FileMaker 8 kann endlich PDF-Export

Die jüngste FileMaker-Ausgabe wurde auf Anwenderfreundlichkeit getrimmt und erfreut Entwickler mit längst überfälligen Funktionen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/17

     

Bei FileMaker 7 wurde vor allem die grundlegende Datenbank-Engine rundum erneuert. Die Version 8 steht ganz im Zeichen der Benutzerfreundlichkeit, die bedeutend verbessert und durch einige praktische Funktionen ergänzt wurde, die man im täglichen Gebrauch und ohne Skripte anwenden kann. Die wichtigsten Beispiele dafür sind etwa die Verbesserungen beim Datenaustausch über PDF und Excel.
Die Version für fortgeschrittene Anwender und Entwickler wurde von Developer auf Advanced umgetauft. Mit dem Namenswechsel will der Hersteller die Hemmschwelle tiefer halten. Offenbar hatten viele Anwender das Gefühl, sie müssten professionelle Entwickler sein, um diese Version nutzen zu können, und hatten sich deshalb mit der «normalen» Version begnügt.


Adobe-PDFs direkt erstellen

Im folgenden gehen wir zunächst auf die wesentlichsten Neuerungen ein, die besonders für Anwender interessant sind.
Mit FileMaker 8 können endlich Adobe-PDF-Dokumente direkt erstellt werden. Zwar konnte man schon seit längerem über FreePDF oder andere Druckertreiber ein PDF-Dokument erzeugen. Aber FileMaker geht einen Schritt weiter, indem das Erstellen von PDFs als Menüpunkt oder Skriptbefehl eine Einbindung in einen Workflow erlaubt und so eine Menge von Funktionen möglich sind, die über Freeware- oder Plug-in-Lösungen nur mit Klimmzügen machbar waren. So kann ein PDF zum Beispiel direkt an eine E-Mail angehängt werden (siehe auch E-Mail Merge). Da die Adobe PDF Library von Datalogics verwendet wird, kann ein PDF ausserdem mit Acrobat-Sicherheitsoptionen versehen werden, was beispielsweise in der Medizin – etwa für Arztberichte – sehr interessant ist. Aus lizenztechnischen Gründen fehlt leider bei Run-Time-Versionen die PDF-Technologie.






Bisher konnten Excel-Dateien zwar locker importiert werden, aber dann liessen sie sich nur über CSV (Comma Separated Values) oder Tab-Text wieder ausgeben. Diese Dateiformate mussten jeweils in einem separaten Schritt in Excel importiert werden, um damit weiterarbeiten zu können. Neu können exportierte Excel-Dateien unter einem bestimmten Pfad gespeichert oder direkt an eine E-Mail angehängt werden. Ausserdem können jetzt auch nur die auf einem bestimmten Layout angezeigten Felder für den Export bestimmt werden. So wird der Anwender nicht durch die restlichen Felder verwirrt.
Die Export-Funktion für Excel, beziehungsweise die bessere Integration mit Office, löst in dem Sinne auch das Problem mit der auch in der Version 8 immer noch fehlenden Charting-Funktion. Aber vielleicht ist dieser Weg auch der elegantere, da in den Firmen sicher mehr Know-how für Excel-Grafiken vorhanden ist. Setzt man die Excel-Grafik auf einer externen Tabelle auf, kann man die Daten auch bequem aktualisieren.


Schneller schicken, schneller suchen

Mit Fast Send und E-Mail Merge kann auf einfache Weise eine E-Mail aus den Feldern einer Datenbank erzeugt werden. E-Mail-Funktionalität war zwar schon in der Version 7 enthalten, aber man musste dazu ein Skript erstellen. FileMaker setzt auf den Mail-Funktionen des Betriebssystems auf (Windows/MAPI Outlook, Outlook Express und Eudora beziehungsweise Mac OS X Apple-Mail, Entourage und Eudora). Es wird kein eigener POP/SMTP-Maildienst verwendet. Will man dies, muss man auf Plug-ins zurückgreifen.
Fast Match ist eine weitere Suchhilfe, die «kopieren/suchen/einfügen» ersetzt. Befindet sich der Cursor zum Beispiel im Feld «Ort» mit Eintrag «Glattbrugg» und wählt man mit der rechten Maustaste «FastMatch», findet FileMaker alle Einträge mit Glattbrugg.


Layout-Erweiterungen

Die Layout-Funktionen wurden um die Möglichkeit erweitert, Objekte einfacher ausrichten und eine Gruppe von Objekten gleich breit machen zu können. Ein neues Werkzeug erlaubt es überdies, sehr einfach Registerkarten (auch «Reiter» oder «Öhrchen» genannt) und damit in einem Layout mehrere Ansichten zu erstellen. Leider ist das Umschalten der Reiter nicht mit Skripten/Buttons möglich, so dass ein Entwickler wenig Kontrollmöglichkeiten hat (beispielsweise für Ansichten je nach Zugriffsberechtigung). Daher sind die Reiter im Moment vielleicht noch etwas in den Kinderschuhen. Aber sehr interessant daran ist, dass die Reiter im Instant Web Publishing (IWP) funktionieren. Dadurch kann auf einfachste Weise ein Userinterface auf einer Website erstellt werden.


Längst Überfälliges

Zu den weiteren neuen Funktionen in FileMaker 8 zählt zum Beispiel die Möglichkeit, über die Import-Funktion eine Tabelle zu importieren (siehe auch Advanced Version). Verbessert wurde auch die Anzeige des grafischen Relationenmodells. Einerseits wurde es beschleunigt, und andererseits kann man nun Textkommentare anbringen. Zudem können Tabelleninstanzen auf dem Grafen einfacher verwaltet werden.





Weiter können Skripte mit Variablen arbeiten, und ein Feld kann mit der Funktion versehen werden, Feldeingaben automatisch gemäss früheren Werten (nicht Wertelisten) zu vervollständigen. Bei Datumsfeldern lässt sich zudem ein kleiner Aufklapp-Kalender hinzufügen. Wertelisten können nun so definiert werden, dass nur noch der zweite Wert (zum Beispiel die Beschreibung) aufklappt, aber der erste Wert (zum Beispiel die Artikelnummer) eingesetzt wird. Der Skriptbefehl «Gehe zu Bezugsdatensatz» wurde dahingehend erweitert, dass alle Bezugsdatensätze passend zu allen Kopfdatensätzen aufgerufen werden können. Überdies wurden einige neue Hole()-Funktionen hinzugefügt, darunter Befehle wie Get(DesktopPath), Get(OpenRecordCount), GetNthRecord(field,number), und ganz interessant: Get(ScriptResult); so können Skripte Werte zurückgeben.






Alles in allem wurden an vielen Ecken Funktionen eingebaut, die man sich schon lange gewünscht hat oder die schon längst überfällig waren. Dazu gehört etwa auch die Unterstützung des Maus-Scroll-Rades unter Mac OS X. Verbessert wurde schliesslich auch die Rechtschreibeprüfung. Der fragliche Text wird direkt im Feld unterstrichen, was mittlerweile eigentlich Standard ist. Das Benutzerwörterbuch bleibt aber leider auf 64 KB beschränkt, was bei Anwendern mit spezieller Terminologie wie Industrie oder Medizin den Einsatz einschränkt.
Insgesamt fühlt sich die ganze Applikation im Bildschirm- und Fensteraufbau schneller an. Diese Wertung ist rein subjektiv und basiert nicht auf Benchmark-Messungen.


FileMaker Pro 8 Advanced

Die Palette der neuen Funktionen für Entwickler ist wirklich breit geworden, und FileMaker hat schliesslich diejenigen wichtigen Features nachgereicht, welche sich viele Entwickler schon bei der letzten Version gewünscht hätten.
Ein sehr hilfreiches neues Feature erlaubt es, Tabellen oder auch nur einzelne Felder mit Copy/Paste umzukopieren (in der Pro-Version kann man nur eine ganze Tabelle importieren). Auch in Skripten kann man mit Copy/Paste einzelne Schritte kopieren oder beispielsweise zum Testen deaktivieren.




Erstmals lassen sich für Skripte lokale und globale Variablen definieren, wie man es etwa von C oder anderen Programmiersprachen kennt. Über die Funktion «Set Variable» wählt man $ für lokale und $$ für globale Variablen. Wichtig ist dabei, dass diese Variablen auch in allen Dateipfaden für Import, Export, PDF- oder Excel-Files verwendet werden können und der Entwickler nun Dateien an beliebigen Orten speichern oder den Pfad berechnen kann.
Über Custom-Menüs lässt sich neu die Menüstruktur des Programms ändern, so dass die Datenbank wirklich nur noch die gewünschten Menüpunkte enthält. Die eigenen Menü-Sets können an ein Layout gekoppelt sein oder werden per Skript gesteuert. Die Einsatzmöglichkeiten sind dabei vielfältig.






Zum bekannten Script Debugger gesellt sich der DataViewer, mit welchem Werte während der Laufzeit überwacht werden können – bisher musste man ja immer ein Feld auf das Layout legen, um den Wert zu sehen. Im DataViewer kann man auch Formeln zuerst ausprobieren, ohne eine Felddefinition zu erstellen.
An diesem Punkt sei erwähnt, dass FileMaker 8 keine leeren Resultate mehr liefert, sondern konsequent mit einem «?» antwortet, wenn eine Berechnung oder Funktion fehlschlägt. Dieses geänderte Verhalten kann bedingen, dass Formeln, die mit IstLeer() ein Resultat testen, nicht mehr korrekt funktionieren.
Nur wenige Änderungen hat der Database Design Report erfahren. Erwähnenswert ist hier, dass fehlende Felder und Beziehungen besser gefunden werden.





Endlich lassen sich mit FileMaker 8 Advanced Tooltips (oder die kleinen gelben Sprechblasen) erstellen. Wer hier diszipliniert dokumentiert, spart sich das halbe Handbuch. Der Text eines Tooltips ist das Resultat einer berechneten Formel. Tooltips funktionieren zudem auch im IWP, das übrigens auch verbessert wurde. So gibt es diverse kleinere Änderungen im Bereich der Skripte und der Sicherheit. Nicht webfähige Befehle werden im Skripteditor grau angezeigt. Anstelle der eingebauten kann auch eine eigene Homepage verwendet werden. Die Registerkarten und der DropDown-Kalender funktionieren auch im IWP. Neben Internet Explorer und Safari wird neu auch Firefox unterstützt.


Einfachere Migration

Schliesslich sind Funktionen hinzugekommen, die man sich vor allem beim Migrieren von 6er-Lösungen schon lange gewünscht hat – manuelle Eingriffe bleiben jedoch. Kopiert man eine Tabelle um, werden die Beziehungen des Grafen nicht mitkopiert. Formeln, die dann aufgrund einer fehlenden Beziehung nicht gültig sind, werden mit «/*...*/» auskommentiert. Skripte, die sich auf diese Tabelle beziehen, werden nicht mitkopiert. Da ist immer noch Handarbeit gefragt, aber der Prozess des Umschreibens und Migrierens ist mit den neuen Funktionen doch etwas einfacher geworden.
In Entwicklerkreisen war aus Gesprächen zu entnehmen, dass an der Konvertierung von FileMaker-6-Lösungen auf Version 8 noch einiges verbessert wurde und eine konvertierte 6er-Version weniger Probleme mache. FileMaker 8 benutzt übrigens, wie früher bei den Versionen 5, 5.5 und 6.0, immer noch .FP7-Endungen und -Dateiformate und FileMaker-7/8-Datenbanken können im Netz koexistieren. Es versteht sich aber von alleine, dass die neuen FileMaker-8-Funktionen mit FileMaker-7-Clients nicht genutzt werden können.


Serverversionen

FileMaker Server 8 und Server 8 Advanced befinden sich noch in der Beta-Phase. Gemäss Hersteller soll die Serverversion schneller geworden sein, da die Server-Hard- und Software besser unterstützt wird. Aber für konkrete Zahlen muss man wohl das fertige Produkt abwarten.
Server 8 kann Dateien für FileMaker 7 und 8 gemischt hosten, ist rückwärts kompatibel zur Version 7 und unterstützt alle neuen Funktionen von FileMaker 8 Advanced sowie serverseitige Berechnungen von Formeln und komplexen Suchabfragen.
Darüber hinaus sollen das Logging von Events und Fehlern sowie die Zuverlässigkeit verbessert worden sein. Dateien werden beim Start zum Beispiel auf ihre Datenintegrität geprüft.
Windows XP erscheint nun wieder als offiziell unterstütztes Betriebssystem. Bisher lief Server 7 nur auf sogenannten Server-Betriebssystemen wie Windows 2000 und Windows 2003 Server. Um die Einstellungen und Backup-Zeitpläne der Version 7 übernehmen zu können, liefert FileMaker ein Migrationstool mit.
Wie schon bei der Version 7 ist Server 8 nur mit FileMaker-eigenen Clients über das fmnet-Protokoll kompatibel. Server Advanced unterstützt die Web Publishing Engine für IWP, Custom Web Publishing mittels XML und ODBC sowie JDBC-Verbindungen.


Mobilversion als nette Beigabe

Während sich FileMaker Pro Advanced immer mehr zum Flaggschiff entwickelt, bleibt FileMaker Mobile eher im Bereich Paddelboot auf der Strecke. Als einzige Neuerung können die Daten nun direkt mit dem Server synchronisiert oder zum Server geladen werden. Betreffend Funktionsumfang ist das Produkt eher eine nette Beigabe zu FileMaker Pro, als dass es ein Preisschild verdient. FileMaker Mobile 8 für Palm und Pocket PC kommt im Herbst auf den Markt.


Der Autor

Alexis Gehrt ist Inhaber der Firma Database Designs (www.database-designs.ch) und beschäftigt sich praktisch ausschliesslich mit der Entwicklung von kundenspezifischen FileMaker-Datenbanken.




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