt nichts’ handelt.»


Bye, bye Oracle & Co.

Gemäss ARM Research werden Open Source Datenbanken (vor allem MySQL, MaxDB, PostgreSQL) bis zum Jahr 2006 auf breite Akzeptanz stossen. Es wird eine ähnliche Entwicklung prognostiziert, wie sie derzeit im Betriebssystem-Umfeld stattfindet (Linux bedroht Windows, Solaris etc.). So soll es traditionellen DB-Anbietern künftig schwerfallen, Upgrades zu verkaufen und Neukunden zu gewinnen. Für die Studie wurden 140 IT-Manager befragt. Von denjenigen, die in den nächsten zwei Jahren eine neue Lösung evaluieren wollen, hätten 40 Prozent die Kosten als Hauptmotiv genannt.


Cluster-Version von MySQL

MySQL AB hat für April eine Cluster-Version der Open-Source-Datenbank angekündigt. Das Clustern soll auf unterschiedlichen Plattformen wie Linux, Solaris und Windows sowie
Intel und Sparc möglich sein. Ein anderes Feature, das MySQL näher an Mainstream-DBs heranbringen soll, ist die Einführung von Stored-Procedures-Support, der mit der
Version 5 kommen soll, an der im Moment gearbeitet wird

(mw)


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