Was die Outsourcer den KMU zu bieten haben

Viele Anbieter buhlen um die Gunst der KMU-Kunden im IT-Outsourcing-Markt. InfoWeek wollte von den Dienstleistern wissen, was KMU vom Auslagern erwarten können.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/17

     

Mittlerweile gibt es in der Schweiz unzählige mehr oder weniger spezialisierte Outsourcing-Unternehmen. Der vielversprechende Markt ist hart umkämpft, was sogar Firmen dazu veranlasst, Studien in Auftrag zu geben, die den potentiellen Verlust beim IT-Insourcing unter die Lupe nehmen.



So hat beispielsweise Cumulus Research Partners im Auftrag von PSINet Europe errechnet, dass in diesem Jahr europaweit im Zusammenhang mit unternehmensinternen Hosting-Aufgaben 115 Millionen Arbeitsstunden verschwendet werden. Allein in der Schweiz sollen laut der Untersuchung bis Ende 2003 mehr als sechs Millionen Arbeitsstunden verlorengehen. Dies, weil Unternehmen den eigenen Zeit-, Kapital-, Serviceleistungs-, Planungs- und Verwaltungsaufwand zur Unterhaltung der eigenen Infrastruktur unterschätzten.




Bei all diesen Erhebungen wurde der Fokus in der Vergangenheit hauptsächlich auf grosse Unternehmen gerichtet. Da es aber immer noch kein Patentrezept für ein erfolgreiches Outsourcing gibt und gerade für kleine und mittlere Unternehmen das Für und das Wider schwer abzuschätzen ist, wollten wir von rund einem Dutzend Anbietern wissen, welche Vor- und Nachteile KMU nach ihrer Ansicht aus Outsourcing-Projekten ziehen können.


Konzentration aufs Kerngeschäft

Die Anbieter sind sich natürlich einig, dass sich eine Auslagerung der IT, zumindest in Teilbereichen, auf jeden Fall lohnt. Als Antriebsfeder stehen sie geschlossen hinter der Überzeugung, dass die Auslagerung von bestimmten IT-Aufgaben Kapazitäten freigibt, wodurch sich das Unternehmen auf seine Kernkompetenzen konzentrieren kann, was wiederum zu Wettbewerbsvorteilen führt.



Auch aus Sicht der Anwender steht die Konzentration auf die Kernkompetenzen an oberster Stelle der Antriebsfaktoren für die Auslagerung der eigenen IT. Dies sagten 61,9 Prozent der Teilnehmer an einer Umfrage von MSM Research. 47,6 Prozent der befragten Unternehmen sehen die Vorteile des Outsourcing, sei es der ganzen IT-Infrastruktur oder auch nur von Teilbereichen, in der Nutzung von externem Know-how mit gleichzeitiger Kosteneinsparung respektive -transparenz.




Im Vergleich zur Vorjahresstudie seien die Antworten deutlich höher ausgefallen, was darauf hinweise, dass die Besinnung auf die eigentliche Mission und der weiter zunehmende Kostendruck starke Antriebsfaktoren auch für Unternehmen darstellen, welche bislang dem Auslagerungsgedanken eher skeptisch gegenüberstanden, so MSM Research.




Verlockende Vorteile

Ursprünglich war das Interesse am Outsourcing vor allem seitens Start-up-Unternehmen besonders gross, da diese glaubten, enorme Initialkosten beim Aufbau ihrer Firma einsparen zu können. Dies stimmt auch in gewissen Bereichen, jedoch übersteigen die Outsourcing-Kosten bei bestimmten Aufgaben jene des Insourcing erheblich. So sind beispielsweise die für Kleinstfirmen notwendigen, kostengünstigen und trotzdem sicheren Lösungen (wie etwa für die Fernwartung) noch nicht in der geforderten Preislage verfügbar.



Mit Ausnahme von einigen Aufgaben wie etwa dem Webhosting, lohnt sich deshalb Outsourcing für Kleinstunternehmen kaum. Die Basler IT-Berater IT-Systems haben in einer Studie, die von Microsoft in Auftrag gegeben wurde, sogar festgestellt, dass ein erfolgreiches Outsourcing für Kleinstunternehmen gar nicht möglich sei. KMU mit 50 oder mehr IT-Arbeitsplätzen können hingegen von den vielfältigen Vorzügen der Auslagerung profitieren.




Zu den Hauptvorteilen neben einer klaren Kostenstruktur und der damit zusammenhängenden Möglichkeit einer transparenten Budgetierung, zählt nach Ansicht der Outsourcer vor allem die Möglichkeit, das Know-how der externen Spezialisten nutzen zu können. Die Firma muss die notwendigen Fachleute für den Betrieb und den Unterhalt einer IT-Lösung nicht selber zur Verfügung haben und profitiert darüber hinaus von einer kostengünstigen Überwachung rund um die Uhr, verbunden mit einer fachkompetenten IT-Security. Ausserdem sollen die Implementationszeiten für neue Lösungen erheblich verkürzt werden.



Als weitere positive Nebenerscheinungen führen die Anbieter unter anderem die Einschränkung des Wildwuchses innerhalb der IT-Infrastruktur und eine bessere Übersicht und Kontrolle auf. Die Outsourcing-Dienstleister sprechen aber auch davon, dass den modernen Gedanken des Mobile Computing und der Schaffung von
Home- und Small-Office-Arbeitsplätzen Rechnung getragen werde. Aus all diesen Faktoren resultiere ein vermindertes Risiko und dadurch wiederum ein erhöhter Investitionsschutz.




Wichtige Voraussetzungen

Um von all diesen durchaus reizvollen Vorteilen profitieren zu können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden.



Einerseits muss ein Service-Partner gefunden werden, der die KMU-Bedürfnisse kennt, nachweisbar Erfahrungen in diesem Kundensegment hat und passende Leistungen anbietet. Andererseits raten die Outsourcer, die Zielsetzungen und Bedürfnisse genau zu analysieren und zu dokumentieren. Dazu sei es notwendig, dass ein eindeutiger Ansprechpartner auf der Kundenseite vorhanden ist.




Professionelle Outsourcer arbeiten nach Prozessen. Daher ist es wichtig, dass der Kunde bereit ist, Änderungen bezüglich Arbeitsweise und Prozesse vom externen Partner zu übernehmen.



Unabdingbar für eine erfolgreiche Auslagerung sind klar definierte Service Level Agreements (SLA), wie die Anbieter einhellig betonen. Diese müssen genau regeln, was der Dienstleister übernimmt, welche Services zu welchen Konditionen geliefert werden und was passiert, wenn der gewünschte Service-Grad nicht erreicht wird.




Problemfaktor Mensch

Die grössten Probleme bei Outsourcing-Projekten tauchen beim Faktor Mensch auf. Einerseits sei es problematisch, "die interne IT-Abteilung von den Vorteilen eines selektiven Outsourcing zu überzeugen", wie uns die Firma Aspectra wissen lässt. Andererseits "habe der Informatikverantwortliche oft Schwierigkeiten, gegenüber der Geschäftsleitung die Wichtigkeit der IT und die damit zusammenhängenden Kosten verständlich zu machen", so Outsourcing-Anbieter Econis. Bei den Verantwortlichen bestünden nach wie vor negative Vorstellungen und subjektive Vorbehalte zum Thema Outsourcing.



Auch die Erfahrungen der Firma Accenture zeigen, dass systematische Probleme in Outsourcing-Projekten - unabhängig von der Unternehmensgrösse - mit einer gut etablierten Kunden-Kommunikation vermieden werden können.




Genau ins gleiche Horn blasen die Anbieter, wenn es um die Problematik der Erwartungshaltung seiten des Kunden geht. Unisys spricht etwa von falschen Erwartungen in bezug auf das, was der Outsourcer leistet und was vertraglich zu einem Pauschalpreis vereinbart ist.



Und bei Telekurs Services kennt man etwa die Erwartungshaltung, dass IT-Fehler behoben werden können, indem sie ausgelagert werden. Telekurs Services weiss aber auch, dass ein qualifizierter Outsourcing-Partner bereit ist, solche Fehler aufzuspüren und gemeinsam mit dem Unternehmen zu beheben.



Das wichtigste ist also die Kommunikation, wie auch Isource zu berichten weiss: "Regelmässige Accountmeetings helfen, auftretende Probleme an der Wurzel zu packen und zu lösen."




Unterschätzte IT

Das Outsourcen der ganzen IT kann KMU erhebliche Wettbewerbsvorteile bringen. Es ist jedoch schwierig, abschliessend eine allgemeingültige Empfehlung abzugeben. Zu gross sind die Unterschiede innerhalb der verschiedenen Unternehmen.



Fest steht aber, dass sich der Mitarbeiter selber über die Bedeutung der IT im klaren werden muss. Denn dieser Faktor wird von vielen kleineren und mittleren Unternehmen zu oft unterschätzt.




"Je nach Betriebsgrösse und Branche haben KMU keine Informatik-Abteilung im eigentlichen Sinne", sagt Jörg Henseleit, Outsourcing-Verantwortlicher bei Unisys. "So werden die Systeme von jenen betreut, die eine Affinität zur IT haben wie zum Beispiel vom Entwicklungsleiter", so der Spezialist. Da dies meistens nebenbei geschehe, sei die Betreuung der Systeme vielfach auf Gegenwartsbewältigung beschränkt. "Für eine strategische IT-Ausrichtung unter Einbezug neuer Lösungen und Technologien fehlen deshalb meistens die Zeit und vor allem die Kenntnisse. Auch besitzen die meisten KMU keinen eigentlichen Fürsprecher der IT, die deshalb oft ein stiefmütterliches Dasein fristet. Und somit verkauft dem Management auch niemand die Bedeutung der IT", stellt Henseleit abschliessend fest.




Zu viele Fehler im Outsourcing-Markt

IT-Outsourcing ist in Mode gekommen, musste in jüngster Zeit aber auch immer wieder für negative Schlagzeilen hinhalten. Während die Branche vor wenigen Jahren noch euphorisch von zweistelligen Wachstumsraten sprach, ist in der Zwischenzeit doch eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Zwar hält der Trend der Auslagerung von Aufgaben und Dienstleistungen an spezialisierte externe Unternehmen nach wie vor an, jedoch ist längst nicht jedes Outsourcing-Projekt von Erfolg gekrönt.



Die Marktforscher der Gartner Group kamen etwa Anfang Jahr in einer weltweiten Untersuchung zum Schluss, dass 50 Prozent aller Outsourcing-Projekte von den Auftraggebern als Fehlschläge empfunden wurden, weil sie nicht den gewünschten Effekt brachten. Schuldig an dem Dilemma seinen hauptsächlich die Outsourcing-Unternehmen, weil sie zu oft nicht herausfänden, was die Kunden wirklich brauchen, so die Studie.




Trotzdem steht der Branche eine vielversprechende Zukunft bevor, wie die Marktforscher der Meta Group herausgefunden haben wollen. Die Auguren gehen in einer aktuellen, internationalen Erhebung davon aus, dass 70 Prozent aller Unternehmen bereits Teile ihrer IT-Infrastruktur ausgelagert haben. Dieser Anteil soll in den nächsten drei Jahren sogar auf 100 Prozent ansteigen. Die Meta-Group-Propheten stellen in ihrer Analyse aber auch fest, dass beim Outsourcing immer noch zu viele Fehler gemacht werden. Unsorgfältige Vorbereitungen und blauäugige Erfolgshoffnungen seien dafür verantwortlich.



Ähnlich sieht es in der Schweiz aus. Das Zentrum für Informations- und Kommunikationsrecht an der Universität Zürich hat in Zusammenarbeit mit dem Branchenverband SIMSA (Swiss Interactive Media and Software Association) und dem Schweizer Zentrum für Kommunikationsrecht Schweizer Grossunternehmen zu deren IT-Outsourcing-Projekten befragt. In den letzten fünf Jahren haben zwei Drittel der befragten Firmen mindestens einmal ein IT-Outsourcing-Projekt in Angriff genommen, so die Erhebung. Von den anderen erwägen zur Zeit 53 Prozent ein solches Projekt. Nur gerade 46 Prozent der Projekte haben die Erwartungen erfüllt. Fünf Prozent sprechen sogar von einem totalen Misserfolg. Die Studie wurde unter dem Titel "Swiss IT-Outsourcing Survey 2003" veröffentlicht.



Die wichtigsten Schweizer Outsourcer



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