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The Voice of America: Wer gewinnt die Standardkriege?

802.11b und Firewire: Microsoft hat eine Entscheidung getroffen, was bedeutet, dass der End-User nicht mit zwei konkurrierenden Standards konfrontiert wird, die annähernd dasselbe tun.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/15

     

Es ist keine grosse Neuigkeit, dass Microsoft den 802.11b-Standard für Wireless LAN Bluetooth vorzieht. Und es ist auch keine grosse Nachricht, dass man in Redmond Firewire gegenüber USB 2.0 präferiert. News-Wert hat dagegen, dass Microsoft eine Entscheidung getroffen hat, was bedeutet, dass der End-User nicht mit zwei konkurrierenden Standards konfrontiert wird, die annähernd dasselbe tun.



Während Microsoft diverse technische Gründe für den Entscheid anführt, hat dieser vor allem den Effekt, dass er unser Leben vereinfacht. Sie brauchen sich im einschlägigen Fachhandel künftig nicht zu fragen, ob Sie nun lieber USB oder Firewire kaufen. Oder ob Sie Bluetooth oder 802.11b benötigen.




Microsofts ganze XP-Strategie läuft letztlich darauf hinaus, dem Kunden ein besseres "End-to-End"-Erlebnis zu bieten. Und das heisst, je weniger Entscheidungen über die Technik getroffen werden müssen, desto besser. Natürlich gibt es Leute, die sich gern um solche Dinge kümmern. Ich aber bin einfach froh, dass mir die Entscheidung abgenommen wird.



"End-to-End" bedeutet in diesem Zusammenhang, alles vom Anschliessen beispielsweise eines MP3-Players über das Erkennen des Geräts durch die Software, wie das Programm das Durchbrowsen der Musikdateien erlaubt, wie CDs gerippt und auf die Festplatte geschrieben werden, wie man MP3s aus dem Internet herunterladen kann, bis hin zur Auswahl der Songs zum Kopieren auf den Player und dem tatsächlichen Kopiervorgang. Und habe ich die Rechteverwaltung schon erwähnt?



Microsoft will all diese Vorgänge so nahtlos wie nur möglich miteinander verknüpfen, so dass der User sich letztlich nicht mehr Gedanken darüber machen muss, als ich für die obige Auflistung benötigte. Die Auswahl der Connectivity-Protokolle ist ein Teil dieses Vereinfachungsprozesses.



Die Entscheidung ist auch ein Glücksfall für die Hersteller, die nun nicht mehr darüber nachdenken müssen, was sie bauen sollen: Kabelloses Networking wird nun auf 802.11b basieren, und Peripheriegeräte nutzen entweder das bestehende USB-1.1- oder das Firewire-Protokoll. Damit müssen sich die Hardware-Produzenten nicht mehr mit dem noch gar nicht richtig entwickelten USB 2.0 herumschlagen.



Natürlich wird es jetzt wieder Leute geben, die mir wütende E-Mails schreiben und erklären, dass die Protokolle nicht das gleiche sind. USB 2.0 etwa wird schneller sein als Firewire, 480 Mbps gegen 400 Mbps, das heisst, wenn es denn erst einmal entwickelt ist. Und Bluetooth ist zweifellos der Liebling der Hersteller von Handys und PDAs, die damit kurze Verbindungen zwischen den Geräten ermöglichen wollen. 802.11b dagegen ist schlicht und einfach ein 11-Mbps-Ethernet in der Luft.



Natürlich werden die beiden "Verlierer" in Treibern von Drittanbieter auftauchen, aber zumindest vorläufig werden sie einen ziemlich schweren Stand haben.



Microsoft hat, und meiner Meinung nach völlig zurecht, bereits im Markt existierende Standards denjenigen vorgezogen, die noch nicht fertig sind, für die es noch keine Produkte gibt (USB 2.0) und die nicht für die Vernetzung von PCs geeignet sind. Bluetooth hat eine Reichweite von knapp neun Metern, verglichen mit bis zu 60 Metern, die 802.11b ermöglichen kann.



Was aber bedeutet das für den Markt? Zunächst glaube ich, dass beide Protokolle weiter entwickelt und promotet werden. Schwerer wird es allerdings USB 2.0 haben, das Unterstützung von Betriebssystemen braucht, um erfolgreich zu sein.



Bluetooth dagegen wird aufgrund der Wahl Microsofts nichts verlieren. Während nämlich USB 2.0 und Firewire tatsächlich dasselbe Ziel haben - nämlich die schnelle Anbindung von Peripheriegeräten -, so sind Bluetooth und 802.11b für komplett verschiedene Einsatzbereiche optimiert.



Protokoll-Kriege sind nie wirklich lustig, und sie tendieren dazu, mehr Verlierer als Sieger zu produzieren - und manchmal gehen auch die Sieger letztlich zugrunde. Es ist deshalb gut, dass Microsoft den Krieg beendet hat, bevor er richtig losgegangen ist.



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