cnt

Business Outlook: Die Hürden der B2B-Marktplätze

Haben B2B-Marktplätze Überlebens-Chancen?

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/06

     

In der Theorie sieht es wunderbar aus: Jeder Betrieb benötigt täglich alle möglichen Waren und Dienstleistungen, um selbst im Markt aktiv zu sein. Diese muss er sich beschaffen und das kostet. Aber auch seinen eigenen Produkte muss er anbieten und Abnehmer dafür finden. Wer das effizienter machen will, so heisst es, müsse diese Vorgänge über das Internet abwickeln. So wurde vor anderthalb Jahren die Idee der B2B-Marktplätze geboren: Sie sind die Online-Plattformen für Geschäfte unter Geschäftsleuten. Sie sollen nicht nur Geld und Zeit sparen, sondern völlig neue Märkte eröffnen.




Seither ist einiges geschehen. Manche grosse solcher Plattformen sind entstanden, ebenso unzählige kleine. Manche wurden von unabhängigen Dot-Coms lanciert, andere von grossen Einkäufern, Dritte wiederum von Anbietergruppierungen. Alleine in Europa balgen sich inzwischen über 500 Marktplätze um Kunden, wie eine Studie von Jupiter Media Metrix jüngst aufzeigte.

Überleben ungewiss

Werden diese überleben? Nein, mit Sicherheit nicht. Weniger als 100 von ihnen werden es schaffen, schätzen die Marktforscher von Jupiter. Vermutlich werden es weniger als 50 sein, schätze ich. Das hat nichts mit der Idee an sich zu tun. Sie macht Sinn, setzt aber viele ideale Umstände voraus, die oftmals nicht vorliegen. Am Gesamtvolumen liegt es nicht: Darf der Studie von Jupiter geglaubt werden, wird der Umsatz mit Produktetransaktionen über Online-Marktplätze für Firmen von derzeit 185,8 Mio. Dollar bis im Jahr 2004 auf 1,7 Mrd. Dollar angewachsen sein.



Doch warum haben es viele Marktplätze so schwer? Die Studie nennt als ein Grund die schwächelnde New Economy. Doch das ist, so glaube ich, nicht der Hauptgrund. Denn letztlich sind es ja nicht die Dot-Coms, die über solche Marktplätze miteinander handeln sollen, sondern die bestehenden Unternehmen aller Branchen. Sie sind es, die heute schon miteinander Geschäfte betreiben und für die eine effiziente Online-Plattform im Grunde besonders attraktiv sein müsste.




Die meisten B2B-Marktplätze werden sich deshalb nicht halten können, weil sie nie die kritische Masse an Transaktionen erreichen werden. Was viele Marktplatzbetreiber vergessen: In den meisten Fällen ist ihr Zielpublikum schon heute in der Lage, seine Business-to-Business-Geschäfte abzuwickeln. Der wirtschaftliche Druck auf diese Unternehmen nimmt zwar zu, und damit der Zwang zu effizienteren und effektiveren Geschäftsmethoden. Effizient und effektiv sind Marktplätze erst dann, wenn genügend Personen daran teilnehmen. Solange dies nicht der Fall ist, werden viele Entscheider in den KMU, um die es meist geht, dem Beitritt zu einem B2B-Marktplatz zweite Priorität geben, weil es ihnen angesichts der Investitionen nicht genügend rasch einen hohen Return erbringt. Und für Versuche haben diese Unternehmen weder die Zeit noch das Geld; hier mag in der Tat auch das in die New Economy verloren gegangene Vertrauen eine Rolle spielen.



Die vielen Teilnehmer, die das System attraktiv macht, werden erst dann kommen, wenn viele Teilnehmer schon mitmachen. Wer eine solche Plattform betreibt, muss also andere Wege finden, um das Zielpublikum zur Teilnahme zu bewegen. Hierzu sind manche Methoden denkbar. Eine davon ist der wirtschaftliche Druck, der so erhöht werden kann, dass es sich das Zielpublikum nicht mehr leisten kann, nicht mitzumachen.



Die technische Barriere

Ein weiterer Grund sind technische Schwierigkeiten und Hürden. Sie werden oft unterschätzt. Zwar wäre ein System, über das alle Teilnehmer einer Branche online elektronisch ihre Angebote und Wünsche miteinander "supereffizient" und schnell austauschen könnten, eine gute Sache. Damit das aber möglich ist, braucht es Protokolle, die alle akzeptieren und verstehen, Software, die miteinander kompatibel ist und sehr viele Ressourcen. Das aber ist heute noch ein Wunschtraum: Echte Standards für diese Art von elektronischem Geschäftsverkehr gibt es noch kaum.




Die besten Chancen dürften jene Marktplätze haben, die entweder mit Gütern und Dienstleistungen aus der IT- und Telekom-Branche zu tun haben, mit Marktplätzen, die heute schon ausserhalb des Internets bestehen oder aber mit Produkten sehr spezialisierter Märkte mit einer überblickbaren Zahl von Teilnehmern.



Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Aus welcher Stadt stammten die Bremer Stadtmusikanten?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER